European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00073.16H.0906.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gründe:
Der Sachverständige Prof. Mag. Rudolf S***** sprach mit Gebührennote vom 9. September 2014 (ON 100) für seine Tätigkeit im Strafverfahren 112.791 Euro an, wobei er an Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften (§ 30 GebAG) 80.981,25 Euro verzeichnete.
Mit Beschluss vom 6. November 2014 (ON 112) bestimmte das Landesgericht Eisenstadt die Gebühr für Mühewaltung (§ 34 GebAG) und die sonstigen Kosten (§ 31 GebAG) antragskonform, sprach aber an Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften (§ 30 GebAG) bloß 68.406,25 Euro zu.
Letzteren Ausspruch hob das Oberlandesgericht Wien aus Anlass der Beschwerden des Beschuldigten und des Sachverständigen mit Beschluss vom 23. Jänner 2015 (ON 120) zwecks Konkretisierung der Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften auf.
Nach Einholung einer entsprechenden Auskunft des Sachverständigen Prof. Mag. S***** bestimmte das Landesgericht Eisenstadt diese Kosten mit Beschluss vom 24. März 2015 (ON 128) mit 56.076 Euro.
In Stattgebung der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschuldigten sprach das Oberlandesgericht Wien dem Sachverständigen Prof. Mag. S***** (unter Ablehnung seiner Beschwerde) mit Beschluss vom 13. Mai 2015, AZ 18 Bs 112/15z, an Kosten für die Beiziehung von Hilfskräften (§ 30 GebAG) 25.620 Euro zu.
In ihrer gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Eisenstadt vom 24. März 2015 (ON 128) sowie des Oberlandesgerichts Wien vom 23. Jänner 2015, AZ 18 Bs 369/14t (ON 120 der Hv‑Akten) und vom 13. Mai 2015, AZ 18 Bs 112/15z, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§ 23 StPO) erachtet die Generalprokuratur § 30 Z 1 GebAG aufgrund folgender Überlegungen verletzt:
Gemäß § 30 GebAG sind dem Sachverständigen die Kosten für Hilfskräfte so weit zu ersetzen, als deren Beiziehung nach Art und Umfang der Tätigkeit unumgänglich notwendig sind. Diese umfassen gemäß Z 1 leg. cit. „die Kosten, die der Sachverständige für die Arbeitsleistung der Hilfskräfte aufwenden muss, soweit sie das übliche Ausmaß nicht übersteigen“. Damit ist vom Gericht lediglich zu prüfen, ob der Sachverständige einerseits (zivilrechtlich) verpflichtet ist, ein bestimmtes („Leasing“)Entgelt zu entrichten und andererseits dieses auch tatsächlich bezahlt hat (zum Erfordernis der Leistung Krammer/Schmidt, SDG‑GebAG3 § 30 E 49; auch E 38, 40).
Die einzige vom Gesetz vorgesehene Grenze ist das Übersteigen des „üblichen Ausmaßes“, die anhand eines Vergleiches mit Entgeltzahlungen bei gleichgelagerter Sachlage zu gewinnen ist. Im Falle des Unterbleibens eines Nachweises der Personalkosten wären Durchschnittswerte zu berücksichtigen (Krammer/Schmidt aaO E 45). Das Erfordernis einer Aufgliederung pauschal von einem Dritten dem Sachverständigen verrechneten Hilfskraftkosten wurde vom Obersten Gerichtshof (in Verwerfung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes) verneint (13 Os 70/05a), sodass einer Bestimmung der Gebühren ohne weiteres Aufklärungsverfahren keinen Bedenken begegnete. Bescheinigungen dazu, dass der Sachverständige andere Hilfskräfte preisgünstiger heranziehen hätte können, überschreitet nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs die Grenze der Zumutbarkeit (selbst dann, „wenn der Kostenersatz für den Prosekturgehilfen höher sei, als das GebAG dem gerichtlichen Sachverständigen für eine Leichenöffnung samt Befund und Gutachten zugestehe [§ 43 Abs 1 Z 2 GebAG]“ [13 Os 70/05a]).
Demgegenüber ist die Forderung, die tatsächlichen Personalkosten des Dritten zu bescheinigen, vom Gesetz nicht gedeckt und wird von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs (bislang) abgelehnt.
Das in concreto vorliegende Insichgeschäft des einzigen Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren einziger Gesellschafter er selbst ist (Einmanngesellschaft), in deren Namen mit sich selbst ist zulässig und wirksam, wie durch die Anfügung der Absätze 5 und 6 an § 18 GmbHG durch das mit 1. Juli 1996in Kraft getretene EU‑Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz (BGBl 1996/304) ausdrücklich klargestellt wurde. Dass bei einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft die Zurverfügung-stellung stundenweiser Arbeitsleistung zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb zählt, ist unzweifelhaft, sodass die Errichtung einer Urkunde darüber nicht erforderlich ist, soweit zu „geschäftsüblichen Bedingungen“ abgeschlossen wird (§ 18 Abs 6 GmbHG). Eben diese geschäftsüblichen Bedingungen lassen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien außer Acht, indem sie bloß die Erstattung der reinen Personalkosten an die GmbH für zulässig erachten.
Die Qualifikation als „Umgehungsgeschäft“ scheitert jedoch daran, dass keineswegs ein Rechtsverhältnis so gestaltet wird, um den vom Gesetz verpönten Erfolg (weitgehend) zu erreichen (vorliegend: die Gründung einer Einmanngesellschaft zum Zwecke der Erzielung eines Gewinnes durch Beiziehung von Hilfskräften). Im Ergebnis verlangt das Beschwerdegericht vom Sachverständigen, sich von dritter Seite Leistungen zuzukaufen oder mit „seiner eigenen“ Gesellschaft unterpreisig zu kontrahieren und das Personal dieser Gesellschaft zu bloßen Selbstkosten in Anspruch zu nehmen. Im Falle der tatsächlichen Bezahlung des üblichen Stundensatzes durch den Sachverständigen an die Gesellschaft – sei es auch in Form bloß einer Verbuchung am Verrechnungskonto, was beides dem Akt nicht entnommen werden kann (siehe aber „Journal für die Honorarnote Nr. 1725 vom 9. September 2014“ ON 110 S 39 ff) – hätte er die Kosten selbst zu tragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Die Bestimmung (§ 39 GebAG) der einem Sachverständigen erwachsenen Kosten für die Arbeitsleistung von Hilfskräften (§ 30 Z 1 GebAG) ist eine richterliche Ermessensentscheidung (Krammer/Schmidt, SDG‑GebAG3 § 30 GebAG Anm 5 mwN, E 11, E 44 und E 62; Krammer in Fasching/Konecny 2 Anh § 365 ZPO Rz 12).
Ermessensentscheidungen sind der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§ 23 StPO) nur insoweit zugänglich, als allenfalls bestehende Ermessensschranken überschritten wurden oder das eingeräumte Ermessen willkürlich gebraucht wurde (Fabrizy, StPO12 § 23 Rz 3; Ratz, WK‑StPO § 292 Rz 7 f; Schroll, WK‑StPO § 23 Rz 5 f; Ullrich in Schmölzer/Mühlbacher, StPO § 23 Rz 3).
Da § 30 Z 1 GebAG für das richterliche Ermessen keine Untergrenze vorsieht und die Generalprokuratur Willkür im Ermessensgebrauch nicht behauptet, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
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