European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00048.17Z.0725.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Der Kläger war von 1. 1. 1972 bis 31. 12. 1972 bei der Wirtschaftskammer ***** und ab 1. 1. 1973 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand am 30. 9. 2001 bei der Beklagten beschäftigt, davon ab 1. 1. 1989 als pragmatisierter Angestellter. Seine Funktion war diejenige eines Generalsekretär-Stellvertreters. Die Beklagte behält seit 1. 1. 2015 gemäß § 57 Abs 5 WKG von seiner monatlichen Bruttopension von 17.482,22 EUR einen Betrag von 1.563,55 EUR (Pensionssicherungsbeitrag) ein.
Die Vorinstanzen wiesen das Begehren des Klägers auf Zahlung der einbehaltenen Beträge und Feststellung, dass keine Verpflichtung zur Zahlung von Pensionssicherungsbeiträgen bestehe und keine Abzüge vom Ruhegenuss und den Sonderzahlungen einzubehalten seien, ab. Begründend führten sie zusammengefasst aus, dass § 57 Abs 5 WKG auch den Pensionsanspruch des Klägers umfasse. Eine Altersdiskriminierung des Klägers liege mangels adäquater Vergleichsgruppen nicht vor, weil Bezieher einer Betriebspension der Beklagten und aktive Arbeitnehmer, in deren Entgeltvereinbarungen nicht eingegriffen werde, in keiner vergleichbaren Lage seien und eine Schlechterstellung gegenüber sonstigen Betriebspensionen nicht die Altersdiskriminierung betreffe. Auf die Frage, ob Art 21 GRC überhaupt anwendbar sei, sei daher nicht näher einzugehen. Das Erstgericht konnte zudem ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit der GRC im Hinblick auf Art 25 GRC nicht erkennen, wie ein würdiges und unabhängiges Leben und die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben mit der noch verbleibenden Pension nicht möglich sein solle. Auch sei ein Verstoß gegen das Beihilfenverbot bei einer teilweisen Entlastung der WKÖ nicht ersichtlich, da keine Beihilfen vom Staat an ein Unternehmen fließen würden. Das Berufungsgericht verwies darauf, dass die in der Gesetzesbeschwerde des Klägers vorgebrachten Verfassungswidrigkeiten vor dem Verfassungsgerichtshof zu keinem Erfolg geführt hätten.
Rechtliche Beurteilung
In seiner dagegen gerichteten außerordentlichen Revision zeigt der Kläger keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
1. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO):
Erst dann, wenn dem Bewerber die
Glaubhaftmachung von Umständen gelungen ist, die
einen Diskriminierungstatbestand indizieren, wird die „
Beweislast“ auf den Arbeitgeber verlagert (s RIS‑Justiz RS0111216 [T5]). Die Frage, ob dem Kläger die Glaubhaftmachung einer Diskriminierung gelungen ist, ist als Tatfrage nicht revisibel (s RIS‑Justiz RS0040286 [T3]).
2. In rechtlicher Hinsicht vermisst der Kläger in seiner Zulassungsbeschwerde eine Klärung, „welche Rechtsnatur der Betrag gemäß SpBegrG“ habe, was genau durch diesen Betrag finanziert werden solle, ob eine vergleichbare Gruppe im Sinne der Altersdiskriminierung vorliege und ob § 57 Abs 5 WKG und die diese Bestimmung „absichernden“ Verfassungsbestimmungen des Art 1 SpBegrG unionsrechtswidrig seien.
Der Kläger hat die Frage nach der Rechtsnatur des „Betrages gemäß SpBegrG“ wie auch weitere Erwägungen zu einer Verfassungswidrigkeit der maßgeblichen Bestimmungen des SpBegrG und des § 57 Abs 5 WKG im Rahmen eines Antrags nach Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG an den Verfassungsgerichtshof herangetragen. Dieser lehnte die Behandlung des Antrags mit Beschluss vom 1. 12. 2016, G 205‑206/2016‑10 (ON 20), mit der Begründung ab, dass das Vorbringen vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (vgl VfGH 12. 10. 2016, G 478‑479/2015 [Pensionssicherungsbeiträge OeNB]) die behaupteten Verfassungswidrigkeiten als so wenig wahrscheinlich erkennen lasse, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hätten. Hervorzuheben ist, dass der Beschluss ausdrücklich auf das Vorbringen des Klägers zu einem Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip und das Legalitätsprinzip, die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein faires Verfahren, eine wirksame Beschwerde, den Gleichheitsgrundsatz und auf Unversehrtheit des Eigentums bezogen war. Das erneute Vorbringen zur Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen, insbesondere auch des § 57 Abs 5 WKG, vor dem Obersten Gerichtshof ist damit nicht zielführend.
