European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00243.16F.1213.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Die tatsächlichen Umstände und persönlichen Eigenschaften im Zeitpunkt der Abgabe einer Willenserklärung (des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts) sind tatsächlicher Natur und irrevisibel. Die Schlussfolgerung, ob aufgrund dieser Umstände die Erklärungen des Revisionswerbers im vollen Gebrauch der Vernunft (§ 865 ABGB) abgegeben wurden, ist hingegen eine Rechtsfrage (RIS-Justiz
RS0014641; jüngst 7 Ob 74/16g mwN). Die Beurteilung, ob eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt die Tragweite bestimmter Willenserklärungen verstandesmäßig erfassen konnte oder ob ihr diese Fähigkeit durch eine die Handlungsfähigkeit und Geschäftsfähigkeit ausschließende geistige Störung fehlte, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0117658).
2. Nach den Feststellungen hatte der Kläger als pathologischer Spieler in dem der Klage zugrunde liegenden Zeitraum in unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Nähe zum Spielbetrieb nicht die Willenskraft, sich in Beziehung auf das Glücksspiel anders zu entscheiden, sodass es ihm in diesen Situationen nicht möglich war, vernunftgeleitet zu handeln. Ausgehend davon bedarf die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Kläger sei in diesem Zeitraum partiell – nämlich im Hinblick auf die festgestellten Glücksspielgeschäfte mit der Beklagten – nicht geschäftsfähig gewesen, keiner Korrektur.
3. Der behauptete rechtliche Feststellungsmangel liegt nicht vor: Dass dem Kläger „in spielfreien Stunden und Tagen“ eine „rationelle Auseinandersetzung“ mit dem Problem möglich war, er also in Kenntnis seiner Spielsucht von seinem Wohnort rund 100 km zu den Automatencasinos der Beklagten anreiste, kann nichts daran ändern, dass er „in unmittelbarer zeitlicher und örtlicher Nähe zum Spielbetrieb“ – also zum allein entscheidenden Zeitpunkt des Abschlusses der Glücksspielverträge mit der Beklagten – partiell geschäftsunfähig war.
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