OGH 9Ob34/17s

OGH9Ob34/17s28.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P* P*, vertreten durch Kinberger‑Schuberth‑Fischer Rechtsanwälte‑GmbH in Zell am See, gegen die beklagte Partei G* GmbH, *, vertreten durch Berger Daichendt Grobovschek Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen Unterlassung (Streitwert: 7.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 23. März 2017, GZ 53 R 294/16s‑39, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom 18. Oktober 2016, GZ 2 C 1111/15z‑28, in der Hauptsache nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118841

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 626,52 EUR (darin 104,42 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Kläger macht mit seiner Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB geltend, dass die Beklagte einen Weg benütze, der über mehrere in seinem Eigentum stehender Grundstücke führe.

Die Vorinstanzen wiesen das Unterlassungsbegehren des Klägers, das darauf abzielt, der Beklagten die Benützung des Wegs zu verbieten, ab. Der Kläger habe nicht nachweisen können, dass der gegenständliche Weg über Liegenschaften führe, die in seinem Eigentum stünden. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Weganlage in Anbetracht des Verlaufs in der Natur sowie unter Würdigung des franziszeischen Katasters und der Katastralmappe im Eigentum der Gemeinde S* stehe. Selbst wenn der Weg zum Teil über Grundstücke des Klägers führe, könnte der Kläger Dritten die Benützung des (Bringungs‑)Wegs nicht untersagen. Die jeweiligen Grundeigentümer, und damit auch die Rechtsvorgänger des Klägers, hätten im Zusammenhang mit der Gründung der Bringungsgemeinschaft im Jahr 1960 der Gemeinde eine sehr weitgehende Verfügungsbefugnis eingeräumt, sodass der Gemeinde, die über mehr als fünfzig Jahre qualifizierte Besitzerin der Weganlage sei, jedenfalls das bessere Recht zukäme.

Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil ein vom Sachverhalt vergleichbarer Fall durch das Höchstgericht bislang noch nicht entschieden worden sei. Dies treffe sowohl für die Beurteilung der Eigentumsverhältnisse am gegenständlichen Weg ausgehend vom natürlichen Grenzverlauf zu als auch für die Frage, ob der Kläger zur Eigentumsfreiheitsklage schon aufgrund fehlender Verfügungsbefugnisse über den Weg aktiv gar nicht legitimiert wäre, stünde der durch die Bringungsgemeinschaft (unter finanzieller Mithilfe der Gemeinde) errichtete und von der Gemeinde faktisch verwaltete Weg tatsächlich in seinem bücherlichen Eigentum.

Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit seines Rechtsmittels nach § 502 Abs 1 ZPO damit, dass die Zurechnung von Festlegungen anlässlich einer Verhandlung durch die Agrarbehörde im Rahmen der Gründung einer Bringungsgemeinschaft über den Einzelfall hinausgehe. Überdies sei das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Bringungsanlage faktisch von der Gemeinde verwaltet werde und auch unter erheblicher finanzieller Mithilfe der Gemeinde errichtet worden sei.

Dem gegenüber bestritt die Revisionsgegnerin das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und beantragte die Zurückweisung der Revision des Klägers.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt. Dies ist hier nicht der Fall. Dass eine Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, begründet für sich allein noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0102181).

Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO):

Nach Lehre und Rechtsprechung bestimmt sich der eigentumsrechtliche Grenzverlauf eines nicht in den Grenzkataster eingetragenen Grundstücks nach den Naturgrenzen (Schmid, Zum Verhältnis von Natur‑ und Mappengrenzen, Zak 2017/294; 6 Ob 230/98m; 4 Ob 253/16h ua). Die Frage, wo die natürliche Grenze verläuft, ist eine Frage der Würdigung aller Beweise sowie eine Frage der Feststellung von Tatsachen, die durch den Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden kann (6 Ob 230/98m; 9 Ob 18/08z; RIS‑Justiz RS0049559 [T4]).

Bei der Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB muss der Kläger sein Eigentum und den Eingriff des Beklagten, dieser hingegen die Berechtigung seines Eingriffs beweisen (RIS‑Justiz RS0012186). Gegenstand der Behauptungs‑ und Beweislast des Klägers ist auch die richtige Grenze, weil nur danach Eigentum und Eingriff geprüft werden können (RIS‑Justiz RS0012186 [T6]). Ist der Verlauf der richtigen Grenze strittig, ist darüber als Vorfrage im streitigen Verfahren zu entscheiden (2 Ob 22/17z mwN).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist dem Kläger nicht der Beweis gelungen, dass der Weg, dessen Benützung der Kläger verbieten lassen will, über die Liegenschaft des Klägers führt. Davon wurde auch im Parallelverfahren des Klägers gegen einen anderen Beklagten, dem derselbe Sachverhalt zugrunde liegt, ausgegangen (6 Ob 52/17s). Damit kann die Eigentumsfreiheitsklage des Klägers nicht erfolgreich sein. Auf die weiteren in der Revision geltend gemachten Argumente, mit denen der Kläger die Hilfsbegründung des Berufungsgerichts bekämpft, musste daher nicht mehr eingegangen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979 [T16]).

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