OGH 9Ob12/17f

OGH9Ob12/17f20.4.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei G* KG, *, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G* A*, vertreten durch Mag. Hubert Wagner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. November 2016, GZ 38 R 156/16x‑42, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E117994

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gilt für unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallende Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird, eine vom Streitwert unabhängige Revisionszulässigkeit. Die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels hindert aber nicht dessen Umdeutung und Behandlung in einer dem Gesetz entsprechenden Weise (RIS-Justiz RS0036258), hier sohin als außerordentliche Revision (s RIS-Justiz RS0123405, RS0110049).

2. Grundsätzlich kann gegen ein Räumungsbegehren wegen Nichtzahlung des Bestandzinses mangels Gleichartigkeit nicht mit Geldforderungen gegen den Bestandgeber prozessual aufgerechnet werden. Der Bestandnehmer hat nur die Möglichkeit, gegen die anerkannte Zinsforderung außergerichtlich aufzurechnen und den Räumungsanspruch mit der Behauptung zu bestreiten, dass die geltend gemachte Voraussetzung für die Erhebung der Räumungsklage fehle (RIS-Justiz RS0021036, RS0021118).

3. Im vorliegenden Fall behauptet der Beklagte in den beiden (verbundenen) Räumungsverfahren, mit dem Komplementär der Klägerin bereits bei Abschluss des Mietvertrags eine Vereinbarung dahin getroffen zu haben, dass er den Mietzins bis zur Tilgung einer vorgebrachten Forderung gegen den Komplementär nicht zu begleichen habe. Nach dem den Obersten Gerichtshof bindenden Sachverhalt gab es eine solche Vereinbarung jedoch nicht. Eine andere außergerichtliche Aufrechnungserklärung hat der Beklagte nicht behauptet.

4. Der in § 33 Abs 2 MRG angeordneten Beschlussfassung bedarf es dann nicht, wenn grobes Verschulden an den eingetretenen Zinsrückständen vorliegt (s RIS-Justiz RS0069105; 3 Ob 147/14k). Die Frage, ob grobes Verschulden vorliegt, ist nur nach konkreten Umständen des jeweiligen Falles zu beantworten (RIS-Justiz RS0042773 [T1]), die hier von den Vorinstanzen in zumindest vertretbarer Weise bejaht wurde. Dass das Erstgericht im ersten Rechtsgang zunächst vom Vorliegen einer Aufrechnungsvereinbarung ausging, steht dem noch nicht entgegen, wenn sich im zweiten Rechtsgang unter Würdigung weiterer Beweise das Gegenteil herausstellt.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Beklagten zurückzuweisen.

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