OGH 9ObA63/16d

OGH9ObA63/16d24.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn und Dr. Weixelbraun‑Mohr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Dr. Gerda Höhrhan‑Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** S*****, vertreten durch Dr. Holger Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Werner Loos, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 12. April 2016, GZ 10 Ra 16/16w‑18, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00063.16D.0624.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beurteilung der Frage, ob der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses zur Erprobung im Sinn des § 10a Abs 2 MSchG sachlich gerechtfertigt ist, kann im Wesentlichen nur anhand der konkreten Umstände im Einzelfall erfolgen. Sie stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0113735 [T9]).

Das Berufungsgericht hat die hier mit der Klägerin vereinbarte Befristung des Dienstverhältnisses auf insgesamt drei Monate (nach einem Probemonat zwei weitere Monate „zum Zweck der Erprobung“) mit zutreffenden Hinweisen auf die vorhandene Rechtsprechung zu § 10a MSchG als sachlich gerechtfertigt erachtet (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Klägerin sollte im Unternehmen der Beklagten als Hausverwalterin für einen Großkunden und insgesamt für mehr als 40 Häuser zuständig sein, wobei ihr sogleich 33 Häuser zur Verwaltung übertragen wurden und auch geplant war, die Klägerin in der Zukunft als Teamleiterin einzusetzen. Im Unternehmen der Beklagten ist es (zumindest seit 2010) üblich, zunächst eine dreimonatige Befristung für Mitarbeiter aus allen Bereichen vorzusehen. Bereits rund zwei Wochen nach Beginn des Dienstverhältnisses teilte die Vorgesetzte der Klägerin in einem „Probemonatsgespräch“ mit, dass sie fachliche Schwachstellen und einen Aufholbedarf im Bereich des MRG bei der Klägerin bemerkt habe, woraufhin diese zusagte, sie werde „sich in diesem Bereich einlesen“.

Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin sind die von ihr zitierten Entscheidungen nicht geeignet, die sachliche Rechtfertigung einer dreimonatigen Befristung eines Dienstverhältnisses für die – durchaus anspruchsvolle (und mit Arbeiten als Verkäuferin, Regalbetreuerin oder Reinigungskraft nicht vergleichbare) – Tätigkeit als Hausverwalterin in Zweifel zu ziehen. Die in der Vorjudikatur als zulässig qualifizierte dreimonatige Befristung einer EDV‑Spezialistin, die mit der Planung und Einrichtung von Büros am Computer befasst war und auch Kundenbetreuung durchzuführen hatte (8 ObA 316/99z) steht mit dem hier zu beurteilenden Fall ebenso wenig im Widerspruch wie die Befristung des Dienstverhältnisses einer in Ausbildung befindlichen Ordinationsgehilfin (8 ObA 319/01x) oder der einer Sachbearbeiterin im Rechnungswesen (8 ObA 102/04i; dort war aufgrund der besonderen Umstände sogar eine Befristung für sechs Monate sachlich gerechtfertigt).

Auch die Hinweise der Klägerin auf ihre jahrelange Berufserfahrung als Hausverwalterin, auf bestimmte Tätigkeitsmerkmale im Kollektivvertrag sowie auf die – ihrer Ansicht nach – „umfangreichen vorvertraglichen Erprobungen“ während ihres Bewerbungsverfahrens sind nicht geeignet, hier eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts aufzuzeigen. Das Bewerbungsverfahren mit der Klägerin gestaltete sich hier unter anderem deswegen umfangreicher als üblich, weil Teamleiter-Positionen bei der Beklagten im Regelfall nicht extern besetzt werden. Die Bewerbungsgespräche hatten den bisherigen Werdegang der Klägerin und ihre derzeitige berufliche Situation zum Inhalt. Der „Schnuppertag“ diente – ebenso wie die von der Klägerin ausgefüllte „Verhaltens‑Profil‑Analyse“ – dem Kennenlernen ihrer Person sowie dazu, der Klägerin auch Einblicke in das Unternehmen der Beklagten zu ermöglichen. Eine „Erprobung“ der tatsächlichen Qualifikation der Klägerin für die bei der Beklagten vorgesehene Tätigkeit hat nach dem Sachverhalt vor Beginn des Dienstverhältnisses hingegen nicht stattgefunden. Im Hinblick auf die im Unternehmen der Beklagten erwarteten Anforderungen steht die dreimonatige Frist in einem durchaus ausgewogenen Verhältnis zur angestrebten Verwendung. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht daher mit der bereits erwähnten Rechtsprechung zur sachlichen Rechtfertigung des Abschlusses eines befristeten Dienstverhältnisses im Hinblick auf § 10a MSchG (RIS‑Justiz RS0113735) im Einklang.

2. Soweit die Revisionswerberin meint, die Beklagte habe ihr nicht vermittelt, dass die Befristung „zur Erprobung“ vorgesehen worden sei, übersieht sie, dass nach dem Inhalt des Dienstvertrags (Punkt I.3.) das Dienstverhältnis ausdrücklich „zum Zweck der Erprobung“ befristet wurde („der erste Monat“ gelte „als Probemonat“). Die Klägerin hat nach Übermittlung des ersten Entwurfs dieses Dienstvertrags bei der Beklagten telefonisch lediglich reklamiert, dass der Hinweis auf ihren geplanten Einsatz als stellvertretende Teamleiterin fehle, woraufhin sie eine korrigierte Version erhielt und unterschrieben zurücksendete.

3. Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision der Klägerin daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf die Zurückweisung gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO nicht.

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