European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00071.17P.0830.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass Punkt 1. des erstgerichtlichen Beschlusses zu lauten hat:
„Die faktische Betreuung der Minderjährigen erfolgt durch beide Elternteile im zeitlich gleichen Ausmaß (Doppelresidenz). Die hauptsächliche Betreuung im Sinn der primären Wahrnehmung jener Aufgaben, deren Grundlage ein bestimmter Aufenthaltsort der Minderjährigen ist, also beispielsweise Bestimmung eines Hauptwohnsitzes, Familienbeihilfe oder Wohnbeihilfe, nicht jedoch die alleinige Bestimmung des Wohnorts der Minderjährigen im In‑ und Ausland iSd § 162 Abs 2 ABGB, kommt für den mj M***** der Mutter und für den mj F***** dem Vater zu.“
Begründung:
Der am ***** 2011 geborene M***** und der am ***** 2012 geborene F***** entstammen der außerehelichen Beziehung ihrer Eltern, die im August 2015 beendet wurde. Die Vereinbarungen der Eltern, wonach die Obsorge beiden zusteht, wurden pflegschaftsgerichtlich genehmigt.
Gegenstand des Verfahrens ist einerseits der Antrag der Mutter auf hauptsächliche Betreuung beider Kinder in ihrem Haushalt mit einem Kontaktrecht des Vaters von Freitag 13:00 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr in 14‑tägigem Rhythmus und wöchentlich von Mittwoch um 13:00 Uhr bis Donnerstag um 8:00 Uhr.
Der Vater andererseits beantragt eine hauptsächliche Betreuung beider Kinder in seinem Haushalt und ist mit einem „50:50“ Betreuungsmodell einverstanden.
Das Fortbestehen der gemeinsamen Obsorge beider Elternteile ist nicht Gegenstand des Verfahrens und war bis zur Beschlussfassung des Rekursgerichts kein Streitpunkt.
Das Erstgericht sprach gemäß § 180 Abs 2 letzter Satz ABGB aus, dass M***** in Hinkunft hauptsächlich im Haushalt der Mutter und der minderjährige F***** hauptsächlich im Haushalt des Vaters betreut wird. Inhaltlich regelte das Erstgericht – unter Festlegung näherer Übergabemodalitäten – die Betreuung dahin, dass sich beide Minderjährigen jeweils abwechselnd eine Woche beim Vater und eine Woche bei der Mutter aufhalten.
Es traf folgende Feststellungen:
Nach Trennung der Eltern im August 2015 verblieb der Vater im ehemaligen gemeinsamen Wohnhaus. Die Mutter zog in eine Wohnung in einem nahegelegenen Ort.
Das ehemalige Familiendomizil und nunmehrige Haus des Vaters ist ein Einfamilienhaus mit einer Größe von insgesamt 250 m² und 3.000 m² Grund. Es wurde vom Vater zuerst gemietet und nach der Geburt der Minderjährigen gekauft und ausgebaut. Die Kinder haben dort ein eigenes Zimmer.
Die Mutter bewohnt eine ca 90 m² große, neu gebaute Mietwohnung in einem Mehrparteienhaus. Es handelt sich um eine geräumige Maisonettewohnung mit einem eigenen Kinderzimmer und einem Garten. Im Nahbereich sind Spielmöglichkeiten vorhanden.
Beide Eltern haben einen sehr gepflegten und geräumigen Wohnbereich zur Verfügung. Die beiden Buben fühlen sich ganz offensichtlich in beiden Wohnbereichen wohl.
Seit der Trennung der Eltern im August 2015 verbrachten die Kinder jeweils etwa gleich viel Zeit bei der Mutter und beim Vater, wobei sie alle zwei oder drei Tage zwischen den Haushalten hin‑ und herwechselten. Ab Oktober änderte sich dies über Empfehlung des beigezogenen Sachverständigen dahin, dass sich beide Kinder jeweils abwechselnd in einem Wochenrhythmus bei den Eltern aufhielten.
