OGH 6Ob185/16y

OGH6Ob185/16y24.10.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*****‑GmbH, *****, vertreten durch Bock Fuchs Nonhoff Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Hule Bachmayr‑Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Übergabe eines Bestandgegenstands über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 11. Mai 2016, GZ 38 R 315/15b‑28, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00185.16Y.1024.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Befristung bei einem Mietvertrag nach § 29 Abs 1 Z 3 MRG ist die Einhaltung der Schriftform. Dies bedeutet, dass eine die Vereinbarung des unbedingten, durch Datum oder Fristablauf von vornherein bestimmten Endtermins dokumentierende Urkunde von beiden Vertragsteilen unterfertigt sein muss oder unterfertigte Anbot‑ und Annahmeerklärungen derartigen Inhalts vorliegen müssen (RIS‑Justiz RS0112243, RS0017238, RS0017247, RS0017232; Dullinger in Rummel/Lukas, ABGB4 § 886 Rz 9). Eine schriftliche Vertragserklärung des Mieters, der eine formlose (korrespondierende) Vertragserklärung des Vermieters gegenübersteht, genügt nicht für das Entstehen einer durchsetzbaren Befristung. Vielmehr wird verlangt, dass sowohl der Mieter als auch der Vermieter ihre Erklärungen schriftlich abgeben (RIS‑Justiz RS0101797, RS0112243).

1.2. Es bedarf daher unter Berücksichtigung des allgemeinen Maßstabs des § 886 ABGB zur Schaffung eines durchsetzbaren Endtermins grundsätzlich der eigenhändigen Unterfertigung der Urkunde (RIS‑Justiz RS0078934), die die Befristungsvereinbarung enthält, durch beide Parteien des Mietvertrags (Vonkilch in Hausmann/Vonkilich 3 § 29 MRG Rz 23; Würth/Zingher/Kovanyi I23 § 29 MRG Rz 12; P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB4 § 886 Rz 1; RIS‑Justiz RS0017232).

2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass die im Korrespondenzweg dokumentierte, jedoch nur mündlich getroffene (und nicht von beiden Parteien unterfertigte) Verlängerungsvereinbarung dem Schriftlichkeitsgebot des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG nicht genügt und die angestrebte Befristung der Vertragsverlängerung somit nicht wirksam geworden ist (6 Ob 25/00w). Dass es sich im vorliegenden Fall um „Anwaltskorrespondenz“ handelte, vermag keine unterschiedliche Beurteilung zu bewirken, unterscheidet das österreichische Recht doch bei rechtsgeschäftlichen Erklärungen insoweit nicht danach, ob diese von einer Vertragspartei selbst oder ihrem Rechtsvertreter verfasst wurden. Im vorliegenden Fall liegt im Übrigen gar keine rechtsgeschäftliche Erklärung vor, sondern nur ein Bericht des jeweiligen Rechtsvertreters an die eigene Mandantschaft. Wenn das Berufungsgericht in dieser Vorgangsweise mangels aktuellen Abschlusswillens der Rechtsvertreter der Vertragsparteien keine schriftliche Vereinbarung im Sinne des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG erblickte, ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

3. Ob Rechtsmissbrauch vorliegt, ist eine stets nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage, der daher in der Regel nicht die Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukommt. Im Übrigen schließt die Wahrung und Verfolgung von Rechten aus einem Bestandvertrag im Allgemeinen die Annahme einer schikanösen Rechtsausübung aus (RIS‑Justiz RS0020954).

4. Damit bringt die Revision aber keine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

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