OGH 3Ob75/17a

OGH3Ob75/17a4.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*, vertreten durch Kopp-Wittek Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei H*, vertreten durch Dr. Wolfgang Zankl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 3.544 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 3. März 2017, GZ 22 R 360/16v‑11, womit das Urteil des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 30. September 2016, GZ 4 C 128/16h‑7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118887

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die im Umfang der Entscheidung über das Zahlungsbegehren als unangefochten unberührt bleiben, werden im Übrigen aufgehoben und dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Der Kläger ist Eigentümer eines an einem See gelegenen Campingplatzes und hat dem Beklagten dort drei Wohnwagenabstellplätze und fünf Bootsliegeplätze vermietet. Der Beklagte schuldet ihm für das Jahr 2015 Bestandzinse von 3.544 EUR.

Der Kläger begehrte die Zahlung von 3.544 EUR sA und, gestützt auf § 1118 (zweiter Fall) ABGB, die geräumte Übergabe der „drei Wohnwagenabstellplätze sowie fünf Bootsliegeplätze am Strandcampingplatz 'F*' *“.

Der Beklagte wendete lediglich ein, dass er mehrfach seine Arbeit verloren habe und deshalb mit dem Bestandzins in Rückstand geraten sei. Er sei der Meinung, dass ihm die Möglichkeit zustehen sollte, eine Arbeit zu finden und dann die ausstehenden Forderungen in Ruhe abzuzahlen. Er hänge an allen drei Wohnwagenabstellplätzen und auch an den Bootsliegeplätzen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Beklagte habe die Höhe des Zahlungsbegehrens nicht bestritten. Die Voraussetzungen des § 1118 Fall 2 ABGB seien erfüllt. Auf fehlendes Verschulden des Beklagten am Zahlungsverzug komme es mangels Anwendbarkeit des MRG (insbesondere des § 33 Abs 2 und 3 MRG) nicht an.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Der „Verfahrensgegenstand“ (gemeint: die Bestandobjekte, deren Räumung begehrt wird) sei– entgegen der Ansicht des Beklagten – ausreichend deutlich bezeichnet, weil die Regionalbezeichnung „Strandcamping F*“ ebenso wenig undeutlich sei wie der Umstand, dass der Beklagte dort drei Wohnwagenstellplätze und fünf Bootsliegeplätze in Bestand genommen habe. Dass der Beklagte vom Kläger noch weitere Stell- oder Liegeplätze gemietet hätte, habe er gar nicht behauptet, sodass für ihn keine Unklarheit über den Gegenstand des Räumungsbegehrens bestehen könne. Da die einzigen von ihm gemieteten Plätze hinreichend konkretisiert seien, sei das Räumungsurteil exequierbar.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtssache nicht zu.

In seiner außerordentlichen Revision macht der Beklagte geltend, die Bezeichnung der Bestandobjekte sei zu ungenau und diffus, um als Räumungstitel den Bestimmtheitserfordernissen des § 7 Abs 1 EO zu genügen.

Der Kläger hat trotz Freistellung durch den Obersten Gerichtshof keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass für den Beklagten wohl von Anfang an zweifelsfrei erkennbar war, welche Stell- und Liegeplätze Gegenstand der Räumungsklage sind (vgl RIS-Justiz RS0111666 [T4]).

2. Von der Erkennbarkeit der vom Räumungsbegehren betroffenen Bestandgegenstände für den Beklagten ist allerdings die Frage zu trennen, ob die Räumungsklage auch hinreichend bestimmt iSd § 226 Abs 1 ZPO war und das darüber ergehende Urteil demgemäß exequierbar ist. Die Bewilligung der Räumungsexekution nach § 349 EO setzt voraus, dass aus dem Exekutionstitel eindeutig hervorgeht, welche Teile der Liegenschaft zu überlassen oder zu räumen sind, weil nur so das Vollstreckungsorgan in der Lage ist, die zu erzwingende Leistung dem Bewilligungsbeschluss zu entnehmen, ohne dass es weiterer Erhebungen oder Nachweise bedürfte. Wenn erst durch Vorlage von Urkunden und Plänen dargetan werden muss, welche – hier weder in der Räumungsklage noch im Räumungsurteil für Dritte objektivierbar bezeichneten – Teile einer Liegenschaft zu räumen sind, fehlt es an der für die Bewilligung der Exekution erforderlichen Bestimmtheit des Titels (RIS-Justiz RS0000769, RS0000249).

3. Wenn das Berufungsgericht darauf abstellt, dass der Campingplatz des Klägers hinreichend deutlich bezeichnet sei, übersieht es, dass sich auf dieser Liegenschaft (mit einer Fläche von rund 40.000 m²) offenbar nicht nur die dem Beklagten vermieteten Stell- und Liegeplätze befinden. Welche der dort insgesamt vorhandenen Stell- und Liegeplätze die Bestandobjekte des Beklagten sind, ist aber weder aus dem Spruch des Räumungsurteils noch aus den Entscheidungsgründen ersichtlich und lässt sich auch dem sonstigen Akteninhalt nicht entnehmen.

4. Da dem Kläger vor einer Abweisung des nicht ausreichend bestimmten Räumungsbegehrens die Verbesserung zu ermöglichen ist (RIS-Justiz RS0037166 [T1]), wird ihm das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren Gelegenheit zu geben haben, sein Räumungsbegehren entsprechend zu spezifizieren.

5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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