Zwischen den Eltern existieren auf „ex‑partnerschaftlicher“ Ebene deutliche Spannungen, die sich auch dadurch zeigen, dass eine begonnene Mediation nicht fortgeführt wurde. Konflikte bestehen insbesondere über finanzielle Angelegenheiten, insbesondere über für die Kinder (möglicherweise) zu leistende Unterhaltszahlungen.
Beide Eltern sind zu einer geregelten Organisation des täglichen Lebens in der Lage. Sie können in den Zeiten, in denen ihnen die Kinder überantwortet sind, für eine möglichst lückenlose Versorgung und Betreuung sorgen.
Beide Eltern sind grundsätzlich bindungstolerant, sie trauen auch dem jeweils anderen Elternteil grundsätzlich eine positive Betreuung beider Kinder zu. Sie waren auch in der Lage, trotz wechselseitiger Verletzungen und bei aller Skepsis seit der Trennung Vereinbarungen zu treffen, die die Aufrechterhaltung des intensiven Kontakts zu ihren Kindern ermöglichten.
Es handelt sich um grundsätzlich kompetente Eltern, die aufgrund ihrer pädagogischen Kompetenz gut in der Lage sind, die Obsorge für ihre beiden Kinder auszuüben. Innerhalb der ersten drei Lebensjahre der Kinder war die Mutter die hauptbetreuende Person, wobei aber der Vater in dieser bindungsrelevanten Zeit auch mehr oder weniger regelmäßig zur Verfügung stand.
Beide Eltern gehen mit ihren Söhnen äußerst liebevoll und empathisch um und sind in der Lage, ihnen besonders in Zeiten der Verunsicherung und der Irritation Körperkontakt und menschliche Wärme bieten zu können.
Die Kinder sind gut entwickelt und zeigen in ihrem Verhalten keine Auffälligkeiten. Sie sind altersüblich kommunikations‑ und kontaktfähig. Die Kinder haben zu beiden Eltern eine enge und vertraute Beziehung und können unbefangen sowohl mit der Mutter als auch mit dem Vater zusammen sein. Die Eltern sind für die beiden Buben die wichtigsten emotionalen Ansprechpartner und Bezugspersonen. Es ist nicht so, dass ein Elternteil von den Kindern präferiert wird.
Es kann nicht festgestellt werden, dass ein Elternteil besser für die Hauptbetreuung der Kinder geeignet ist als der andere Elternteil.
Kinder im Alter von M***** und F***** können Inhalte, die mit einem Hauptaufenthalt juridisch verbunden sind, noch nicht verstehen und keine weiteren Überlegungen dazu anstellen. Ein Hauptaufenthalt eines Kindes beim Vater und des anderen Kindes bei der Mutter bei gleichzeitiger Kontaktregelung im Sinne eines Doppelresidenzmodells würde auf Basis der Beziehungs‑ und Bindungsbedürfnisse dem Wohl beider Kinder entsprechen.
