OGH 7Ob230/16y

OGH7Ob230/16y25.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. M* K*, 2. Mag. M* M*, beide: *, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. DI F* J*, 2. W* J*, beide: *, vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung und Einverleibung, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 3. November 2016, GZ 3 R 126/16y‑18, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E117197

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

1. Richtig verweisen die Revisionswerber darauf, dass nach § 914 ABGB bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist, sondern die Absicht der Partei zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (RIS‑Justiz RS0017797).

2. Zutreffend ist auch, dass gemäß § 479 ABGB Dienstbarkeiten, die an sich Grunddienstbarkeiten sind, einer Person allein zugestanden werden können. Solche unregelmäßigen Dienstbarkeiten werden als eine besondere Art der persönlichen Servituten angesehen (RIS‑Justiz RS0011622). Lässt sich die Frage, ob eine regelmäßige oder eine unregelmäßige Servitut vorliegt, nur mehr durch Urkundenauslegung beantworten, wird die Rechtsvermutung zugunsten der regelmäßigen Servitut (§ 479 ABGB Schlusssatz) nur widerlegt, wenn die Urkundenauslegung eindeutig dahin ausfällt, dass die strittige Vertragsbestimmung bloß persönliche Vorteile bestimmter Berechtiger bezweckte, nicht aber auf die vorteilhaftere oder bequemere Benützung eines bestimmten Grundstücks abgestellt war (RIS‑Justiz RS0011607).

3. Ob dem Belasteten dieser Beweis gelingt, ist ebenso eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0011623 [T1]), wie die Auslegung einer vertraglichen Vereinbarung (RIS‑Justiz RS0042936, RS0042776) und damit grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

4. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht diesen Beweis als erbracht angesehen. Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung ist in diesem Zusammenhang nicht gegeben:

Mit Notariatsakt vom 15. 3. 1973 erhielt der Übernehmer (Sohn) vom Übergeber (Vater) Liegenschaften übertragen. Die Parteien des Notariatsakts wählten dabei bewusst unterschiedliche Formulierungen hinsichtlich der Einräumung einerseits eines Geh- und Fahrrechts ausdrücklich zugunsten der übernommenen Liegenschaften und andererseits eines explizit „vom Vater dem Sohn eingeräumten Mitbenützungsrechts“ an einer konkret bezeichneten Hoffläche, an der die Kläger als nunmehrige Erwerber der Liegenschaften des Sohnes eine – auch ihnen zugute kommende – Grunddienstbarkeit des Abstellens und Parkens von Fahrzeugen begründet wissen wollen. Festgestellter Zweck der Einräumung dieses Mitbenützungsrechts war, auch nach Übergabe der Liegenschaften an den Sohn die Hoffläche als „Zentrum“ der umliegenden Grundstücke und Gebäude für Familienangehörige bestehen zu lassen. Weiters sollte der Sohn das genannte Geh- und Fahrrecht nicht nutzen und keinen Servitutsweg errichten, solange sein Vater das vereinbarte Weiderecht weiterhin auf einer der übergebenen Liegenschaften ausübte.

Die Vorinstanzen gelangten vor diesem Hintergrund sowohl ausgehend vom Wortlaut der Vereinbarung als auch von der festgestellten Parteienabsicht zu dem Ergebnis, dass bei gleichzeitig eingeräumter Dienstbarkeit eines Geh‑ und Fahrrechts zugunsten der übernommenen Liegenschaften, sich die Einräumung des Mitbenützungsrechts am Hof bloß auf die Person des Rechtsvorgängers der Kläger als Sohn des Eigentümers bezogen und nicht auf die vorteilhaftere oder bequemere Benützung eines bestimmten Grundstücks abgestellt habe, weshalb sie die Rechtsvermutung einer regelmäßigen Servitut als widerlegt ansahen. Dieses Auslegungsergebnis hält sich im Rahmen der bestehenden oberstgerichtlichen Judikatur.

5. Die den – von den Revisionswerbern zur Stützung ihres Standpunkts herangezogenen – Entscheidungen 6 Ob 163/58 und 10 Ob 33/04g zugrunde liegenden Sachverhalte unterscheiden sich vom hier vorliegenden bereits insoweit, als die dort strittigen Vertrags‑bestimmungen sich ausdrücklich auf ein „Servitutsrecht“ bzw eine „Servitut“ bezogen, während hier– wie ausgeführt – nicht nur der Wortlaut der konkreten Vertragsbestimmung, sondern auch die diesen Wortlaut stützenden Feststellungen zur Parteiabsicht nahelegen, dass das Hofbenutzungsrecht nicht den jeweiligen Eigentümern der Liegenschaft, sondern nur dem Sohn und Rechtsvorgänger der Kläger zugute kommen sollte.

6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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