European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00092.16G.0524.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Erleger sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Erlagsgegnerin die mit 433,74 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 72,29 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Die Erleger stellten beim Erstgericht nach § 1425 ABGB einen Erlagsantrag über 1.603,36 EUR und führten dazu aus, dass es sich bei dem Betrag um eine von der Erlagsgegnerin geleistete Kaution handle, hinsichtlich deren in zwei Bestandverfahren strittig sei, wem das Realisat gebühre. Die Erlagsgegnerin fordere die Rückzahlung der Kaution; diese werde zur Vermeidung von Verzugsfolgen erlegt. Begehrt wurde, dass die Ausfolgung des erlegten Betrages „nur über Antrag oder aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung erfolgt“.
Das Erstgericht nahm den erlegten Betrag mit rechtskräftigem Annahmebeschluss (Verwahrauftrag) vom 9. 10. 2015 als gerichtlichen Erlag an und hielt in der Entscheidung fest, dass „der Erlag nur über gemeinsamen schriftlichen Antrag (einer übereinstimmenden Auszahlungserklärung) der Erlagsgegner, auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches oder auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung ausgefolgt wird“.
Die Erlagsgegnerin beantragte am 4. 12. 2015 die Ausfolgung des Erlags an sie und wies darauf hin, dass der Erlag nach dem Beschluss vom 9. 10. 2015 über gemeinsamen schriftlichen Antrag „der Erlagsgegner“ auszufolgen sei. Sie sei daher als alleinige Antragsgegnerin berechtigt, die Auszahlung des Erlags zu verlangen, eine Zustimmung der Erleger sei nicht erforderlich.
Die Erleger sprachen sich gegen eine Ausfolgung aus, weil das Gericht über die Berechtigung der Erlagsgegnerin, den hinterlegten Betrag zu erhalten, noch nicht entschieden habe. Eine Ausfolgung, insbesondere über alleinigen Antrag der Erlagsgegnerin, würde daher dem Zweck der Hinterlegung widersprechen.
Das Erstgericht wies den Ausfolgungsantrag mit der Begründung ab, dass im Verwahrauftrag gemeint gewesen sei, die Ausfolgung habe nur über gemeinsamen Antrag der Erleger und der Erlagsgegnerin zu erfolgen. Mit dem Wort „Erlagsgegner“ seien in Wahrheit „die Streitteile“ gemeint gewesen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erlagsgegnerin statt und ordnete die Ausfolgung des Erlags an die Erlagsgegnerin an. Ungeachtet des nach Ansicht des Rekursgerichts zu Unrecht erlassenen Verwahrauftrags sei dieser in Rechtskraft erwachsen, weshalb „die darin enthaltenen, eindeutigen Bedingungen für die Ausfolgung zu beachten sind“. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob auch im Fall eines zu Unrecht, aber rechtskräftig angenommenen Erlagsgegenstands bei Erfüllung der Ausfolgungsbedingungen eine Ausfolgung an den einzigen Erlagsgegner ohne Zustimmung des Erlegers erfolgen könne.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Erleger, der auf eine Abweisung des Ausfolgungsantrags abzielt.
Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Erlagsgegnerin, das Rechtsmittel zurückzuweisen, hilfsweise, diesem den Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
1. Unabhängig davon, ob das Gericht zweiter Instanz zu Recht ausgesprochen hat, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, ist das Rechtsmittel trotz des Ausspruchs der Zulässigkeit durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen, wenn die Rechtsmittelwerber nur solche Gründe geltend machen, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS-Justiz RS0048272 [insb T1]; vgl Zechner in Fasching/Konecny 2 § 502 ZPO Rz 11). Der Rechtsmittelwerber muss zumindest eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG, von deren Lösung die Sachentscheidung abhängt, aufzeigen. Dabei genügt es nicht, die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts mit bloßen „Leerformeln" oder pauschal – daher der Sache nach begründungslos – zu bekämpfen. Eine solche Rechtsrüge ist einer nicht erhobenen gleichzuhalten und kann keine Überprüfung der in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Rechtsansicht bewirken (RIS-Justiz RS0043654 [insb T1, T6, T7, T11, T12]).
2. Die Erlagsgegner setzen sich mit der vom Rekursgericht zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses angeführten Rechtsfrage inhaltlich nicht auseinander. Insbesondere gehen sie nicht auf die vom Rekursgericht verneinte Frage ein, ob ein allenfalls zu Unrecht angenommener Erlag ungeachtet der Rechtskraft des Annahmebeschlusses nur mit ihrer Zustimmung ausgefolgt werden dürfe, auch wenn die Ausfolgungsbedingungen erfüllt sind. Ihr Rechtsmittelschriftsatz entspricht damit nicht den gesetzlichen Anforderungen.
3. Die lapidaren Ausführungen im Rechtsmittel, beschränken sich im Ergebnis auf den knappen Hinweis, dass die Erleger „bewusst nicht an die Erlagsgegnerin leisten wollten“, die Ausfolgung auf Antrag des einzigen Erlagsgegners „nicht gerechtfertigt“ ist und der erkennbaren Absicht der Erleger und des Erstgerichts widerspricht. Die Rechtsmittelwerber unterlassen aber, darzulegen, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache, insbesondere der Ausfolgebedingungen, unrichtig erscheint und beschränken damit ihre Rechtsrüge auf die bloße und nicht weiter ausgeführte Behauptung, das Rekursgericht habe die Sache rechtlich unrichtig beurteilt, wodurch das Rechtsmittel nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RIS-Justiz RS0043605). Das erforderliche Aufzeigen einer erheblichen Rechtsfrage scheitert daher schon an der fehlenden inhaltlichen Begründung der im Rechtsmittel vertretenen Rechtsansicht.
4. Darüber hinaus kann – abgesehen davon, dass der Ausdruck „Erlagsgegner“ nach dem Gesetz (vgl §§ 3, 4 und 11 VerwEinzG) und der gefestigten gerichtlichen Praxis (vgl zuletzt etwa 1 Ob 255/15d; 7 Ob 219/15d; 7 Ob 160/15b; 8 Ob 57/15p) vom Begriff des Erlegers zu trennen ist und diesen nicht mitumfasst – die Auslegung von Prozesshandlungen (RIS-Justiz RS0042828 [T23, T24, T25 ua]) oder die Auslegung einer gerichtlichen Entscheidung (RIS-Justiz RS0000207 [T14]) keine erhebliche Rechtsfrage begründen. Vom Obersten Gerichtshof wurde auch für das Erlagsverfahren bereits mehrfach festgehalten, dass es sich bei den Fragen, wie die gerichtlich festgesetzten Erlagsbedingungen auszulegen sind, bzw ob eine gesetzte Bedingung eingetreten ist, regelmäßig um keine erheblichen Rechtsfragen handelt (8 Ob 176/99m; 4 Ob 246/07s; 7 Ob 276/07z; RIS-Justiz RS0033517 [T8]).
5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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