OGH 4Ob60/16a

OGH4Ob60/16a26.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers A***** M*****, e.U., *****, vertreten durch Rechtsanwälte Steflitsch OG in Oberwart, gegen die Beklagte T***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 43.200 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), über die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 2. Februar 2016, GZ 1 R 203/15b‑40, womit das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 3. November 2015, GZ 3 Cg 60/15p‑34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00060.16A.0926.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil – einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile – wie folgt zu lauten hat:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu unterlassen, in ihren periodischen Druckwerken, insbesondere in ihren Printmedien 'P*****' und 'T*****', Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, zu veröffentlichen, sofern diese Veröffentlichungen nicht als 'Anzeige', 'entgeltliche Einschaltung', 'Werbung' oder in sinngleicher Weise gekennzeichnet sind, es sei denn, dass Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung solcher Veröffentlichungen ausgeschlossen werden können.

2. Das darüber hinausgehende Begehren, die Beklagte sei schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu unterlassen, in ihren periodischen Druckwerken, insbesondere in ihren Printmedien 'P*****' und 'T*****', unentgeltliche redaktionell gestaltete Anzeigen oder unbezahlte Werbung zu veröffentlichen, sofern diese Veröffentlichungen nicht als 'Anzeige', 'entgeltliche Einschaltung' oder als 'Werbung' oder in sinngleicher Weise gekennzeichnet sind, wird abgewiesen.

3. Der Kläger wird ermächtigt, den Spruch des Urteils im stattgebenden Umfang ohne Kostenentscheidung innerhalb von sechs Monaten ab dessen Rechtskraft auf Kosten der beklagten Partei in halbseitigen Einschaltungen in jeweils einer Ausgabe der Printmedien 'P*****' und 'T*****' veröffentlichen zu lassen, und zwar mit fettgedruckter Überschrift 'IM NAMEN DER REPUBLIK', mit Fettumrandung sowie mit fettgedruckter Bezeichnung der Verfahrensparteien.

4. Das Mehrbegehren auf Veröffentlichung auch der Kostenentscheidung wird abgewiesen.

5. Das darüberhinausgehende Veröffentlichungs-begehren, insbesondere des Inhaltes, der Kläger werde ermächtigt, den Urteilsspruch dieses Verfahrens innerhalb von sechs Monaten ab dessen Rechtskraft im stattgegebenen Umfang auf Kosten der beklagten Partei in ganzseitigen Einschaltungen in jeweils einer Ausgabe der Printmedien 'B*****' und 'B*****' veröffentlichen zu lassen, und zwar mit fettgedruckter Überschrift 'IM NAMEN DER REPUBLIK', mit Fettumrandung sowie mit fettgedruckter Bezeichnung der Verfahrensparteien, wird abgewiesen.

6. Die Entscheidung über die Kosten des Hauptverfahrens aller drei Instanzen bleibt dem Erstgericht vorbehalten.“

 

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind jeweils Medieninhaber, Herausgeber und Verleger von periodischen Druckwerken (Gratis-Zeitungen), die in einander zum Teil überschneidenden Gebieten verbreitet werden. Die Printmedien der Beklagten enthalten regelmäßig nicht nur entgeltliche Werbeeinschaltungen, sondern auch einen hohen Anteil an redaktionellen Beiträgen. Sie erscheinen monatlich und werden im jeweiligen Verbreitungsgebiet an jeden einzelnen Haushalt verteilt.

In der Ausgabe eines der Medien der Beklagten vom März 2015 hatten die Seiten 18, 28, 29, 31, 37, 42 bis 45 folgendes Aussehen:

 

 

Für das Erscheinen der gesamten Seite 42, bestehend aus einem klassischen Inserat in der unteren Seitenhälfte und dem von einem Redakteur der Beklagten verfassten Bericht mit dem Titel „Hausmesse für Zweiradspezialisten: Ausstattungs‑Abverkauf“ in der oberen Seitenhälfte, zahlte der dort genannte Unternehmer an die Beklagte 718,20 EUR. Er hatte mit der Vertreterin der Beklagten das Erscheinen eines Artikels und eines Inserats gegen Bezahlung eines Gesamtentgelts vereinbart. Auch der auf Seite 43 beworbene Unternehmer zahlte einen gleich hohen Betrag für diese Seite, deren Inhalt mit ihm besprochen wurde, bestehend aus einem klassischen Inserat in der unteren Seitenhälfte und einem von einem Redakteur der Beklagten verfassten Bericht mit dem Titel „M***** übergibt die erste verkaufte Scrambler von Ducati“ in der oberen Seitenhälfte, an die Beklagte. Für die Veröffentlichung der übrigen Artikel wurde von den darin vorgestellten Unternehmern jeweils kein Entgelt bezahlt.

