OGH 10Ob3/17i

OGH10Ob3/17i13.6.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Schramm, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Sparer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gernot Hofstädter, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 46.080 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. November 2016, GZ 1 R 166/16w‑22, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 3. Oktober 2016, GZ 41 Cg 34/16t‑17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0100OB00003.17I.0613.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.087,72 EUR (darin 514,62 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 4.948,08 EUR (darin 370,68 EUR USt und 2.724 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Dipl.‑Vw G***** war Eigentümer einer Liegenschaft mit einem Wohnhaus in L*****. Er beauftragte die Klägerin mit der Vermittlung des Verkaufs seiner Liegenschaft mit dem Alleinvermittlungsauftrag vom 24. 6. 2015.

Auf ein von der Klägerin geschaltetes Inserat meldete sich A*****, die Ehegattin von F*****. Am 30. 7. 2015 fand in Anwesenheit der Ehegatten A***** und F*****, des damaligen Eigentümers der Liegenschaft und seiner Gattin, des Geschäftsführers der Klägerin und des Beklagtenvertreters ein Besichtigungstermin der Liegenschaft statt.

Am 3. 8. 2015 unterfertigten der damalige Eigentümer der Liegenschaft und A***** eine bis 4. 9. 2015 befristete Punktation, in welcher als potentielle Käuferin der Liegenschaft „ A***** […] oder eine, von dieser noch zu gründende, inländische Kapitalgesellschaft “ angeführt wird.

Die beklagte GmbH wurde zum Zweck des Erwerbs der hier gegenständlichen Liegenschaft in L***** gegründet. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 27. 10. 2015 unterfertigt, am 19. 11. 2015 erfolgte die Eintragung in das Firmenbuch. Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten ist der Beklagtenvertreter. Der Beklagtenvertreter hält die Anteile treuhändig für die „B***** Limited“, Belize, deren Geschäftsführerin M***** ist.

Am 23. 11. 2015 unterzeichneten der damalige Eigentümer der Liegenschaft als Verkäufer und der Beklagtenvertreter als Geschäftsführer für die Beklagte als Käuferin zwei Kaufverträge. Ein Kaufvertrag betraf den Verkauf der Liegenschaft in L***** um den Kaufpreis von 1.231.350 EUR. Der zweite Kaufvertrag betraf den Verkauf von Einrichtungsgegenständen um einen Kaufpreis von 48.650 EUR.

Der Liegenschaftskaufvertrag wies auszugsweise folgenden Inhalt auf: „ Die Käuferin erklärt, sich bereits vor dem heutigen Unterfertigungstermin beim Makler umfassend über das Kaufobjekt informiert zu haben. “ Mit „Makler“ wurde dabei auf die Klägerin Bezug genommen.

Die Beklagte kaufte die Liegenschaft, damit A***** und F***** dort wohnen können, was seit Anfang April 2016 auch der Fall ist.

Die Klägerin stellte der Beklagten am 10. 12. 2015 eine Vermittlungsprovision von 3 % des Kaufpreises zuzüglich USt, somit 46.080 EUR in Rechnung.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung der der Höhe nach nicht strittigen Vermittlungsprovision für den Verkauf der Liegenschaft, sowie als Nebenforderung die Zahlung von Mahnkosten in Höhe von 40 EUR gemäß § 458 UGB. Die Klägerin habe den Verkauf der Liegenschaft vermittelt, zwischen den Streitteilen sei zumindest ein schlüssiger Vertrag zustande gekommen. Die Beklagte sei nur zum Erwerb der Liegenschaft gegründet worden und stehe in der wirtschaftlichen Verfügungsmacht von A***** und F*****. Diese seien ebenso wie der Beklagtenvertreter, der spätere Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beklagten, bei der Besichtigung am 30. 7. 2015 anwesend gewesen. Alle bei der Besichtigung Anwesenden hätten gewusst, dass bei erfolgreicher Vermittlung Provision fällig werde. F***** hätte zum Zweck des Abschlusses eines Kaufvertrags in der Kanzlei des Klagevertreters erscheinen sollen, was er aber nicht getan habe. Stattdessen habe sich der Beklagtenvertreter mit der Punktation vom 8. 3. 2015 direkt an den Verkäufer gewandt. In beiden Kaufverträgen sei auf die Verdienstlichkeit der Klägerin hingewiesen worden. Das tatsächlich abgeschlossene Rechtsgeschäft sei ein gleichwertiges Rechtsgeschäft, der Personenwechsel von A***** und F***** zur Beklagten sei ausschließlich im wirtschaftlichen Interesse von A***** und F***** gelegen.

