OGH 6Ob95/17i

OGH6Ob95/17i29.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** S*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, wider die beklagte Partei L*****, vertreten durch Summer Schertler Stieger Kaufmann Droop Lerch Rechtsanwälte GmbH in Bregenz, wegen 33.539,31 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 22. März 2017, GZ 10 R 88/16s‑183, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00095.17I.0529.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der beklagte Schädiger hat zu behaupten und zu beweisen, dass der Geschädigte den eingetretenen Schaden hätte mindern können (RIS‑Justiz RS0027129). Ein Fall der Beweislastumkehr wegen der Nähe (des Geschädigten) zum Beweis liegt nicht vor: Die von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Entscheidung 2 Ob 205/08y ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Dort ging es darum, dass dem Geschädigten, der von sich aus den Arbeitsvertrag mit seinem bisherigen Arbeitgeber beendet hatte, die Beweislast dafür zugewiesen wurde, dass ihm eine weitere Tätigkeit bei seinem bisherigen Arbeitgeber nicht länger zumutbar war.

Hier wurde das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber zwar einvernehmlich beendet, jedoch wäre der Kläger, wenn er der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses nicht zugestimmt hätte, vom Dienstgeber gekündigt worden.

Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob der Kläger in der Schweiz eine (unselbstständige) Arbeit finden hätte können.

Der Beweis dafür, dass er keine Anstellung in der Schweiz hätte finden können, ist aber ex post – der Kläger hatte sich in der Schweiz nicht beworben – für den Kläger nicht leichter zu führen als der Beweis des Gegenteils für die Beklagte. In beide Richtungen geht es – im Gegensatz zum Sachverhalt in der Entscheidung 2 Ob 205/08y – um den Beweis eines hypothetischen Geschehens. Da die Beklagte hier hätte beweisen müssen, dass der Kläger in der Schweiz eine Anstellung finden hätte können, wird ihr entgegen ihrer Behauptung auch kein Negativbeweis abverlangt.

Im Übrigen geht die Rechtsrüge mehrfach nicht vom festgestellten Sachverhalt aus (behauptete schuldhafte Lösung des Dienstverhältnisses; Kläger hätte in der Schweiz unselbstständig mehr als beim bisherigen Dienstgeber verdienen können; Kläger hätte sich im Bewusstsein, ein allfälliger Verdienstentgang sei ohnehin vom Schädiger auszugleichen, selbstständig gemacht) und ist daher insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS‑Justiz RS0043312).

Die umfangreichen Bezugnahmen auf Ausführungen der Sachverständigen bekämpfen in Wahrheit die in dritter Instanz nicht mehr anfechtbare Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0007236).

Der behauptete Feststellungsmangel („Hätte der Kläger als Angestellter in der Schweiz gearbeitet, wäre ihm kein Verdienstentgang entstanden.“) liegt nicht vor, weil die begehrte Feststellung der Negativfeststellung über die Möglichkeit des Klägers, in der Schweiz eine unselbstständige Arbeit zu finden, widerspräche.

Dass die behauptete Widersprüchlichkeit in den Feststellungen des Erstgerichts nicht vorliegt, hat schon das Berufungsgericht (S 17 des Urteils) dargelegt.

Da die Revision somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt hat, war sie zurückzuweisen.

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