OGH 5Ob208/16y

OGH5Ob208/16y22.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Dr. F***** R*****, vertreten durch Dr. Angela Lenzi, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Antragsgegner 1. R***** A*****, 2. S***** A*****, 3. S***** A*****, vertreten durch Schaffer Sternad Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Beschlussanfechtung (§ 52 Abs 1 Z 4 iVm § 24 Abs 6 WEG), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. September 2016, GZ 39 R 68/16p‑111, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 20. Jänner 2016, GZ 9 Msch 13/10m (9 Msch 11/11v)-106, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung

Das Rekursgericht bestätigte – soweit im Revisionsrekursverfahren von Interesse – die im verbundenen Verfahren erfolgte Abweisung des Antrags auf Rechtsunwirksamerklärung des dem Antragsteller am 6. 7. 2011 zugestellten Beschlusses über die Erneuerung von Fenstern und Balkontüren im Lichthof des Hauses und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Der mit Ausnahme in den Wohnungen des Antragstellers bereits erfolgte Austausch von in den Lichthof gerichteten Fenstern und Balkontüren verstoße weder gegen die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, noch werde dadurch der straßenseitige gegebene Jugendstilcharakter des Hauses beeinträchtigt.

Der dagegen vom Antragsteller erhobene Revisionsrekurs zeigt keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Das in § 24 Abs 6 WEG normierte Anfechtungsrecht der Minderheit gegen Beschlüsse der Mehrheit wegen Gesetzwidrigkeit bedeutet nicht, dass eine umfängliche Inhaltskontrolle der Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung (hier: § 28 Abs 1 Z 1 WEG) nach den Prinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu erfolgen hätte (vgl 5 Ob 144/05w; 5 Ob 20/16a). Der überstimmten Minderheit soll die Einhaltung zwingender Bestimmungen des WEG garantiert werden, allenfalls noch erweitert um „krasse“ Verstöße gegen die für die Verwaltung stets geforderten Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit (RIS-Justiz RS0120092; 5 Ob 20/16a mwN).

2.1 Auch zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungen gehören noch zur Erhaltung (§ 28 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 3 MRG), selbst wenn dabei Veränderungen vorgenommen werden, die gegenüber dem vorigen Zustand als „Verbesserungen“ anzusehen sind. Voraussetzung ist eine Reparaturbedürftigkeit, Schadensgeneigtheit oder Funktionseinschränkung (vgl 5 Ob 56/15v mwN).

2.2 Der Revisionsrekurswerber stellt nicht in Frage, dass die in den Lichthof weisenden Fenster und Balkontüren schadhaft und reparaturbedürftig waren bzw sind. Damit hält sich aber die Beurteilung des Rekursgerichts, das den Austausch von alten Holzfenstern gegen moderne Kunststofffenster als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung einstufte, entgegen seiner Auffassung im Rahmen der Rechtsprechung (vgl nur RIS-Justiz RS0069979). Nach dieser kann selbst bei einem in einer Schutzzone gelegenen Gebäude die Erneuerung alter, nicht mehr dem Stand der Technik entsprechender Fenster und Türen, oder schadhafter Fensterstöcke als Maßnahme der Erhaltung dem § 3 Abs 1 MRG iVm § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 unterstellt werden (5 Ob 144/05w; vgl

auch HLöcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ Rz 50 zu § 28 WEG 2002 mwN; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 28 WEG Rz 7). Soweit der Antragsteller geltend macht, der von der Mehrheit beschlossene Einbau von Kunststofffenstern zerstöre den Jugendstilcharakter des Gebäudes und beeinträchtige dessen ästhetischen Wert, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt. Danach weist die Fassade im Lichthof keine Jugendstilelemente auf, sodass die ästhetische Bedeutung des Hauses nur in der – von der Maßnahme nicht betroffenen – straßenseitigen Fassade liegt.

2.3 Es mag zutreffen, dass Kunststofffenster bzw -türen nicht nur Vorteile gegenüber einer vergleichbaren Holzkonstruktion haben. „Krasse“ Verstöße gegen die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit und damit eine im Einzelfall (vgl RIS-Justiz RS0120092 [T1]; 5 Ob 112/15d) allenfalls aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts sind aber mit dem Verweis auf eine – durch den festgestellten Sachverhalt nicht belegte – geringere Lebensdauer von Kunstoffkonstruktionen schon in Hinblick auf die gegenüber einer Sanierung der Holzkastenfenster und -türen deutlich geringeren Kosten nicht angesprochen. Mit seinem Verweis auf allfällige Kältebrücken und eine dadurch mögliche Schimmelbildung spricht der Revisionsrekurswerber Mängel in der Werkausführung an, die aber schon begrifflich eine Rechtsunwirksamkeit der ihr vorangegangenen Beschlussfassung nicht bewirken können.

3. Mit seinen Ausführungen, dass der Austausch der Fenster tatsächlich teurer komme als die Sanierung der Holzkastenfenster, bekämpft der Revisionsrekurswerber in unzulässiger Weise die vom Rekursgericht bestätigte Beweiswürdigung des Erstgerichts (vgl RIS-Justiz RS0043371 [T22]; RS0069246 [T1, T2]). Eine Auseinandersetzung mit den von ihm zur Stützung seines diesbezüglichen Standpunkts vorgetragenen Argumenten ist dem Obersten Gerichtshof, der auch im Außerstreitverfahren nicht Tatsacheninstanz ist (RIS‑Justiz RS0007236), aber verwehrt.

4. Das außerordentliche Rechtsmittel des Antragstellers ist damit zurückzuweisen, ohne dass es noch einer weitergehenden Begründung bedarf (§ 52 Abs 2 WEG iVm § 71 Abs 3 AußStrG).

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