Ein Wechsel des familiären Bezugssystems alle zwei bis drei Tage entspricht nicht dem Kindeswohl, da sich Kinder im Alter der beiden Buben damit oftmals schwer tun und manchmal mit geringfügigen bis mittelgradigen Irritationen auf den Bezugspersonenwechsel reagieren. Für die Kinder wäre ein wöchentlicher Wechsel sinnvoll. Da sie zu beiden Elternteilen sichere Bindungen haben, ist nicht zu erwarten, dass es durch das Fernsein der Mutter während des einwöchigen Aufenthalts beim Vater zu Trauerreaktionen, Verlustreaktionen und Heimweh kommt. Dasselbe gilt für die Abwesenheit des Vaters während des Aufenthalts bei der Mutter. Auch eine vorübergehende Fremdbetreuung durch eine Tagesmutter schadet der Entwicklung der Kinder nicht.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass das Modell der sogenannten Doppelresidenz zwar in Widerspruch zur gesetzlichen Voraussetzung eines hauptsächlichen Aufenthalts bei einem Elternteil stehe. Allerdings erforderten bestimmte Fälle eine abweichende Beurteilung. Die Minderjährigen würden im konkreten Fall seit August 2015 annähernd gleichteilig betreut. Die Kinder hätten zu beiden Eltern eine enge und vertraute Beziehung. Es handle sich um pädagogisch kompetente Eltern, denen die bisherige reguläre und positive Entwicklung der Söhne zuzuschreiben sei. Die Wohnsitze der Eltern, die Entfernung zwischen diesen und die Kontinuität in der Betreuung und Versorgung seien gewährleistet und für ein Doppelresidenzmodell geeignet. Der einzige Grund, der gegen ein Doppelresidenzmodell sprechen könnte, seien gewisse Spannungen und Konflikte zwischen den Eltern, die noch aus der vergangenen Partnerschaft stammten und offenbar vor allem finanzielle Fragen beträfen. Allerdings seien die Eltern immer wieder in der Lage, das Wohl ihrer Kinder in den Vordergrund zu stellen und trotz der bestehenden Spannungen entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Dies sei auch in der Verhandlung am 13. Oktober 2016 erkennbar geworden, in welcher sich die Eltern sehr konstruktiv und in relativ kurzer Zeit über die Kontaktregelung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in diesem Verfahren geeinigt hätten. Auch aus der vom Vater vorgelegten WhatsApp‑Korrespondenz sei ersichtlich, dass trotz der bestehenden Spannungen auf Elternebene immer ein gewisses Maß an Kommunikation möglich gewesen sei. Das Doppelresidenzmodell entspreche daher dem Wohl der beiden Minderjährigen.
Aufgrund der Gesetzeslage sei die Festlegung der hauptsächlichen Betreuung eines Kindes in einem Haushalt zumindest als bloß nominelle Verpflichtung erforderlich. Daher sei in diesem Fall die hauptsächliche Betreuung für M***** bei der Mutter und für F***** beim Vater festgelegt worden. Das entspreche den von den Eltern vereinbarten und der Meldebehörde bekannt gegebenen Hauptwohnsitzen. Gleichzeitig werde durch die Kontaktregelung sichergestellt, dass die Kinder nicht getrennt betreut würden.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass die Kinder hauptsächlich im Haushalt der Mutter zu betreuen seien. Es räumte dem Vater ein 14‑tägiges Wochenendkontaktrecht und ein wöchentliches Kontaktrecht von Mittwoch 13:00 Uhr bis Donnerstag 8:00 Uhr in der von der Mutter gewünschten Weise ein. Den Revisionsrekurs ließ es nicht zu.
Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung ausschließlich damit, dass aufgrund der erstgerichtlichen Feststellungen deutliche Spannungen zwischen den Eltern bestünden und deshalb die für die Anwendung eines Doppelresidenzmodells geforderte besondere Kooperationsbasis nicht bestehe. Auch wenn nicht feststehe, dass ein Elternteil besser geeignet wäre, die Hauptbetreuung der Kinder zu übernehmen, sei im Hinblick darauf, dass die Mutter innerhalb der ersten drei Lebensjahre der Kinder die hauptbetreuende Person gewesen sei, unter Bedachtnahme auf das geringe Alter der Kinder die hauptsächliche Betreuung im Haushalt der Mutter festzulegen. Das festgelegte Kontaktrecht komme „in seinem Ausmaß auch der Empfehlung des Sachverständigen nahe“.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters ist, weil sich die Beurteilung des Rekursgerichts als korrekturbedürftig erweist, zulässig.
Die Mutter hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Der Revisionsrekurs ist im Sinn einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses auch berechtigt.
1. Vorauszuschicken ist, dass die Regelung über die Betreuung der Kinder und die Entscheidung, wem die hauptsächliche Betreuung zukommt, in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Der Vater erhob zwar gegen die erstinstanzliche Entscheidung kein Rechtsmittel. Die Mutter bekämpfte allerdings den erstinstanzlichen Beschluss auch bezüglich des minderjährigen M*****, der nach der Entscheidung des Erstgerichts hauptsächlich in ihrem Haushalt zu betreuen ist. Die erstgerichtliche Entscheidung ist daher in keinem Punkt – die Beibehaltung der Obsorge beider war nie Streitpunkt und Verfahrensgegenstand – in Rechtskraft erwachsen.
