European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0080OB00092.15K.0427.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 838,44 EUR (darin 139,74 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Begründung
Die Parteien schlossen am 27. 11. 2007 einen Vertrag über die Lieferung und Montage zweier voneinander unabhängiger Wärmepumpen-Heizungsanlagen in einem neu errichteten Doppelwohn‑ und Bürohaus. Im größeren der beiden Hausteile war im Untergeschoß ein nicht näher beschriebener „Wellnessbereich“ vorgesehen.
Der Beklagte beendete die Einbauarbeiten im Oktober 2008 und legte am 7. 11. 2008 Schlussrechnungen über beide Teilanlagen, die der Kläger ‑ unter Einbehalt des vereinbarten Haftrücklasses von 8.085 EUR ‑ bezahlte.
In der Folge rügte der Kläger mehrmals Funktionsstörungen, die der Beklagte behob, sowie allgemein eine unzureichend funktionierende Warmwasserversorgung im Bereich der größeren Haushälfte. Der Beklagte montierte daraufhin schließlich im Oktober 2010 einen zusätzlichen Wärmetauscher, mit dem die verfügbare Warmwassermenge annähernd verdoppelt wurde.
Im September 2012 rügte der Kläger, dass die Heizung die vom Beklagten garantierte Jahresarbeitszahl von mindestens 3,7 nicht erreiche. Der Beklagte beantwortete dieses Schreiben dahin, dass der zugesagte Wert nach seiner Berechnung sehr wohl erreicht bzw übertroffen werde.
Der Beklagte hatte in seinem Anbot (Beilage ./A) die Jahresarbeitszahl auf den Verbrauch „einschließlich aller erforderlichen Hilfsantriebe“ bezogen. Nach der Verkehrsauffassung ist aber die Jahresarbeitszahl bei elektrisch angetriebenen Wärmepumpen das Ergebnis der Division der abgegebenen Wärmemenge durch die eingesetzte Strommenge einschließlich der Stromenergie für den Betrieb der peripheren Verbraucher, insbesondere der Grundwasserpumpe, der Soleumwälzpumpe, des Notheizstabs und der Regelung samt Motor‑Kugelhähnen und Dreiweg‑Kugelhähnen, ferner der Heizungsumwälzpumpe, der Ladepumpen für die Warmwassererwärmer, der Zirkulationspumpe für die Warmwasserbereitung und der Umwälzpumpe für die Handtuchtrockner.
Ausgehend von dieser Definition erreichte die streitgegenständliche Heizungsanlage eine durchschnittliche Jahresarbeitszahl von nur 3,5. Dies bedeutet im Vergleich zum zugesagten Wert einen erhöhten Verbrauch an elektrischer Energie, wobei ‑ über die gesamte typische Lebensdauer der Anlage gerechnet ‑ die Mehrkosten insgesamt 1.298,70 EUR betragen.
Die vom Beklagten angebotene und montierte Anlage war für den überdurchschnittlichen Warmwasserbedarf des Klägers etwas unterdimensioniert. Der Kläger hatte vor Auftragserteilung keine konkreten Angaben über die beabsichtigte Ausstattung der Bäder und des Wellnessbereichs gemacht, sodass der Beklagte bei Erstellung seines Anbots von allgemeinen Richtwerten für Einfamilienhäuser ausgegangen war, ohne sich ‑ wie es ein sorgfältiger Unternehmer getan hätte ‑ nach den konkreten, erkennbar gehobenen Bedürfnissen des Auftraggebers zu erkundigen.
Die Menge des zur Verfügung stehenden Warmwassers kann allerdings nachträglich durch den Einbau eines weiteren Pufferspeichers erhöht werden, dies würde Kosten von rund 2.600 EUR verursachen.
Im Juni 2013 wurden Teile der Anlage durch ein Hochwasser zerstört. Der Kläger ersuchte den Beklagten um Reparatur der Schäden, die dieser aber nur unter der Voraussetzung der Auszahlung des Haftrücklasses vornehmen wollte. In der Folge behauptete der Kläger schwere, unbehebbare Mängel der Anlage und forderte den Beklagten auf, sie auszubauen und zurückzunehmen.
Mit der am 18. 10. 2013 eingebrachten Klage wird die Zahlung von 11.959,96 EUR sA aus dem Titel der Gewährleistung und aus jedem erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere Schadenersatz begehrt. Aufgrund schwerer Mängel der Heizungsanlage der größeren Haushälfte werde Wandlung geltend gemacht, allerdings nur hinsichtlich jener Teile des Werks, für die der Kläger nach dem hochwasserbedingten Umbau keine Verwendung mehr gefunden habe.
Der Klagsbetrag setzt sich aus dem Kaufpreis und den Montagekosten der nicht mehr gewollten Einzelteile der Anlage (Wärmepumpe, Solezubehörpaket, Wasserwärmer, zwei Ladespeicher, Vor‑, Rück‑ und Verteilerleitungen sowie Wärmemengenzähler), unter Abzug des einbehaltenen Haftrücklasses, zusammen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das vom Beklagten gelieferte Werk sei mangelhaft gewesen, weil die Anlage die garantierte Jahresarbeitszahl nicht ganz erreicht habe und die Warmwasserversorgung zu gering dimensioniert gewesen sei. Die Klage sei unter Berücksichtigung der Verbesserungsversuche des Beklagten rechtzeitig innerhalb der Gewährleistungsfrist erhoben worden. Allerdings handle es sich bei den festgestellten Mängeln auch in einer Gesamtbetrachtung um bloß geringfügige, die bei Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien das Wandlungsbegehren nicht rechtfertigen könnten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge und billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts. Auf Schadenersatzansprüche sei schon deswegen nicht einzugehen gewesen, weil der Kläger kein Vorbringen zu einem allfälligen Schaden erstattet habe. Der vom Klagebegehren umfasste Rückersatz des Entgelts könne aus dem Titel des Schadenersatzes nicht begehrt werden, weil kein unbrauchbares Werk vorliege.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil das Fehlen einer ausdrücklich vereinbarten Eigenschaft in der Rechtsprechung grundsätzlich als nicht geringfügiger Mangel angesehen werde und die Frage, ob und bei welchen Abweichungen bei der Dauerleistung einer Warmwasserheizung und ihrer Energieeffizienz unter diesem Gesichtspunkt ein wesentlicher Mangel vorliegt, noch nicht vom Höchstgericht behandelt worden sei.
