OGH 3Ob26/16v

OGH3Ob26/16v18.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C*****, vertreten durch Korn & Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, wider die verpflichtete Partei E*****, vertreten durch Dr. Herbert Pfeifer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Fahrnis und Forderungsexekution nach §§ 294 und 294a EO, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 17. Dezember 2015, GZ 22 R 364/15f‑14, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hallein vom 22. Oktober 2015, GZ 21 E 2745/15p‑2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00026.16V.0518.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der verpflichteten Partei und der Drittschuldnerin E***** auf Zuspruch der Kosten deren Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Die Betreibende beantragte wider den Verpflichteten aufgrund eines Vergleichs die Bewilligung der Fahrnis- und die Forderungsexekution nach § 294 EO ausdrücklich nur zur Hereinbringung einer (für August bis Oktober 2015) rückständigen Unterhaltsforderung von 3.861 EUR; sie nannte insgesamt vier Drittschuldner, und zwar drei Banken (je mit „Sonstiges“ als Rechtsgrund der Forderung) und E***** (in Hinkunft: Ehegattin), bei der als Rechtsgrund „laufender Ehegattenunterhalt“ angeführt war. Weiters beantragte die Betreibende die Bewilligung der Forderungsexekution nach § 294a EO zur Hereinbringung des laufenden Unterhalts ab 1. November 2015 von monatlich 1.287 EUR.

Die beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger eingeholte Drittschuldneranfrage ergab am 21. Oktober 2015 keine möglichen Drittschuldner.

Das Erstgericht erließ am 22. Oktober 2015 eine antragsgemäße Exekutionsbewilligung.

Die drei Banken gaben negative Drittschuldneräußerungen ab. Die Ehegattin anerkannte in ihrer Drittschuldneräußerung die gepfändete Forderung, verneinte jedoch einen Anspruch in Geld, weil sie Naturalunterhalt schulde.

Der Verpflichtete und die Ehegattin fochten die Exekutionsbewilligung mit Rekurs insoweit an, „ als diese die Pfändung und Überweisung zur Einziehung bis zur Höhe der in Exekution gezogenen Forderungen der der verpflichteten Partei aufgrund laufenden Ehegattenunterhaltes gegen die [Ehegattin] angeblich zustehenden Forderung bewilligt.

Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, „dass der Antrag der Betreibenden, ihr die Forderungsexekution gegen den Verpflichteten gem. § 294 EO in Bezug auf die Drittschuldnerin [Ehegattin] (laufender Ehegattenunterhalt) zur Hereinbringung der rückständigen Kapitalforderung von EUR 3.861,00 (Unterhalt August bis Oktober 2015) sowie der laufenden/künftigen Unterhaltsforderungen (§ 294a EO in Bezug auf die mögliche Drittschuldnerin [Ehegattin] ) zu bewilligen, abgewiesen wird. “ Da im Exekutionsantrag die Behauptung fehle, dass der Verpflichtete über einen Anspruch an Ehegattenunterhalt in Geld verfüge, sei der Rekurs berechtigt. Die Revisions‑(rekurs‑)grenze sei erreicht bzw überschritten und der Revisionsrekurs zulässig.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Betreibenden mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung mit der Einschränkung, dass die Bewilligung um eine Anmerkung zu ergänzen sei, dass es sich um eine teilweise beschränkt pfändbare Forderung handle; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Verpflichtete und die Ehegattin erstatteten eine Revisionsrekursbeantwortung .

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist absolut unzulässig .

1. § 528 ZPO gilt auch im Exekutionsverfahren (RIS‑Justiz RS0002511; RS0002321). Nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert 5.000 EUR nicht übersteigt, es sei denn, es handelt sich um Streitigkeiten nach § 502 Abs 4 ZPO (also die im § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten) oder § 502 Abs 5 ZPO. Nach der Rechtsprechung liegt aber bei der Durchsetzung eines bereits vollstreckbaren Anspruchs keine in § 502 Abs 4 ZPO genannte familienrechtliche Streitigkeit vor (3 Ob 149/13b; RIS‑Justiz RS0115036 [T1]).

2. Entscheidungsgegenstand iSd § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist gemäß § 502 Abs 2 ZPO der Streitgegenstand, über den das Gericht zweiter Instanz entschieden hat. Da die Grenzen des Rechtsmittelverfahrens durch die Anträge des Rechtsmittelwerbers abgesteckt werden (RIS‑Justiz RS0007416 [T3] = 6 Ob 823/83 = SZ 57/13) und auch im Rekursverfahren gilt, dass das Rekursgericht an den Anfechtungsumfang gebunden ist (E. Kodek in Rechberger 4 § 526 ZPO Rz 2 mwN), ist somit für die Bestimmung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts der Umfang der Anfechtung durch den Rekurswerber wesentlich.