2. Das Erstgericht hat die strittige Frage, ob hier ein sogenanntes „Doppelresidenzmodell“ in Betracht kommt, gegebenenfalls, wem die hauptsächliche Betreuung zukommen soll, ausgehend von den von ihm getroffenen Feststellungen zutreffend gelöst.
2.1 Die erstgerichtlichen Feststellungen wurden im Rekurs der Mutter nicht bekämpft. Sie sind auch nicht widersprüchlich: Das Erstgericht stellte ausdrücklich fest, dass zwar Konflikte auf „ex-partnerschaftlicher“ Ebene zwischen den Eltern bestehen; es stellte aber auch– wenngleich teilweise im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung – fest, dass diese Spannungen die Eltern nicht an konstruktiven Lösungen bezüglich der Erziehung und Betreuung der Kinder hindern.
2.2 Auch die im Rekurs der Mutter behaupteten Feststellungsmängel (vgl S 6 f in ON 52) liegen nicht vor: Feststellungen zu einer angeblichen Belastungssituation der Kinder fehlen nicht; vielmehr ist das Erstgericht ausdrücklich und im Einklang mit dem eingeholten Sachverständigengutachten davon ausgegangen, dass die Kinder durch die seit Trennung der Eltern gelebte Betreuungssituation nicht belastet sind und dass das „halbe-halbe“ Modell ihrem Wohl entspricht.
2.3 Ausgehend von diesen vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ist die erstgerichtliche Betreuungsregelung, die im Einklang mit der Empfehlung des Sachverständigen steht – der entgegen der vom Rekursgericht aktenwidrig vertretenen Auffassung gerade kein bloßes Kontaktrecht in dem vom Rekursgericht festgelegten Umfang empfahl – sachgerecht. Das „halbe‑halbe“ Modell nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft funktionierte. Die Versuche der Mutter, in ihren erstinstanzlichen Eingaben auf angebliche Probleme dieses Betreuungsmodells hinzuweisen, haben den Erstrichter auf Tatsachenebene nicht überzeugt.
2.4 Bereits in der Entscheidung 3 Ob 121/16i (JBl 2016, 780) wurde unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs G 152/2015 die Zulässigkeit des „Doppelresidenzmodells“ bejaht und darauf verwiesen, dass auch unter Zugrundelegung der Auslegung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) eine Festlegung der hauptsächlichen Betreuung durch einen Elternteil, sei sie auch bloß nomineller Natur, erfolgen müsse.
2.5 In der Entscheidung 6 Ob 149/16d (EFZ 2017/32, 72 [Thunhart] = iFamZ 2016/123, 347 [Thoma‑Twaroch]) hat der 6. Senat in ausführlicher Auseinandersetzung mit dem zitierten Erkenntnis des VfGH und zweitinstanzlicher Rechtsprechung die in 3 Ob 121/16i vertretene Auffassung bestätigt und ergänzt, dass in Fällen wie dem vorliegenden bei der Bestimmung des Domizilelternteils spruchmäßig zum Ausdruck zu bringen ist, dass es sich bei der Haushaltsbestimmung lediglich um einen nominellen Anknüpfungspunkt im Sinne der Entscheidung des VfGH handelt. Dabei sind konkret oder beispielhaft jene Aufgabenbereiche ausdrücklich zu benennen, die an diesen Haushalt anknüpfen sollen. Ein Aufenthaltsbestimmungsrecht iSd § 162 Abs 2 ABGB steht allerdings bei Anknüpfung nur an verwaltungsrechtliche Agenden nicht zu. Vielmehr sind die Eltern – trotz dieser Anknüpfung – hinsichtlich des Aufenthaltsbestimmungsrechts, und zwar auch im Inland, gemäß § 162 Abs 3 ABGB auf ein Einvernehmen oder eine Genehmigung durch das Gericht angewiesen.