Der Kläger greift in seiner Revision die im Zulassungsausspruch genannte Frage auf und vertritt die Rechtsansicht, er sei jedenfalls zur Wandlung berechtigt, ohne dass eine Interessenabwägung anzustellen wäre. Überdies seien seine Schadenersatzansprüche übergangen worden. Der Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem für den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch unzulässig, weil keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO geltend gemacht wird.
1. Der Kläger moniert, die Vorinstanzen hätten sein Begehren nur unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung geprüft, aber übergangen, dass er sich auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auf Schadenersatz, gestützt habe.
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass der Kläger zwar eine formelhafte Rechtsbehauptung, aber kein Sachvorbringen zu einem allfälligen Schaden erstattet hat, ist jedoch ebensowenig eine korrekturbedürftige grobe Fehlbeurteilung wie die Ansicht, dass von einer gänzlichen Unbrauchbarkeit der Anlage, die bis zu ihrer Beschädigung durch das Hochwasser mehrere Jahre in Betrieb war, nicht die Rede sein konnte.
2. Die Beurteilung, ob ein Mangel erheblich oder geringfügig iSd § 932 Abs 4 ABGB ist, hängt immer von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab und wirft keine darüber hinaus bedeutende Rechtsfragen auf (RIS‑Justiz RS0119978 [T7]). Es ist eine auf den konkreten Vertrag und die Umstände des Einzelfalls bezogene objektive Abwägung der Interessen der Vertragspartner vorzunehmen. Dabei sind sowohl die Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Aufhebung des Vertrags im Hinblick auf die damit verbundenen Folgen für die Parteien, aber auch die „Schwere“ des Mangels zu berücksichtigen. Die Behebbarkeit des Mangels und ein allenfalls geringer Behebungsaufwand sind zwar für die Beurteilung nicht allein ausschlaggebend, es kommt ihnen aber im Rahmen der Interessenabwägung Bedeutung zu (9 Ob 46/14a; RIS‑Justiz RS0119978 [T5, T8, T9]).
Dem Revisionswerber ist beizupflichten, dass nach der ständigen Rechtsprechung bei Fehlen einer ausdrücklich vereinbarten Eigenschaft nicht mehr von einer Geringfügigkeit des Mangels gesprochen werden kann (RIS‑Justiz RS0120610; RS0119978 [T3]). Eine ausdrücklich vereinbarte Eigenschaft im Sinne des § 923 ABGB liegt dann vor, wenn der Käufer ausdrücklich oder zumindest schlüssig ein besonderes Interesse an gerade dieser Eigenschaft deutlich gemacht hat (RIS‑Justiz RS0120610 [T10] = 9 Ob 46/14a mwN; 2 Ob 95/06v). Auch diese Beurteilung ist aber jeweils einzelfallabhängig.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger als Auftraggeber den mit dem Beklagten geschlossenen „Werkvertrag“ selbst verfasst und dem Beklagten den Abschluss nach den darin enthaltenen Bedingungen angeboten. Dieser Vertrag nimmt zwar in der Präambel auf das Angebot des Beklagten (das die Zusage der Jahresarbeitszahl 3,7 enthält) Bezug, in den nachfolgenden Detailregelungen wird aber eine von der Anlage zu erreichende Jahresarbeitszahl nicht erwähnt, insbesondere auch nicht in dem mit „Leistungsgarantie“ betitelten Punkt 9 (Beilage ./B), der auszugsweise lautet: „ Der Lieferant bestätigt, dass mit den von ihm angebotenen Lieferanteilen eine ordnungsgemäße Wärmeversorgung für Heizung und Warmwasseraufbereitung gegeben ist, wobei über größere Wärme- und Warmwasser‑Abnahmen im Bereich Wellness Klarheit besteht. Sollten die angebotenen und gelieferten Komponenten nicht für eine ausreichende Versorgung genügen, wird auf Kosten und Gefahr des Auftragnehmers (…) nachgerüstet, sowohl im Bereich der Wärmequellen als auch ggfs. im Bereich der Wärme Erzeugung. (…) “
Aus dem Vertragstext ist daher nicht abzuleiten, dass eine um den Wert 0,2 geringere Jahresarbeitszahl mit nur minimalen Auswirkungen auf den Stromverbrauch für den Kläger bereits als schwerwiegender Mangel der Anlage gelten sollte. Eine solche Auffassung hat der Kläger nach den Feststellungen auch sonst nicht bekundet, sodass die Beurteilung des Berufungsgerichts nach den Umständen des Einzelfalls nicht unvertretbar ist.
Dies gilt umso mehr auch für die Unterdimensionierung der Anlage, die mit einem im Verhältnis zum Gesamtauftragsvolumen geringen Aufwand behebbar war. Die Streitteile haben diesen Fall im Vorhinein bedacht und im Vertragspunkt „Leistungsgarantie“ ausdrücklich nur eine Behebung durch Nachrüstung vereinbart.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.
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