In der Ausgabe eines anderen Mediums der Beklagten vom April 2015 hatten die Seiten 23, 27, 38 und 40 folgendes Aussehen:

 

Die Veröffentlichung des von Redakteuren der Beklagten verfassten Artikels auf der oberen Hälfte von Seite 23 mit der Überschrift „Fotostudio, Ton- und Lichttechnik sowie Eventtechnik aus einer Hand“ erfolgte unentgeltlich; für das darunter abgedruckte Gemeinschafts-Inserat der Unternehmen „m*****“ und „W*****“ zahlten die beworbenen Unternehmen gemeinsam ein Entgelt von 353,44 EUR an die Beklagte. Nicht festgestellt werden konnte, ob der Beklagten für die Veröffentlichung der von Redakteuren der Beklagten verfassten Artikel auf Seite 38 („Wasser ist die Kohle der Zukunft: Wasserstoff unterstützt die Heizung“) und auf Seite 27 („Die Aspanger Firma E***** hilft bei der innovativen Energiespeicherung“) ein Entgelt oder sonst ein Vermögensvorteil zufloss, oder ob die Beiträge unentgeltlich erschienen sind. Die Veröffentlichung des von einem Redakteur der Beklagten verfassten Artikels auf Seite 40 („Erwin Vollnhofer – ein Virtuose, wenn es um Lebensräume geht“) erfolgte unentgeltlich. Das auf der selben Seite unten links abgedruckte Inserat stand in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Artikel auf der oberen Seitenhälfte.

Der Kläger begehrte zuletzt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken, insbesondere in ihren beiden näher bezeichneten Printmedien, zu unterlassen, Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, sowie unentgeltliche redaktionell gestaltete Anzeigen oder unbezahlte Werbung in ihren periodischen Druckwerken zu veröffentlichen, sofern diese Veröffentlichungen nicht als „Anzeige“, „entgeltliche Einschaltung“ oder als „Werbung“ oder in sinngleicher Weise gekennzeichnet sind, es sei denn, dass Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung solcher Veröffentlichungen ausgeschlossen werden können. Darüber hinaus begehrte der Kläger die Ermächtigung, „den Urteilsspruch dieses Verfahrens“ innerhalb von sechs Monaten ab dessen Rechtskraft im stattgebenden Umfang auf Kosten der Beklagten in ganzseitigen Einschaltungen in jeweils einer Ausgabe seiner eigenen beiden Printmedien sowie jener beiden der Beklagten veröffentlichen zu lassen, und zwar mit fettgedruckter Überschrift „IM NAMEN DER REPUBLIK", mit Fettumrandung sowie mit fettgedruckter Bezeichnung der Verfahrensparteien.

Der Kläger brachte vor, die Beklagte habe die aus den erstgerichtlichen Feststellungen ersichtlichen Artikel veröffentlicht. Dabei handle es sich um entgeltliche Einschaltungen, die als redaktionelle Beiträge getarnt und nicht gemäß § 26 MedienG gekennzeichnet worden seien. Dem Großteil dieser Veröffentlichungen sei gemeinsam, dass zwar in diesen Ausgaben Unternehmen sehr wohl Inseratenplätze gegen Entgelt gebucht hätten, dass aber die Beklagte – jeweils als Gegenleistung für das Werbeentgelt – dann nicht nur das Inserat selbst, sondern jeweils auch noch einen besonderen „PR-Artikel“ – tendenziell zugunsten des jeweiligen Inserenten – in einer typisch redaktionellen Aufmachung platziert habe. Dadurch werde der Leser in beiden Medien der Beklagten in die Irre geführt, weil ihm reine Werbeinhalte als redaktionelle Beiträge, in die regelmäßig ein deutlich höheres Vertrauen des Lesers gesetzt werde, „untergejubelt“ würden. Die Beklagte verschaffe sich auf diese Art und Weise einen unlauteren Wettbewerbsvorteil und verstoße dadurch insbesondere gegen die §§ 1, 2, 3 und 9a Abs 1 Z 2 UWG. Selbst unter der Annahme, dass sich unter den demonstrativ angeführten Verstößen der Beklagten unentgeltliche redaktionell gestaltete Veröffentlichungen befänden bzw unbezahlte Werbung in Gestalt redaktioneller Berichterstattung vorliege, verstoße die Beklagte gegen Bestimmungen des UWG, weil auch solche Beiträge eine Täuschung über ihren Charakter als Werbung herbeiführten. Die Beklagte betreibe auf diese Weise „Schleichwerbung“, durch die außerdem ein übertriebenes Anlocken von Werbekunden bewirkt werde.

