OGH 9Ob67/16t

OGH9Ob67/16t29.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj L* J*, geboren am * 2000, und des mj K* J*, geboren am * 2003, beide wohnhaft in *, beide vertreten durch die Mutter B* J*, wohnhaft ebendort, über den Revisionsrekurs des Vaters D* J*, vertreten durch Mag. Thomas Christl, Rechtsanwalt in Steyr, gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 29. Juli 2016, GZ 1 R 145/16s‑51, womit dem Rekurs der Mutter gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Steyr vom 20. Juni 2016, GZ 10 Pu 10/16x‑47, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E116701

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das Erstgericht wies den Unterhaltserhöhungsantrag der beiden minderjährigen Kinder ab, weil sich die Verhältnisse seit der letzten Unterhaltsfestsetzung vom 16. 3. 2015 nicht wesentlich geändert hätten.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs Folge und verpflichtete den Vater, ab 1. 5. 2016 seiner Tochter einen Unterhalt von 425 EUR (anstelle bisher 400 EUR) und seinem Sohn einen Unterhalt von 385 EUR (anstelle bisher 360 EUR) monatlich zu zahlen. Gründe sich– wie hier – die seinerzeitige Unterhaltsfestsetzung auf das Einverständnis der Parteien, sei nach Rechtsprechung und Lehre eine Unterhaltserhöhung grundsätzlich auch ohne eine Änderung der Verhältnisse (selbst rückwirkend) möglich. Habe nämlich ein Minderjähriger weniger Unterhalt begehrt, als es der materiellen Rechtslage entsprochen habe, liege im Zweifel ein Teilantrag vor. Die Rechtskraft der Entscheidung über diesen Antrag stehe daher einem Erhöhungsbegehren nicht entgegen.

Das Rekursgericht hat den Revisionsrekurs nachträglich zur Frage der amtswegigen Berücksichtigung von aktenkundigen Unterlagen im Zusammenhang mit der Anrechnung von Naturalunterhalt bei der Unterhaltsbemessung (Wohnversorgung der Unterhaltsberechtigten) zugelassen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Trotz Zulassung des Revisionsrekurses durch das Rekursgericht muss der Rechtsmittelwerber den Revisionsrekurs ausführen und eine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

1. Eine (amtswegige) Berücksichtigung des vom Vater gewährten Naturalunterhalts durch Zurverfügungstellung seines Hälfteeigentums an dem Haus, in dem die unterhaltsberechtigten Kinder leben, kommt schon wegen der ausdrücklich gegenteiligen Vereinbarung im Scheidungsvergleich nicht in Betracht. Der Revisionsrekurswerber, der sich selbst auf den Inhalt des im Akt erliegenden Scheidungsvergleichs vom 23. 1. 2014 bezieht, lässt unberücksichtigt, dass darin im Zusammenhang mit dem Kindesunterhalt festgelegt wurde, dass das Wohnen der Kinder in dem den Eltern gehörigen Haus bei der Unterhaltsbemessung nicht angerechnet wird (Punkt 2. lit c des Scheidungsvergleichs).

2. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bedarf die Berücksichtigung von Transferleistungen bei der Unterhaltsbemessung grundsätzlich dann keines gesonderten Vorbringens des Geldunterhaltspflichtigen, wenn dieser einem Erhöhungsantrag entgegentritt und die für eine Anrechnung der Transferleistungen (vor allem Familienbeihilfe) maßgebenden Umstände unstrittig oder aktenkundig sind (RIS-Justiz RS0117764 [T4 und T9]). Ob Tatsachen unstrittig oder aktenkundig sind, kann naturgemäß immer nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Die Auffassung des Rekursgerichts, aus dem Akt ergebe sich nicht, dass die Mutter die Familienbeihilfe für die unterhaltsberechtigten Kinder beziehe, ist nicht zu beanstanden. Auch der Revisionsrekurs legt nicht dar, woraus sich für das Gericht die „Offenkundigkeit“ der „an die Mutter ausbezahlten Transferleistungen (Kinderbeihilfe, etc)“ ergeben sollte.

3. Soweit dem Revisionsrekurs überhaupt entnommen werden kann, dass er auch die Beurteilung des Rekursgerichts, im konkreten Fall sei eine Unterhaltserhöhung (selbst rückwirkend) auch ohne Änderung der Verhältnisse möglich, als erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG geltend machen will, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt (RIS-Justiz RS0043312 [T8]; RS0043603 [T9]). Der Revisionsrekurs führt lediglich aus, dass jeder Unterhaltsvergleich der Umstandsklausel unterliege und eine Einkommenserhöhung des Unterhaltspflichtigen von rund 5% nicht die für eine Neubemessung des Unterhalts erforderliche wesentliche Änderung der Verhältnisse darstelle. Mit den für die Rekursentscheidung aber entscheidenden Argumenten, weshalb es bei der hier vorliegenden Konstellation gar nicht einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse bedarf, um den Unterhalt neu zu bemessen, setzt sich das Rechtsmittel inhaltlich aber nicht auseinander.

4. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 Satz 4 AußStrG).

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs des Vaters zurückzuweisen.

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