OGH 9Ob81/16a

OGH9Ob81/16a19.12.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*, vertreten durch Dr. Michael Krüger Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Verein „B*“, *, vertreten durch Stix Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in Wien, wegen 11.300 EUR sA, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt als Rekursgericht vom 7. Oktober 2016, GZ 13 R 153/16x‑18, womit dem Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Eisenstadt vom 6. Juli 2016, GZ 2 C 345/16g‑11, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E116840

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 860,58 EUR (darin 143,43 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Klägerin begehrt mit ihrer Mahnklage vom 27. 4. 2016 die Zahlung von 11.300 EUR sA. Dazu brachte sie vor, mit dem Beklagten für die Landtagswahl 2015 ein Wahlbündnis geschlossen und die Kosten der Wahlwerbung gemeinsam bestritten zu haben. Entgegen einer zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vereinbarung habe ihr der beklagte Verein anteilige Wahlwerbungsausgaben in Höhe des Klagsbetrags nicht refundiert.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung.

Das Erstgericht wies die Klage von Amts wegen gemäß § 40a JN wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs zurück. Die Parteien hätten zum Zweck des gemeinsamen Wahlkampfes eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Das Begehren der Klägerin gründe sich auf eine zwischen den Teilhabern einer GesbR abgeschlossene Vereinbarung und gehöre daher gemäß § 838a ABGB in das außerstreitige Verfahren.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die Durchführung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund auf. Der Bestand einer GesbR werde im Rekursverfahren nicht mehr bestritten. Da die von der Klägerin behauptete Vereinbarung unstrittig am 17. 3. 2015 abgeschlossen worden sei, sei auf den vorliegenden Fall bereits die Rechtslage nach dem GesbR‑Reformgesetz anzuwenden. Mit diesem Gesetz sei aber die Bestimmung des § 1188 ABGB, der auf die Miteigentumsvorschriften verwiesen habe, beseitigt worden. Eine Anwendung des § 838a ABGB auf die Streitigkeiten der Gesellschafter einer GesbR sei somit ausgeschlossen. Eine Norm, die die Geltendmachung der gegenständlichen von einer Gesellschafterin gegenüber dem anderen Gesellschafter geforderten (Ausgleichs‑)Zahlung ins Außerstreitgesetz verweise, sei nicht ersichtlich. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur hier maßgeblichen Rechtsfrage der Zulässigkeit des Rechtswegs zulässig.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten, der auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses abzielt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs des Beklagten zurückzuweisen, in eventu ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Nach § 1 Abs 2 AußStrG ist das Außerstreitverfahren in denjenigen bürgerlichen Rechtssachen anzuwenden, für die dies im Gesetz angeordnet ist. Die Rechtsdurchsetzung im außerstreitigen Verfahren findet daher nur statt, wenn eine Sache durch das Gesetz ausdrücklich oder zumindest schlüssig in diese Verfahrensart verwiesen ist (RIS‑Justiz RS0012214 [T1, T5]). Im Zweifel gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Sachen auf den Prozessweg (7 Ob 131/16i; RIS‑Justiz RS0012214; Feil, AußStrG³ § 1 Rz 2 mwN).

2. Bei der Beurteilung, ob eine Rechtssache im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren zu erledigen ist, ist nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien, sondern ausschließlich auf den Inhalt des Begehrens und das Vorbringen der Partei abzustellen (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen der das Verfahren einleitenden Partei (RIS‑Justiz RS0005896; RS0013639; RS0005861).