Die Beklagte wendete ein, für die beanstandeten Artikel sei kein Entgelt im Sinne des § 26 MedienG bezahlt worden, es handle sich um unentgeltliche redaktionelle Artikel. Die Beklagte nehme besondere Vorfälle und Anlässe (wie Veranstaltungen von Firmen, bei denen jene teilweise auch entgeltliche Einschaltungen machten) bisweilen– keineswegs aber immer oder auch nur üblicherweise – zum Anlass, redaktionelle Artikel über lokale Unternehmen zu publizieren. Die genannten redaktionellen Beiträge seien nicht kennzeichnungspflichtig im Sinne des § 26 MedienG.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren antragsgemäß statt. Es erteilte weiters die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in den beiden Printmedien der Beklagten im Umfang nur jeweils einer halben Seite; das darüber hinausgehende Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auch in den beiden Printmedien des Klägers wies das Erstgericht unbekämpft ab. Die Beklagte sei zumindest betreffend die beiden Artikel mit den Titeln „Hausmesse für zwei Radspezialisten: Ausstattungs-Abverkauf“ und „M***** übergibt die erste verkaufte Scrambler von Ducati“ ihrer Kennzeichnungspflicht nach § 26 MedienG nicht nachgekommen; diese Artikel seien gegen Entgelt veröffentlicht und nicht gekennzeichnet worden. Sowohl ihrem äußeren Erscheinungsbild als auch ihrem Inhalt nach handle es sich um redaktionelle Beiträge. Durch Gestaltung oder Anordnung der Artikel seien Zweifel über die Entgeltlichkeit nicht ausgeschlossen. Es lägen daher Wettbewerbsverstöße im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 UWG vor.

Aber auch unentgeltliche (nicht gekennzeichnete und redaktionell getarnte) Wirtschaftswerbung verstoße aus den für die Einführung des § 26 MedienG maßgeblichen Erwägungen gegen § 1 UWG. Eine dadurch bewirkte Täuschung des Publikums verletze den das Wettbewerbsrecht prägenden Offenkundigkeitsgrundsatz und den Wahrheitsgrundsatz. Es sei wettbewerbswidrig, eine Werbemaßnahme so zu tarnen, dass sie dem Umworbenen nicht erkennbar werde. Unter § 1 UWG fielen auch Fälle, bei denen der Angesprochene schon darüber getäuscht werde, dass er überhaupt Adressat einer Werbebotschaft sei. Sämtliche der aus dem Sachverhalt ersichtlichen und vom Kläger ins Treffen geführten Artikel seien aufgrund ihrer Art und Aufmachung nicht schon bei flüchtiger Betrachtung als Werbung erkennbar, sondern erschienen - zumindest aufs Erste - als redaktionelle Berichte. Es lägen somit auch hinsichtlich der unentgeltlichen Beiträge Wettbewerbsverstöße der Beklagten vor.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, soweit sie entgeltliche Veröffentlichungen ohne Kennzeichnung, die nicht zweifelsfrei als entgeltlich erkennbar sind, verbietet (dieses stattgebende Teilbegehren blieb in dritter Instanz unbekämpft); im Übrigen gebot es der Beklagten, es zu unterlassen, namentlich aufgezählte entgeltliche und unentgeltliche redaktionell gestaltete Beiträge oder Berichte in ihren periodischen Druckwerken zu veröffentlichen, in denen Unternehmen oder Produkte Dritter beworben werden, sofern diese Veröffentlichungen nicht als Anzeige, entgeltliche Einschaltung, Werbung oder sinngleich gekennzeichnet sind, es sei denn, dass Zweifel daran durch Gestaltung oder Anordnung solcher Veröffentlichungen ausgeschlossen werden können. Das darüber hinausgehende Unterlassungsbegehren, der Beklagten unter den genannten Umständen unentgeltliche redaktionell gestaltete Anzeigen oder unentgeltliche Werbung ganz allgemein zu verbieten, wies das Berufungsgericht ab.