3. Die oben wiedergegebene Rekurserklärung, die mit dem Rekursantrag übereinstimmt, richtet sich, wie die Beschränkung auf die „ gegen die [Ehegattin] angeblich zustehende Forderung “ klar zeigt, ausdrücklich nur gegen die Bewilligung der Forderungsexekution nach § 294 EO wegen des angeblich gegen die Ehegattin (als bekannte Drittschuldnerin) zustehenden „ laufenden Ehegattenunterhalts. Dieses Exekutionsmittel war – wie dem bewilligten Antrag klar zu entnehmen ist – auf den Unterhaltsrückstand für die Monate August bis Oktober 2015 von 3.861 EUR beschränkt. Die ebenso – allerdings explicit nur für den laufenden Unterhalt – bewilligte Forderungsexekution nach § 294a EO auf Geldforderungen (Arbeitseinkommen oder sonstige Bezüge gemäß § 290a EO) des Verpflichteten gegen den vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erst bekannt zu gebenden Drittschuldner, bildete daher keinen Gegenstand des Rekurses, und zwar weder jenes des Verpflichteten noch jenes der Ehegattin.

Der Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts war daher mit 3.861 EUR vorgegeben.

4. Das Rekursgericht ging demgemäß selbst ausdrücklich davon aus, dass gegen die rekurswerbende Drittschuldnerin iSd § 294 EO nur der rückständige Unterhalt von 3.861 EUR betrieben werde. Dennoch meinte es, wegen der „grundsätzlich gegebenen Möglichkeit“, dass die Ehegattin auch nach § 294a EO für laufenden Unterhalt in Anspruch genommen werden könnte, liege dem Rekurs eine sich über den gesamten betriebenen Betrag erstreckende Anfechtung zu Grunde. Diese – erkennbar vom Wunsch, einen Entscheidungsgegenstand von über 5.000 EUR zu konstruieren, getragene – Begründung des Rekursgerichts ist jedoch schon vom Ansatz her unzutreffend, weil sie nicht von der Rekurserklärung und dem Rekursantrag ausgeht: Ist es doch – wie bereits ausgeführt – Sache des Rekurswerbers, den Umfang seiner Anfechtung zu bestimmen.

5. Das Rekursgericht hat (zwar dennoch) ausgesprochen, eine Abänderung der erstinstanzlichen Exekutionsbewilligung werde nicht nur zur Forderungsexekution nach § 294 EO sondern auch dazu vorgenommen, dass „ der Antrag der Betreibenden, ihr die Forderungsexekution […] zur Hereinbringung der laufenden/künftigen Unterhaltsforderungen (§ 294a EO in Bezug auf die mögliche Drittschuldnerin [die Ehegattin] ) zu bewilligen, abgewiesen wird.

Allerdings hat das Erstgericht eine solche Exekutionsbewilligung „in Bezug“, also mit Einschränkung auf die – ohnehin bekannte – Ehegattin als bloß mögliche Drittschuldnerin wegen laufenden Ehegattenunterhalts (die mit dem Wesen der Bewilligung einer Forderungsexekution bei unbekanntem Drittschuldner nach § 294a EO unvereinbar wäre) gar nicht erteilt, sondern eine (naturgemäß) personell uneingeschränkte. Der Ausspruch des Rekursgerichts stellt somit keinen unzulässigen Eingriff in die eingetretene Teilrechtskraft der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung zur Fahrnis‑ und Forderungsexekution nach § 294a EO dar. Er hat vielmehr als gegenstandslos unbeachtet zu bleiben und vermag daher den Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts nicht über den Anfechtungsumfang hinaus zu erweitern.

6. Ausgehend vom – allein maßgebenden –(wahren) Entscheidungsgegenstand von 3.861 EUR, über den das Rekursgericht entschieden hat, erweist sich der von der Betreibenden erhobene Revisionsrekurs als absolut unzulässig (§ 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO).

7. Der Antrag auf Zuspruch von Kosten der Revisionsrekursbeantwortung ist abzuweisen: Das Exekutionsverfahren ist – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – einseitig. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine dennoch erstattete Revisionsrekursbeantwortung mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0118686 [T11]); sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und ist daher nicht zu honorieren (RIS‑Justiz RS0118686 [T12]).

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