OGH 6Ob109/16x

OGH6Ob109/16x27.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden unddie Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Masser & Partner Rechtsanwälte Dr. R. Lirsch, Mag. F. Masser, Mag. E. Wimmer in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Mag. Theresa Freissmuth, Rechtsanwältin in Wien, als Verfahrenshelferin, wegen 4.469,13 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 16. März 2016, GZ 38 R 350/15z‑15, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00109.16X.0627.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

 

Begründung:

Nachdem der Beklagte Widerspruch gegen das Versäumungsurteil vom 28. 4. 2015 erhoben hatte, beraumte das Erstgericht nach einem Vertagungsantrag des Beklagten die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung für den 11. 9. 2015, 10:00 Uhr, an.

Um 9:26 Uhr des 11. 9. 2015 langte beim Erstgericht ein Telefax des Beklagten ein, worin er mitteilte krank zu sein und auf die gleichzeitig übermittelte ärztliche Bestätigung vom 10. 9. 2015 verwies.

Das Erstgericht erließ in der Tagsatzung vom 11. 9. 2015, zu der für den Beklagten niemand gekommen war, über Antrag der klagenden Partei ein klagestattgebendes Versäumungsurteil, nachdem es das Versäumungsurteil vom 28. 4. 2015 aufgehoben hatte.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Beklagten wegen Nichtigkeit und gab ihr im Übrigen nicht Folge.

Die außerordentliche Revision des Beklagten zeigt keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit. Es treffe nämlich nicht zu, dass der Antrag auf Fällung eines Versäumungsurteils zurückzuweisen gewesen wäre, weil die krankheitsbedingte Verhinderung des Beklagten durch die ärztliche Bestätigung, die der als Vertagungsantrag zu wertenden Mitteilung beigelegt worden sei, iSd § 402 Abs 1 Z 2 ZPO bei Gericht offenkundig gewesen wäre. Diese Bestimmung habe lediglich Naturereignisse oder andere offenkundige (§ 269 ZPO), die Allgemeinheit betreffende Ereignisse im Auge, während rein subjektive, nur die Person des Säumigen oder dessen engsten Lebenskreis berührende Hinderungsgründe wie etwa eine plötzliche Erkrankung die Verweigerung eines Versäumungsurteils nicht rechtfertigen könnten.

Entgegen der Ansicht des Beklagten, hängt die Entscheidung nicht von der Lösung der Frage ab, ob eine plötzliche Erkrankung als unabwendbarer Zufall iSd § 402 Abs 1 Z 2 ZPO zu werten ist. Vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeiten des Verfahrens erster Instanz, können mit Revision nicht geltend gemacht werden, liegt doch insoweit ein Beschluss des Berufungsgerichts vor, der gemäß § 519 ZPO unanfechtbar ist (RIS‑Justiz RS0042925).

Nach ständiger Rechtsprechung können vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz (hier: die Nichterledigung des Vertagungsantrags bilde keinen Verfahrensmangel, weil der Beklagte in der Mitteilung keine hinreichenden Gründe für eine Verlegung der Tagsatzung behauptet habe) nicht mehr in der Revision nach § 503 Z 2 ZPO gerügt werden (RIS‑Justiz RS0042963, RS0043111). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei, – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden (6 Ob 23/10s; RIS‑Justiz RS0042963 [T58], RS0043061 [T18]).

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