Redaktionell getarnte Wirtschaftswerbung, möge sie auch unentgeltlich erfolgen, sei eine Täuschung des Umworbenen und verstoße gegen § 1 UWG. Werbemaßnahmen müssten den Adressaten als solche erkennbar sein. Zwar seien Journalisten grundsätzlich nicht verpflichtet, über Unternehmen ausgewogen und sachlich zu berichten, und die faktische Werbewirkung für Unternehmen in redaktionellen Äußerungen über deren Waren und Dienstleistungen sei hinzunehmen. Allerdings bestehe bei redaktionellen Inhalten ein „Übermaßverbot“ (Verbot des Überhangs an werblichen Elementen) nach den Umständen des Einzelfalls. Sofern Inhalt, Darstellung und Aufmachung eine geschäftliche Handlung nicht unmittelbar erkennbar machten, sei eine besondere inhaltliche Kennzeichnung der Handlung als geschäftlich motiviert erforderlich. So sei bei einer redaktionellen Äußerung mit „werblichem Überschuss“ der kommerzielle Charakter etwa mit dem Wort „Gratiswerbung“ zu kennzeichnen. Wenn für das Verfassen eines Artikels von dem darin beworbenen Unternehmen ein Entgelt an die Beklagte bezahlt worden sei, werde bei Nichtkennzeichnung zusätzlich § 26 MedienG und UWG Anh Z 11 verletzt, und es liege Rechtsbruch nach § 1 UWG vor.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und die Revision mangels gesicherter Rechtsprechung zum Beurteilungsmaßstab für die Verletzung des Transparenzgebots durch (auch unentgeltliche) redaktionell getarnte Wirtschaftswerbung zulässig sei.

Die Beklagte bekämpft mit Revision das Unterlassungsgebot, soweit es ihr die nicht als Werbung oder Anzeige gekennzeichnete Veröffentlichung von unentgeltlichen redaktionellen Beiträgen untersagt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

1.1. Gemäß § 26 MedienG müssen Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, in periodischen Medien als „Anzeige“, „entgeltliche Einschaltung“ oder „Werbung“ gekennzeichnet sein, es sei denn, dass Zweifel über die Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden können.

1.2. Diese Kennzeichnungspflicht erfasst nur entgeltliche Veröffentlichungen, nicht auch Veröffentlichungen aus bloßer Gefälligkeit; damit soll die für die Strafsanktion notwendige eindeutige Abgrenzung ermöglicht werden (Frohner/Haller, MedienG6 § 26 Rn 5 unter Hinweis auf den JAB).

1.3. § 26 MedienG und UWG Anh Z 11 enthalten im Kern dieselben Gebote bzw Verbote; insoweit kann § 26 MedienG als von der RL‑UGP gedeckt angesehen werden (4 Ob 62/09k).

1.4. Sowohl § 26 MedienG als auch UWG Anh Z 11 knüpfen an die Entgeltlichkeit der Veröffentlichungen an. UWG Anh Z 11 verpönt als irreführende Geschäftspraktik das Einsetzen redaktioneller Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung, wenn der Gewerbetreibende diese Verkaufsförderung bezahlt, ohne dass dies aus dem Inhalt oder aus für den Verbraucher klar erkennbaren Bildern und Tönen eindeutig hervorgehen würde (als Information getarnte Werbung).

1.5. Demgegenüber besteht ein ausdrückliches gesetzliches Kennzeichnungsgebot für unentgeltliche Werbung in redaktionellen Beiträgen periodischer Medien nicht.

2.1. In der (noch vor der RL‑UGP ergangenen) Entscheidung 4 Ob 60/92 (= MR 1992, 255 [zust Korn]) hatte der Oberste Gerichtshof unentgeltliche, redaktionell gestaltete Anzeigen zu beurteilen, die von einem Inseratenauftrag losgelöste Gratisgaben an Inseratenkunden waren und ihrer Gestaltung nach selbst vom flüchtigen Leser von vornherein als Werbemitteilung und nicht als redaktionelle Beiträge aufgefasst werden konnten; der Senat erkannte darin eine Form der „Wertreklame“, die ohne Hinzutreten weiterer Unlauterkeitskriterien für sich allein noch nicht wettbewerbswidrig ist. Im Zusammenhang dieser – hier nicht einschlägigen – Entscheidung sprach der Oberste Gerichtshof weiters aus, dass unbezahlte Werbung in Gestalt redaktioneller Berichterstattung eine Täuschung des Publikums über ihren wahren Charakter als Werbung bewirken kann, wenn sie bei flüchtiger Betrachtung wie ein Beitrag des redaktionellen Teils erscheint.

