European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0080OB00048.16S.0628.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Im erstinstanzlichen Verfahren stützte sich der Kläger primär auf die ausdrückliche Zusage der Beklagten, das größere Geschäftslokal (Nr 1), das zuvor (von Oktober 2009 bis Mai 2011) der Kläger selbst in Bestand genommen hatte, werde nur zum Betrieb einer Bar an einen neuen Bestandnehmer überlassen. Aus diesem Grund habe die Beklagte von ihm (vor seiner Übersiedlung in das kleinere Geschäftslokal Nr 2) den Rückbau seines früheren Geschäftslokals gewünscht, was auch geschehen sei. Beide Behauptungen haben sich allerdings nicht bewahrheitet.
In der außerordentlichen Revision beruft sich der Kläger nunmehr auf ein konkludentes Konkurrenzverbot, wobei er sich auf die Entscheidung 2 Ob 275/05p stützt. Außerdem behauptet er eine Verletzung der nebenvertraglichen Treuepflicht aufgrund der von ihm vorgenommenen Investitionen im neuen Geschäftslokal.
2.1 Auf einen ausdrücklichen vertraglichen Konkurrenzschutz kann sich der Kläger nicht erfolgreich berufen.
2.2 In der vom Kläger zitierten Entscheidung 2 Ob 275/05p wurde im gegebenen Zusammenhang Folgendes ausgeführt:
„Das Konkurrenzunternehmen befindet sich im selben Gebäude in unmittelbarer Nähe; der Vermieter ist identisch. Hier handelt es sich um drei kleine Geschäftslokale im Ein‑/Ausgangsbereich eines Großmarkts, die ursprünglich an Angehörige verschiedener Branchen vermietet waren. Wenn der Vermieter (Großmarktbetreiber) in dieser Konstellation ein Geschäftslokal an einen Konkurrenten eines der beiden anderen Mieter vermietet, so liegt eine besondere Ausnahmesituation (vgl 9 Ob 54/04p) vor, die eine Verschiebung des grundsätzlich vom Unternehmer zu tragenden Risikos, dass Dritte im Einzugsbereich seinen Geschäftserfolg beeinträchtigende Konkurrenzunternehmen eröffnen (vgl 1 Ob 113/02b), auf den Bestandgeber rechtfertigt. Ob dieses Ergebnis durch die Annahme eines schlüssig vereinbarten Konkurrenzschutzes oder durch ergänzende Vertragsauslegung gestützt werden könnte, kann auf sich beruhen.“
Diese Entscheidung betrifft die Frage der Zinsminderung gemäß § 1096 Abs 1 ABGB im Fall des Rückgangs des Geschäftserfolgs eines Bestandnehmers infolge Eröffnung von Konkurrenzunternehmen im Bereich des Bestandobjekts. Eine derartige Frage stellt sich im Anlassfall nicht. Davon abgesehen verweist diese Entscheidung vor allem auf 1 Ob 113/02b und 9 Ob 54/04p.
2.3 In der Entscheidung 1 Ob 113/02b hatte der verstärkte Senat ebenfalls die Frage der Berechtigung einer Zinsminderung gemäß § 1096 Abs 1 ABGB bei Verletzung eines im Bestandvertrag vorgesehenen Konkurrenzschutzes (einer Konkurrenzschutzklausel) zu beantworten. Für den Anlassfall kann aus dieser Entscheidung der Grundsatz entnommen werden, dass im Allgemeinen (ohne vertraglichen Konkurrenzschutz) der Bestandnehmer das Verwendungsrisiko und damit auch das Risiko trägt, dass Dritte im Einzugsbereich seinen Geschäftserfolg beeinträchtigende Konkurrenzunternehmen eröffnen, zumal eines der wesentlichen Elemente des Unternehmerrisikos der freie Wettbewerb ist. Der verstärkte Senat nahm zudem auf die Entscheidung 8 Ob 502/95 Bezug und führte dazu aus:
„In der Entscheidung 8 Ob 502/95 gelangte das Höchstgericht zum Schluss, sei das Pachtobjekt durch die Eröffnung eines Konkurrenzunternehmens weitgehend entwertet worden, so sei der Pächter – offenbar ganz allgemein – zur Zinsminderung berechtigt. Ob ein solcherart verallgemeinerndes Ergebnis, wofür spricht, dass der Verwendungszweck dann nahezu verfehlt wäre, die Erzielung eines gewissen Mindesterfolgs des Pächters aber wohl stets dem Vertragsabschluss zugrunde gelegt sein dürfte, allen denkbaren Fallvarianten gerecht werden könnte, muss hier nicht abschließend geklärt werden.“
In der Entscheidung 9 Ob 54/04p betonte der Oberste Gerichtshof das Verwendungsrisiko des Bestandnehmers und gelangte davon ausgehend zu folgendem Ergebnis:
„Wenn speziell im Innenstadtbereich, wo Kaffeehausbetriebe keine Seltenheit sind, ein Kaffeehausbetrieb gepachtet wird, muss von Anfang an damit gerechnet werden, dass in der Umgebung noch andere Konkurrenzbetriebe entstehen werden. [...] Die Vorinstanzen haben daher ohne Rechtsirrtum einen Vertragsinhalt oder eine Geschäftsgrundlage in der Form, dass in der Umgebung weitere Konkurrenzbetriebe nicht entstehen dürfen, zutreffend verneint.“
2.4 Es ergibt sich somit, dass das Unternehmerrisiko grundsätzlich der Bestandnehmer selbst zu tragen hat. Auf die Verfehlung des Verwendungszwecks und das Bestehen von Insolvenzgefahr (vgl 8 Ob 502/95 und 9 Ob 54/04p) hat sich der Kläger nicht berufen.