Die Beklagte wandte dagegen ein, dass sie der Klägerin keinen Maklerauftrag erteilt habe und die Klägerin für sie nicht verdienstlich tätig geworden sei. Die Beklagte sei unmittelbar vor Abschluss des Kaufvertrags gegründet und eingetragen worden. Am 3. 8. 2015 sei es zwischen dem damaligen Eigentümer der Liegenschaft und A***** zu einer Punktation gekommen, an deren Zustandekommen aber die Klägerin nicht mitgewirkt habe. Da A***** und F***** nicht in der Lage gewesen seien, den Kaufpreis aufzubringen, sei es gelungen, einen Investor zu gewinnen, der bereit gewesen sei, Schaden vom Verkäufer abzuwenden und die Liegenschaftstransaktion zu ermöglichen. In weiterer Folge sei es zu einer Eintragung der Beklagten und zur Unterfertigung der Kaufverträge gekommen. A***** und F***** seien nicht die „wahren wirtschaftlichen Eigentümer“ der Beklagten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Grundvoraussetzung für den Provisionsanspruch sei gemäß § 6 Abs 1 MaklerG ein Maklervertrag. Den Abschluss eines ausdrücklichen Maklervertrags mit der Beklagten habe die Klägerin nicht behauptet. Auch ein schlüssiger Maklervertrag sei zwischen den Streitteilen nicht zustandegekommen. Ein solcher könne allenfalls ab Abschluss des Gesellschaftsvertrags mit der teilrechtsfähigen „Vorgesellschaft“ der Beklagten zustandegekommen sein. Dass es aber ab dem 27. 10. 2015 noch Gespräche zwischen den Streitteilen gegeben hätte, habe die Klägerin nicht behauptet. Selbst wenn man vom Vorliegen eines zweckgleichen Geschäfts im Sinn des § 6 Abs 3 MaklerG ausgehen wollte, stehe der Provisionsanspruch nicht gegen den tatsächlichen Liegenschaftskäufer, sondern ausschließlich gegen den Auftraggeber des Maklers zu. Da die Beklagte mangels Abschlusses eines Maklervertrags nicht Auftraggeberin der Klägerin sei, könne sie gegen diese auch keinen Provisionsanspruch geltend machen.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil über Berufung der Klägerin im klagestattgebenden Sinn ab und ließ die Revision nicht zu. Für den schlüssigen Abschluss eines Immobilienmaklervertrags reiche es aus, dass sich der Auftraggeber der Vermittlung nutzbringend bedient habe, wenn er nur die vom Makler für ihn entfaltete Tätigkeit kenne und ihr nicht widerspreche. Dies sei hier der Fall, weil im Liegenschaftskaufvertrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass die Beklagte als Käuferin bereits vor dem Unterfertigungstermin beim Makler umfassend über das Kaufobjekt informiert worden sei. Ausgehend davon seien die Dienste der Klägerin von der Beklagten in Anspruch genommen worden: Sie habe die vom Makler entfaltete Tätigkeit gekannt und Nutzen aus den vom Makler vermittelten Informationen gezogen. Auf die Frage der „Vorgesellschaft“ komme es nicht an, weil die Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits gegründet und im Firmenbuch eingetragen gewesen sei. Die Beklagte sei damit als Auftraggeberin im Sinn des § 6 Abs 1 MaklerG anzusehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung des Klagebegehrens anstrebt.

In der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung beantragte die Klägerin die Zurück‑, hilfsweise die Abweisung der Revision.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

1. Der Provisionsanspruch des Maklers setzt einen zumindest schlüssig erteilten Vermittlungsauftrag voraus. Ohne gültigen Abschluss eines Maklervertrags kann ein Provisionsanspruch eines Vermittlers daher gar nicht entstehen (RIS‑Justiz RS0062685; zuletzt 3 Ob 131/16k). Zweifel, ob eine schlüssige Auftragserteilung erfolgte, gehen stets zu Lasten des Maklers, der für das Zustandekommen des Vermittlungsvertrags beweispflichtig ist (RIS‑Justiz RS0062658 [T5]). Daher kann der hier geltend gemachte Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten nur dann zu Recht bestehen, wenn zwischen diesen zumindest ein schlüssiger Maklervertrag zustandegekommen ist (RIS‑Justiz RS0063026).

2. Nach der Rechtsprechung reicht es im Bereich der Immobilienmakler aus, dass sich der Auftraggeber der Vermittlung nutzbringend bedient hat, wenn er nur die vom Makler für ihn entfaltete Tätigkeit kennt und ihr nicht widerspricht (RIS‑Justiz RS0062234). Dies genügt aber nicht, wenn der Makler bereits erkennbar für einen anderen Auftraggeber handelt (RIS‑Justiz RS0062234 [T4]). Dies war hier nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts der Fall, weil die Klägerin vom Liegenschaftseigentümer beauftragt war und im Rahmen dieses Auftrags die Liegenschaft inserierte.