3. Der Kläger bringt weiter vor, § 57 Abs 5 WKG und die maßgeblichen Verfassungsbestimmungen des SpBegrG seien „in Durchführung des Rechts der Union“ iSv Art 51 Abs 1 GRC ergangen. Es liege ein Verstoß gegen Art 17 (Eigentum), Titel III (Gleichheit) und Art 41 und 47 (effizientes Rechtsschutzsystem) der GRC vor. Zu deren Maßgeblichkeit hat der Verfassungsgerichtshof bereits im erwähnten Erkenntnis vom 12. 10. 2016, G 478‑479/2015,– verneinend – Stellung genommen. Die vom Kläger weiter erwähnte Bestimmung des Art 157 Abs 3 AUEV zielt im Übrigen nur in geschlechtsspezifischer Hinsicht auf Lohngleichheit ab.
4. Der Kläger stützt die vermeintliche Unionsrechtswidrigkeit auch auf einen Verstoß gegen Normen des Sekundärrechts. Im Hinblick auf die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/87/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vom 27. November 2000) haben bereits die Vorinstanzen dargelegt, dass es für den Tatbestand der Altersdiskriminierung einer Vergleichsgruppe bedürfte, im Verhältnis zu der der Kläger eine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung erfährt (s auch Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG [2009] § 5 Rz 19; Rebhahn, Kommentar zum Gleichbehandlungsgesetz § 5 Rz 3), eine solche hier aber nicht ersichtlich ist. Der Kläger führt ins Treffen, dass jüngere Aktive ihre Betriebspension aus einer Pensionskasse beziehen, jedoch keinen Pensionssicherungsbeitrag leisten müssen. Allerdings hat er dem schon in erster Instanz vorgetragenen Einwand der Beklagten, dass jüngere aktive Arbeitnehmer nach dem für sie geltenden Pensionsregime niemals eine solche Pension wie der Kläger beziehen werden und für den Fall, dass derzeit noch aktive Anwartschaftsberechtigte künftig eine „unverhältnismäßig hohe“ Pension beziehen sollten, diese Bezüge ebenso einem Sicherungseinbehalt unterworfen würden, nichts Stichhaltiges entgegengehalten.
Es ist aber auch nicht ersichtlich, was der Kläger aus den weiteren von ihm genannten Richtlinien gewinnen könnte:
Die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung) vom 5. Juli 2006 zielt auf die Bekämpfung von Geschlechterdiskriminierung ab, die der Kläger nicht behauptet.
Die Richtlinie 98/49/EG des Rates vom 29. Juni 1998 zur Wahrung ergänzender Rentenansprüche von Arbeitnehmern und Selbständigen, die innerhalb der EG zu- und abwandern, dient der Verwirklichung der Grundfreiheit der Freizügigkeit und hat nach ihrem Art 1 Ansprüche von Anspruchsberechtigten ergänzender Rentensysteme zur Voraussetzung, die sich von einem Mitgliedstaat in einen anderen begeben. Das trifft hier nicht zu.
Inwiefern mit § 57 Abs 5 WKG gegen die Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003 über Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorung verstoßen würde, wird nicht näher dargelegt.
Schließlich gilt die Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nach deren Art 1 nur für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig iSd Art 2 Abs 1 sind. Auch das trifft nicht zu.
5. Nach all dem ist für den Kläger auch nichts aus Klärung der Frage, welche Rechtsnatur der Betrag gemäß SpBegrG habe und was dadurch finanziert werden solle, zu gewinnen.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist seine außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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