European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00058.16W.0616.000
Spruch:
Das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 9. April 2015, GZ 17 U 48/15p‑8, verletzt das Gesetz in seinem Strafausspruch in § 5 Z 5 JGG.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Strafausspruch ebenso aufgehoben wie der gemeinsam mit dem Urteil verkündete Beschluss auf Verlängerung der zu AZ 38 Hv 72/12m durch das Landesgericht Klagenfurt bestimmten Probezeit und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Klagenfurt verwiesen.
Gründe:
Mit dem seit 13. April 2015 rechtskräftigen, in gekürzter Form ausgefertigten (§ 270 Abs 4 StPO iVm § 447 StPO) Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 9. April 2015, GZ 17 U 48/15p‑8, wurde der am 28. Dezember 1996 geborene Shawn K***** des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (idF BGBl I 1996/762) schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesbestimmung zu einer (mittlerweile zur Gänze vollzogenen) Geldstrafe im Ausmaß von 120 Tagessätzen à 4 Euro, für den Fall deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Tagen, verurteilt, weil er am 11. November 2014 in K***** Luca G***** dadurch vorsätzlich am Körper verletzte, dass er ihm einen Tritt mit dem Knie gegen das Steißbein versetzte, was eine Prellung zur Folge hatte. Ohne gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO ausdrücklich vom Widerruf der Shawn K***** mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 29. Jänner 2013, GZ 38 Hv 72/12m‑14, gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen, verlängerte das Bezirksgericht gemäß § 494a Abs 6 StPO die hiezu mit drei Jahren bestimmte Probezeit auf fünf Jahre.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 9. April 2015, GZ 17 U 48/15p‑8, in seinem Strafausspruch mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Da es sich bei der dem Urteil zugrunde liegenden Straftat um eine Jugendstraftat handelt (§ 1 Z 3 JGG), wäre bei der Strafbemessung § 5 JGG zu beachten gewesen. Danach werden – durch das JGG‑ÄndG 2015 (BGBl I 2015/154) unverändert – unter anderem das Höchstmaß von angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen und das nach Tagessätzen bestimmte Höchstmaß von Geldstrafen auf die Hälfte herabgesetzt (§ 5 Z 4 und 5 JGG). Daher war gemäß dem im Urteilszeitpunkt geltenden § 83 Abs 1 StGB idF BGBl 1996/762 von einem herabgesetzten Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen auszugehen (Schroll in WK2 JGG § 5 Rz 17, 19, 25). Das Erstgericht hätte daher bei Ausmessung einer Geldstrafe § 5 Z 5 JGG anzuwenden gehabt.
Die Nichtanwendung dieser Bestimmung verletzt unabhängig davon, ob die verhängte Strafe die Grenzen der gesetzlichen Strafbefugnis tangiert, das Gesetz (RIS‑Justiz RS0086949; Schroll in WK2 JGG § 5 Rz 26).
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Shawn K***** ausgewirkt hat. Gemäß § 292 letzter Satz StPO sah sich der Oberste Gerichtshof daher veranlasst, das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 9. April 2015, GZ 17 U 48/15p‑8, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Strafausspruch und den mit diesem in untrennbarem Zusammenhang stehenden Beschluss auf Verlängerung der zu AZ 38 Hv 72/12m durch das Landesgericht Klagenfurt bestimmten Probezeit aufzuheben (RIS‑Justiz RS0100194 [T16]) und dem Bezirksgericht Klagenfurt insoweit die Verfahrenserneuerung aufzutragen.
Die hievon rechtslogisch abhängigen Entscheidungen und Verfügungen gelten damit gleichfalls als beseitigt (RIS‑Justiz RS0100444).
Im erneuerten Verfahren wird außer § 5 Z 5 JGG das Verschlechterungsverbot nach § 290 Abs 2 StPO iVm § 292 erster Satz StPO zu beachten sein, weshalb keine strengere Geldstrafe als im aufgehobenen Urteil (120 Tagessätze) und auch kein höherer Tagessatz (4 Euro) ausgemessen, aber auch nicht auf Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts Klagenfurt zu AZ 38 Hv 72/12m gewährten bedingten Strafnachsicht erkannt werden darf (RIS‑Justiz RS0100646; Ratz, WK‑StPO § 290 Rz 43 ff).
Im Übrigen setzt die Verlängerung der Probezeit zufolge der gesetzlichen Systematik einen Beschluss auf Absehen vom Widerruf voraus (§ 494a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO).
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