3. Wenn der Makler erkennbar für einen anderen Auftraggeber tätig wurde, kann die Annahme der Dienste des Maklers nur dann als konkludentes Einverständnis zum Abschluss eines Maklervertrags gedeutet werden, wenn der Makler zuvor deutlich zu erkennen gab, für seine Bemühungen (auch) eine Provision von seinem Gesprächs‑ bzw Verhandlungspartner zu erwarten (RIS‑Justiz RS0062234 [T3]; 10 Ob 26/07g; RS0062684 [T2]). Die Revisionswerberin zeigt zutreffend auf, dass sich ein solcher Hinweis aus den getroffenen Feststellungen nicht ergibt. Die im Liegenschaftskaufvertrag enthaltene Erklärung der Beklagten, sich beim der Klägerin als Makler umfassend über das Kaufobjekt informiert zu haben, genügt dafür nicht, weil diese Information nach ihrem konkreten Inhalt nicht die Geltendmachung eines Provisionsanspruchs des erkennbar von einem anderen Auftraggeber beauftragten Maklers umfasst.

4.1 Allerdings hat die Klägerin entgegen den Revisionsausführungen ausdrücklich vorgebracht, dass alle bei der Besichtigung am 30. 7. 2015 Anwesenden gewusst hätten, dass bei erfolgreicher Vermittlung Provision fällig werde (ON 13, AS 37). Dazu hat das Erstgericht keine Feststellungen getroffen. Darauf kommt es im konkreten Fall jedoch nicht an.

4.2 Es ist zwar nicht erforderlich, dass der Abschluss eines vermittelten Geschäfts in den Zeitraum des aufrechten Maklervertrags fällt (RIS‑Justiz RS0062800 [T1]). Wesentlich ist aber, dass der Makler seine vertragsgemäße Vermittlungstätigkeit während des Bestehens des Maklervertrags erbracht hat. Eine Tätigkeit vor Abschluss des Maklervertrags entbehrt einer vertraglichen Grundlage und kann den Provisionsanspruch nicht auslösen, auch wenn sie kausal für einen Hauptvertragsabschluss werden sollte (3 Ob 131/16k mwH).

4.3 Die Klägerin hat nach ihrem Vorbringen den Hinweis auf die Provisionsverpflichtung anlässlich der von ihr organisierten Besichtigung am 30. 7. 2015 gegenüber den Kaufinteressenten A***** und F*****, sowie gegenüber dem ebenfalls anwesenden (allerdings nicht als Kaufinteressent auftretenden) Beklagtenvertreter und nunmehrigen Geschäftsführer der Beklagten abgegeben. Frühestens zu diesem Zeitpunkt könnte daher ein schlüssiger Maklervertrag zwischen der Klägerin und diesen Personen entstanden sein (vgl 3 Ob 131/16k). Auf den Abschluss eines schlüssigen Maklervertrags mit diesen Personen beruft sich die Klägerin allerdings nicht.

4.4 Die Beklagte wurde erst am 27. 10. 2015 durch Abschluss des Gesellschaftsvertrags errichtet und entstand am 19. 11. 2015 durch die Firmenbucheintragung (§ 2 Abs 1 GmbHG). Weder nach dem 27. 10. 2015 noch nach dem 19. 11. 2015 war die Klägerin nach den Feststellungen und ihrem Vorbringen mit einer Vermittlungstätigkeit gegenüber der Beklagten befasst, sodass ein schlüssiger Abschluss eines Maklervertrags mit der Beklagten nicht zustande kam. Ein solcher kann auch nicht durch die festgestellte „Information“ im Kaufvertrag zustande gekommen sein, weil die Klägerin nicht Partnerin des Kaufvertrags war und ihr gegenüber daher keine Erklärung der Beklagten abgegeben wurde.

5.1 Die Provision gebührt auch, wenn nicht das aufgetragene, aber ein zweckgleichwertiges Geschäft vom Vermittler zustande gebracht wurde (RIS‑Justiz RS0029698). Zweckgleichheit wird ua angenommen bei Abschluss eines Geschäfts nach dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ über das Vertragsobjekt, jedoch mit einer vom Auftraggeber des Maklers verschiedenen Person (1 Ob 240/06k ua; RIS‑Justiz RS0062777, RS0106605).

5.2 Der Abschluss des Kaufvertrags nicht mit den ursprünglichen Kaufinteressenten A***** und F*****, sondern mit der Beklagten könnte zwar unter der Voraussetzung, dass diese Personen aufgrund eines (behaupteten) Hinweises der Klägerin auf ihren Provisionsanspruch anlässlich der Besichtigung am 30. 7. 2015 (auch) Auftraggeber der Klägerin im Rahmen eines schlüssig geschlossenen Maklervertrags wurden, als zweckgleicher Vertrag im Sinn des § 6 Abs 3 MaklerG angesehen werden. Dies ändert allerdings nichts daran, dass die Klägerin dessen ungeachtet ihren Provisionsanspruch nur gegenüber dem Partner (den hier möglichen Partnern) des schlüssig abgeschlossenen Maklervertrags geltend machen kann, daher nicht gegenüber der Beklagten.

Der Revision war daher Folge zu geben und in Abänderung des Berufungsurteils das Ersturteil wiederherzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Bei der Berechnung der Kosten des Revisionsverfahrens war von einem Tarifansatz von 1.234,20 EUR auszugehen, die Umsatzsteuer errechnet sich mit lediglich 370,68 EUR.

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