European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00155.16M.0830.000
Spruch:
1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird gemäß § 235 ZPO von „Ruhender Nachlass nach M***** S*****“ infolge deren Einantwortung mit Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 2. 6. 2016 (GZ 10 A 76/15b‑24) auf Mag. (FH) P***** S***** und C***** S***** richtig gestellt.
2. Die Revision wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit 2.459,23 EUR (darin 409,87 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:
Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob von einer wirtschaftlichen Zweckgleichwertigkeit des Geschäfts im Sinn des § 6 Abs 3 MaklerG auch dann auszugehen ist, wenn der Abschluss eines Geschäfts nach dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ zwar über das Vertragsobjekt, jedoch mit einer vom Auftraggeber des Maklers verschiedenen Person erfolgt und der Auftraggeber an dieser Person lediglich als Minderheitsgesellschafter beteiligt ist.
1. Nach § 6 Abs 3 MaklerG hat der Makler auch dann Anspruch auf Provision, wenn aufgrund seiner Tätigkeit zwar nicht das vertragsgemäß zu vermittelnde Geschäft, wohl aber ein diesem nach seinem Zweck wirtschaftlich gleichwertiges Geschäft zustande kommt. Ein wirtschaftlich gleichwertiges Geschäft ist dabei insbesondere dann anzunehmen, wenn es zwar dem im Maklervertrag vorgesehenen Typ entspricht, jedoch mit einer vom Auftraggeber des Maklers verschiedenen Person geschlossen wurde (RIS‑Justiz RS0106605, RS0062777). Ob dies der Fall ist, ist durch Vertragsauslegung (Noss, Maklerrecht4 [2014] 26; 1 Ob 91/98h) und aus Sicht des Geschäftsherrn (9 Ob 47/03g) zu ermitteln. Allgemeine Leitlinien, wann wirtschaftliche Zweckgleichheit vorliegt, können nicht aufgestellt werden (Gartner/Karandi, MaklerG² [2013] § 6 Rz 29; 1 Ob 240/06k); vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS‑Justiz RS0029698 [T6, T10, T13]), sodass regelmäßig auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (4 Ob 155/13t; RIS‑Justiz RS0042405).
2. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen haben der Rechtsvorgänger der Kläger und die Beklagte im April 2010 mündlich eine Provisionsvereinbarung getroffen, wonach ersterem im Fall der Vermittlung von Investoren für ein zu realisierendes Projekt einer Tiernahrungsfabrik auf einem bereits für das Projekt zur Verfügung stehenden Grundstück der Beklagten eine Provision von 2 % der vermittelten Gesamtinvestitionssumme zukommen sollte. Da die vom Rechtsvorgänger der Kläger beigebrachten Investoren das Projekt mit der Beklagten nicht umsetzen wollten, wurde eine weitere Gesellschaft gegründet, deren Geschäftsführer unter anderem der Geschäftsführer der Beklagten ist. Dieser erhielt für die Übertragung des Grundstücks an die neu gegründete Gesellschaft eine Beteiligung von 11 % an dieser. Das Projekt wurde auf diesem Grundstück verwirklicht, auf welches sich die Bewilligungen, Betriebsanlagengenehmigung, Baubewilligung und der gleichen bezogen haben. Die Investoren investierten im Jahr 2012 2 Mio EUR; zwischenzeitig ist das Investitionsvolumen auf 4 Mio EUR angewachsen.
Der Oberste Gerichtshof hat bei einem nahezu identen Sachverhalt bereits in der Entscheidung 4 Ob 155/13t (wobl 2014/112 [zust Kothbauer „Urform des zweckgleichwertigen Geschäfts“]; vgl auch 10 Ob 2119/96g) die Voraussetzungen des § 6 Abs 3 MaklerG als erfüllt angesehen. Davon abzugehen sieht der erkennende Senat keine Veranlassung. Dass es – wie die Beklagte in ihrer Revision offensichtlich meint – einer zumindest Mehrheitsbeteiligung des Geschäftsführers bedurft hätte, lässt sich diesen Entscheidungen nicht entnehmen, abgesehen davon, dass ihm als Geschäftsführer (auch) der neu gegründeten Betreibergesellschaft Einfluss auf deren Geschäftsgebarung zukommt.
3. Dem weiteren Einwand der Revision, die Parteien hätten § 6 Abs 3 MaklerG (stillschweigend) abbedungen, ist entgegenzuhalten, dass die Beklagte derartiges Vorbringen in erster Instanz nicht erstattete und somit nunmehr gegen das Neuerungsverbot verstößt.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Kläger haben in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.
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