2.5 Für die Annahme eines konkludenten Konkurrenzverbots müssten konkrete Anhaltspunkte in diese Richtung bestehen, die auf einem eindeutigen Erklärungsverhalten der Beklagten basieren und den zwingenden Schluss zulassen müssten, dass ein entsprechender Rechtsfolgewille beider Parteien besteht (vgl RIS‑Justiz RS0109021). Die Vornahme von Investitionen durch den Kläger reicht dafür ebenso wenig aus, wie seine rein subjektive Annahme, im Geschäftslokal Nr 1 werde nur mehr ein Barbetrieb geführt. Für die Beurteilung ist maßgebend, ob der Bestandnehmer in der konkreten Situation aufgrund der Erklärungen oder des Verhaltens des Bestandgebers oder aufgrund besonderer Begleitumstände bei den Verhandlungen berechtigt darauf vertrauen durfte, dass er durch die Überlassung anderer Bestandobjekte an Dritte keiner Konkurrenzsituation (hier im Bezug auf gleiche oder gleichartige Speisen) ausgesetzt wird (vgl 9 Ob 54/04p).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Kläger hat zuvor im Geschäftslokal Nr 1 selbst eine Bar/Pizzeria betrieben. Vorher befand sich in diesem Geschäftslokal ebenfalls eine Pizzeria. Nach dem Auszug des Klägers war darin ein Kaffee/Bar/Imbiss‑Betrieb beheimatet, wobei teilweise auch (Tiefkühl‑)Pizzen verkauft wurden. Davon ausgehend ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger habe mit der „Einmietung“ eines vergleichbaren Gastronomiebetriebs (Konkurrenzunternehmens) im Geschäftslokal Nr 1 rechnen müssen, nicht korrekturbedürftig. Entgegen der Ansicht des Klägers vermag er keine Ausnahmesituation aufzuzeigen, die eine Verschiebung des Unternehmerrisikos auf die Beklagte als Bestandgeberin rechtfertigt. Nur am Rand bleibt anzumerken, dass vom neuen Betreiber des Geschäftslokals Nr 1 ein Pizza‑Verkauf gar nicht mehr beabsichtigt ist.
3. Schließlich kann sich der Kläger auch nicht auf die Verletzung einer nebenvertraglichen Treue‑ oder Sorgfaltspflicht berufen, die er selbst nicht näher zu konkretisieren vermag. Eine Verletzung der Pflicht zur Vertragstreue durch die Beklagte liegt ebenso wenig vor wie ein äußerer, durch das Verhalten der Beklagten geschaffener Vertrauenstatbestand. Dafür, dass die Beklagte durch ihr Verhalten ein schutzwürdiges (Verhandlungs‑)Vertrauen im Sinn einer berechtigten Erwartungshaltung des Klägers dahin erzeugt habe, er könne sich hinsichtlich seiner Investition in das neue Geschäftslokal Nr 2 vor Konkurrenz „in Sicherheit wiegen“, bestehen – auch im Vorbringen des Klägers – keine Anhaltspunkte. Darüber hinaus bedürfte ein besonderer „Investitionsschutz“ einer sondergesetzlichen oder vertraglichen Regelung. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagten sei keine Verletzung ihrer (neben‑)vertraglichen Pflichten anzulasten, ist damit ebenfalls nicht korrekturbedürftig. Richtig ist auch der Hinweis des Berufungsgerichts, dass die Investition des Klägers durch Einbau der neuen Zuluftanlage für die Entscheidung zum Lokalwechsel nicht maßgebend war, zumal ein solcher Einbau bei beiden Geschäftslokalen im Raum gestanden ist. Dem vom Kläger in diesem Zusammenhang neuerlich geltend gemachten sekundären Feststellungsmangel kommt keine Bedeutung zu.
4. Insgesamt gelingt es dem Kläger nicht, mit seinen Ausführungen eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
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