2.2. Eine gesetzliche Sonderregelung zur aktiven und passiven Klagelegitimation für einen besonderen Fall der Irreführung nach § 2 UWG enthält § 3 UWG. Empfiehlt eine Zeitung in einem redaktionellen Artikel bestimmte Unternehmen, so besteht der gegen den Eigentümer oder Herausgeber gerichtete Unterlassungsanspruch nach § 3 UWG nicht nur bei Vorliegen einer irreführenden Geschäftspraktik in Bezug auf die empfohlenen Unternehmen, sondern auch bei einer pauschalen Herabsetzung von deren Mitbewerbern (4 Ob 127/08t = RIS‑Justiz RS0124066). Ein Kennzeichnungsgebot für unentgeltliche Werbung in redaktionellen Beiträgen kann auch aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden.

2.3. Nach dem bisher Gesagten ist somit festzuhalten, dass ein ausdrückliches gesetzliches Kennzeichnungsgebot für unentgeltliche Werbung in redaktionellen Beiträgen periodischer Medien nicht besteht, wie nicht nur ein Umkehrschluss aus § 26 MedienG und UWG Anh Z 11 nahelegt, sondern auch systematische Überlegungen auf Grund der Sonderregel des § 3 UWG für redaktionelle Mitteilungen in Zeitungen zeigen, die das hier zu beurteilende Verhalten lauterkeitsrechtlich nicht sanktioniert.

3. Das als „Schleichwerbung“ beanstandete Verhalten der Beklagten in redaktionellen Beiträgen ist auch unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG nicht unlauter.

3.1. § 26 MedienG wurde aus der Erwägung eingeführt, dass redaktionellen Beiträgen vom Leserpublikum ein größeres Vertrauen entgegengebracht wird als Anzeigen, weil letztere offensichtlich den Interessen deren dienen, die dafür zahlen (4 Ob 60/92).

Die vor mehr als zwanzig Jahren in Rechtsprechung und Schrifttum vertretene Auffassung, dass der Verbraucher bei der offenen Werbung in Rechnung stellt, dass sie stets subjektiv gefärbt ist, und deshalb geneigt ist, gewisse Abstriche zu machen, während er Stellungnahmen von „neutraler Seite“ – Zeitungsberichten, Reportagen in Funk oder Fernsehen, Äußerungen der Wissenschaft – oft unbegrenztes Vertrauen entgegenbringt (Nordemann, Wettbewerbsrecht6, 59 Rz 64, zitiert in 4 Ob 60/92), gilt in dieser Allgemeinheit nicht mehr: Der durchschnittlich aufmerksame und kritische Leser geht heute davon aus, dass auch redaktionelle Beiträge in periodischen Medien nicht „neutral“ sind und keine absolute Objektivität in Anspruch nehmen können, weil sie von – zumeist auch namentlich genannten – Journalisten stammen, die ihre persönliche Meinung zum Ausdruck bringen, sei es in politischen, wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Belangen.

3.2. Besteht demnach – anders als im Fall 4 Ob 60/92 – für den Durchschnittsleser am Charakter der beanstandeten Veröffentlichungen als redaktionelle Beiträge kein Zweifel, bedarf es im Fall der Unentgeltlichkeit dieser Beiträge unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebots (§ 1 UWG) auch dann keiner zusätzlichen Aufklärung des Publikums durch Kennzeichnung, wenn der Beitrag aus Gefälligkeit Äußerungen kommerziellen Charakters mit „werblichem Überschuss“ enthält.

4. Das allein auf die Kennzeichnung von Gratiswerbung in redaktionellen Beiträgen zielende noch strittige Unterlassungsbegehren erweist sich damit als unbegründet. Der Revision der Beklagten ist somit Folge zu geben und das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das auf Untersagung nicht gekennzeichneter Veröffentlichung unentgeltlicher redaktionell gestalteter Anzeigen oder unbezahlter Werbung gerichtete Unterlassungsbegehren abzuweisen ist.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO. Das Berufungsgericht hat die Kostenentscheidung dem Erstgericht vorbehalten.

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