2.6 Der 9. Senat folgte mit seiner Entscheidung 9 Ob 82/16y (EF-Z 2017/32, 72 [Thunhart]) diesen Ausführungen des 6. Senats und legte spruchgemäß den hauptsächlichen Betreuungsort unter Bezugnahme auf die primäre Wahrnehmung jener Aufgaben fest, deren Grundlagen ein bestimmter Aufenthaltsort der Minderjährigen ist, also beispielsweise Bestimmung eines Hauptwohnsitzes, Familienbeihilfe oder Wohnbeihilfe, nicht jedoch die allgemeine Bestimmung des Wohnorts der Minderjährigen im In‑ und Ausland im Sinne des § 162 Abs 2 ABGB.
2.7 Die Entscheidung des Erstgerichts entspricht im Ergebnis diesen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs. Das Erstgericht verwies im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung darauf, dass die Angabe des hauptsächlichen Betreuungsorts als bloß nominelle Verpflichtung an den Hauptwohnsitz anzuknüpfen habe, der von den Eltern dahin vereinbart worden sei, dass der Minderjährige M***** bei der Mutter, der Minderjährige F***** jedoch beim Vater gemeldet ist (vgl ON 13).
2.8 Die Mutter bekämpfte diese als Feststellungen zu wertenden Ausführungen des Erstgerichts in ihrem Rekurs nicht.
2.9 Die Festlegung der hauptsächlichen Betreuung eines Kindes bei der Mutter und eines Kindes beim Vater hat nach den erstgerichtlichen Feststellungen auch keine negativen Auswirkungen auf das Wohl der Kinder: Durch das Doppelresidenzmodell in Verbindung mit dem vom Erstgericht über Empfehlung des Sachverständigen festgelegten Wochenrhythmus ist gesichert, dass die Kinder immer gemeinsam bei jeweils einem Elternteil sind. Eine physische Trennung der Kinder durch die unterschiedliche Bestimmung des Hauptbetreuungsorts ist somit nicht zu befürchten.
3. Auf das vom Vater in einem nach Erhebung seines Revisionsrekurses erstattete Vorbringen im Schriftsatz vom 18. Juli 2017 zur eigenmächtigen Wohnsitzverlegung der Mutter ist nicht einzugehen:
3.1 Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist das gemäß § 66 Abs 2 AußStrG im Revisionsrekursverfahren an sich herrschende Neuerungsverbot im Obsorgeverfahren aus Gründen des Kindeswohls zwar insofern durchbrochen, als der Oberste Gerichtshof (nur) aktenkundige Entwicklungen, die die bisherige Tatsachengrundlage wesentlich verändern, auch dann berücksichtigen muss, wenn sie erst nach der Beschlussfassung einer der Vorinstanzen eingetreten sind; es besteht jedoch keine Pflicht zur ständigen amtswegigen Erhebung der jeweiligen Umstände (RIS-Justiz RS0048056 [T3]; RS0106313 [T1, T2]). Die im Schriftsatz des Vaters erstmals behaupteten, nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichts eingetretenen Umstände sind aber nicht aktenkundig, sondern wären erst durch ein Beweisverfahren zu klären und können daher im Revisionsrekursverfahren nicht berücksichtigt werden.
3.2 Über den vom Vater in seinem Schriftsatz aufgrund der dort vorgebrachten neuen Tatsachen gestellten (Provisorial‑)Antrag, ihm – entgegen der bisher unstrittigen und nicht von einem hier zu entscheidenden Antrag eines Elternteils betroffenen Obsorgeregelung – die Alleinobsorge zu übertragen, wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren zu entscheiden haben.
4. In Stattgebung des Revisionsrekurses des Vaters ist daher die Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe wiederherzustellen, dass im Spruch eine Klarstellung des mit der nominellen Anknüpfung für die festgelegte hauptsächliche Betreuung verbundenen Umfangs der Aufgaben und Rechte zu erfolgen hatte (so bereits 9 Ob 82/16y = RIS‑Justiz RS0130981 [T2]).
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