3. Die Klägerin behauptet, mit dem Beklagten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet zu haben. Aus diesem Gesellschaftsverhältnis macht sie gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch, gestützt auf eine vertragliche Vereinbarung mit diesem, geltend. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, wonach dieser Anspruch vom Gesetz weder ausdrücklich noch schlüssig in das Außerstreitverfahren verwiesen ist, wird vom Revisionsrekurswerber auch nicht weiter in Frage gestellt. Vielmehr stützt er die Anwendung des außerstreitigen Verfahrens auf den Klagsanspruch auf eine analoge Anwendung des § 838a ABGB. Diese ist aus folgenden Gründen aber nicht geboten:

4.1. Zwischen den Parteien herrscht Einigkeit darüber, dass auf den gegenständlichen Sachverhalt die neue, am 1. 1. 2015 in Kraft getretene Rechtslage nach dem GesbR‑Reformgesetz (GesbR‑RG), BGBl I 2014/83, anzuwenden ist (§ 1503 Abs 5 Z 1 ABGB). Mit dieser Reform traten § 826 und die §§ 1175 bis 1216e ABGB in Kraft. Der bisherige § 1188 ABGB aF, der ua die (interne) Geschäftsführung der GesbR (alt) normierte und mit 31. 12. 2014 außer Kraft trat, verwies (auch) auf § 838a ABGB. Nach dieser mit dem FamErbRÄG 2004, BGBl I 2004/58, neu geschaffenen Bestimmung des § 838a ABGB sind Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten ganz allgemein im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden, auch wenn der Auseinandersetzung eine Vereinbarung der Miteigentümer zugrunde liegt (RIS‑Justiz RS0013563 [T15]). Seit dem 1. 1. 2015 ordnet § 1188 ABGB nF an, dass die Erfüllung gesellschaftsbezogener Verpflichtungen eines Gesellschafters von jedem Gesellschafter zugunsten aller Gesellschafter gemeinsam eingefordert werden kann. Davon abweichende Vereinbarungen sind unwirksam. Mit § 1188 ABGB nF sollte das im Personengesellschaftsrecht anerkannte Rechtsinstitut der actio pro socio ausdrücklich für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kodifiziert werden (ErläutRV 270 BlgNR 25. GP  14; 6 Ob 61/16p). Einen derartigen Anspruch der Gesellschaft macht die Klägerin hier aber nicht geltend, weshalb sich weitere Überlegungen dazu erübrigen. Weder der nunmehr geltende § 1188 ABGB nF noch eine andere gesetzliche Bestimmung enthält einen Verweis auf § 838a ABGB.

4.2. Anhaltspunkte dafür, dass – so der Revisionsrekurs – die Nichtzuweisung der Aufteilungsansprüche von Gesellschaftern einer GesbR in das außerstreitige Verfahren ganz offensichtlich auf einer planwidrigen Lücke des Gesetzgebers beruhe, der es unterlassen habe, eine adäquate Ersatzregelung für die Bestimmung des § 1188 ABGB aF zu schaffen, bieten weder das GesbR‑RG noch die dazu vorliegenden Materialien. Eine solche Lücke wäre nur dann nachgewiesen, wenn das Gesetz gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie unvollständig und daher ergänzungsbedürftig wäre und die Ergänzung aber auch nicht vom Gesetz gewollten Beschränkungen widerspricht (RIS‑Justiz RS0008866; RS0098756 [T6, T14]). Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Schließlich hat der Gesetzgeber mit dem GesbR‑RG auch die Bestimmung des § 1190 ABGB aF, die hinsichtlich der vertraglichen Bestellung von geschäftsführenden Gesellschaftern einer GesbR auf die Normen des Miteigentumsrechts (§§ 833 bis 842 ABGB) verwies, aufgehoben.

5. Zusammengefasst gehört die Auseinandersetzung über einen auf Vertrag gegründeten Anspruch eines Gesellschafters gegenüber einem anderen Gesellschafter einer GesbR neu nicht zu den Streitigkeiten, die ein Gesetz ausdrücklich oder schlüssig in das außerstreitige Verfahren verweist. Eine analoge Anwendung des § 838a ABGB ist mangels Vorliegens einer Gesetzeslücke ausgeschlossen.

Dem Revisionsrekurs des Beklagten war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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