OGH 5Ob35/16g

OGH5Ob35/16g22.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** W*****, vertreten durch Dr. Walter Geißelmann, Dr. Günther Tarabochia und Mag. Sascha Lumper, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei Z***** G*****, vertreten durch Dr. Bernhard Ess, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Aufkündigung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 19. November 2015, GZ 2 R 317/15f‑15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 29. September 2015, GZ 7 C 287/15i‑11a, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00035.16G.0322.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Erstgerichts wird wiederhergestellt.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 769,75 EUR (darin enthalten 128,29 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

P***** S***** war aufgrund eines mit seinem Großvater geschlossenen Schenkungsvertrags Alleineigentümer einer 3.087 m2 großen Liegenschaft samt den darauf errichteten Gebäuden B*****straße 51a, 51b, 51c und 51d. Am 15. 5. 1998 mietete der Beklagte das Haus B*****straße 51d um 5.500 Schilling monatlich. Der Alleineigentümer verkaufte die neu gebildete Grundparzelle Grundstück Nr 2056/3 mit Kaufvertrag vom 1. 6. 2012 an den Kläger, dessen Eigentumsrecht am 7. 8. 2012 einverleibt wurde. Der Kläger errichtete auf seiner Liegenschaft ein Einfamilienhaus. Das an den Beklagten vermietete Objekt ist ein auf einem massiven Sockel errichtetes, teilunterkellertes Holzhaus. Es ist zirka 45 Jahre alt und weist altersbedingt geringfügige Mängel auf, die jedoch nicht zur Unbewohnbarkeit des Mietobjekts führen oder eine Beeinträchtigung der Wohnqualität darstellen. Das Mietobjekt besteht aus Schlafzimmer, Kinderzimmer, Kochnische, Dusche, WC, Keller und Autoabstellplatz. Es kann nicht festgestellt werden, dass eine Gesundheits‑, Einsturz‑ oder Brandgefahr vom Mietobjekt ausgeht. Es ist zu Wohnzwecken funktionstüchtig. Es kann nicht festgestellt werden, dass mit dem monatlich zu zahlenden Mietzins von 400 EUR die ordnungsgemäße Erhaltung des Mietgegenstands auf Dauer nicht sichergestellt werden kann. Das ohne Baubewilligung errichtete Mietobjekt befindet sich auf einer Fläche, die im gültigen Flächenwidmungsplan als Freifläche‑Freihaltegebiet ausgewiesen ist.

Mit Schreiben vom 20. 1. 2015 informierte die zuständige Baurechtsverwaltung im Auftrag der Gemeinde den Kläger über die fehlende Baubewilligung und wies ihn darauf hin, dass sowohl die Errichtung des Mietobjekts als auch dessen Verwendung zu Wohnzwecken bewilligungspflichtige Bauvorhaben darstellten. Gemäß § 40 Vorarlberger BauG wurde die Verfügung zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands, somit der vollständige Abbruch des Gartenhauses angedroht. Gleichzeitig wurde der Kläger darauf aufmerksam gemacht, dass von der Erlassung zur Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands Abstand genommen werde, wenn innerhalb eines Monats ein entsprechendes Bauansuchen (mit Plan‑ und Beschreibungsunterlagen) bei der Baubehörde eingereicht und eine anschließende Baubewilligung nicht versagt werde. Es wurde weiters darauf verwiesen, dass jener Teil der Liegenschaft, auf dem das Mietobjekt errichtet worden sei, im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Freifläche‑Freihaltegebiet ausgewiesen und derartige Flächen von einer Bebauung freizuhalten seien.

Der Kläger suchte am 27. 1. 2015 nach Maßgabe der Plan‑ und Beschreibungsunterlagen um nachträgliche baubehördliche Bewilligung für die Errichtung des Mietobjekts und die Verwendung zu Wohnzwecken an. Die Gemeinde teilte ihm mit Schreiben vom 24. 2. 2015 mit, dass das eingereichte Bauvorhaben im Widerspruch zum geltenden Flächenwidmungsplan stehe und dies zur Folge habe, dass die beantragte Baubewilligung zu versagen und die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands, nämlich der vollständige Abbruch des Gebäudes zu verfügen sei. Dem Kläger wurde eine ‑ in der Folge ungenützt verstrichene ‑Frist von 14 Tagen zur Einbringung einer schriftlichen Stellungnahme zum vorläufigen Verfahrensergebnis eingeräumt. Die Baurechtsverwaltung versagte mit Bescheid vom 24. 2. 2015 die beantragte Baubewilligung und verfügte die Herstellung des rechtmäßigen Zustands durch Abbruch des ohne Baubewilligung bestehenden Hauses binnen zwei Monaten. Der Kläger erhob kein Rechtsmittel gegen diesen Bescheid.

Am 9. 3. 2015 erkundigte er sich bei der Gemeinde über eine Umwidmung der strittigen Teilfläche von Freifläche‑Freihaltegebiet in Baufläche. Der Bürgermeister teilte ihm mit Schreiben vom 10. 3. 2015 mit, dass eine derartige Umwidmung den raumplanerischen Grundsätzen maßgeblich widersprechen würde, weil einerseits klare Widmungsgrenzen bestünden und die Gemeindevertretung in den letzten Überarbeitungen des Flächenwidmungsplans als wesentliches Ziel formuliert habe, die Siedlungsränder zu halten und nicht auszuweiten. Ein Ansuchen auf Umwidmung werde daher als aussichtslos gesehen. Die Zuständigkeit liege allerdings bei der Gemeindevertretung. Gemäß § 23 des Raumplanungsgesetzes dürfe der Flächenwidmungsplan aus wichtigen Gründen geändert werden. Die Ordnungsnummerierung der Wohngebäude sei im Jahr 1998 ‑ allerdings ohne Überprüfung der baurechtlich relevanten Grundlagen ‑ vorgenommen worden. Aufgrund dieses Schreibens nahm der Kläger davon Abstand, einen Antrag auf Umwidmung einzubringen.

Der Beklagte erhob gegen den Bescheid vom 24. 2. 2015 fristgerecht eine Berufung, die das Gemeindeamt am 1. 6. 2015 mangels Parteistellung des Mieters als unzulässig zurückwies. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg bestätigte diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 28. 8. 2015. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz unzulässig.

Das Verhältnis der Streitteile ist angespannt. Der Beklagte ist nach wie vor an Fortbestand des Mietverhältnisses und Nutzung des Mietobjekts interessiert. Seit Mitte Mai 2015 bewohnt der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau das von ihm errichtete Einfamilienhaus.

Mit der am 13. 3. 2015 eingebrachten gerichtlichen Aufkündigung machte der Kläger die Kündigungsgründe des § 30 Abs 1, § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall und Z 14 MRG geltend. Im Revisionsverfahren ist nur mehr die Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG umstritten. Dazu verwies der Kläger auf den rechtskräftigen Abbruchbescheid vom 24. 2. 2015 und die von vornherein gegebene Aussichtslosigkeit eines Ansuchens auf Abänderung des Flächenwidmungsplans.

Der Beklagte wendete ‑ soweit noch relevant ‑ ein, der Abbruchbescheid sei zum Zeitpunkt der Einbringung der Aufkündigung nicht rechtskräftig gewesen. Der Kläger wäre jedenfalls verpflichtet gewesen, eine Widmungsänderung anzustreben, um der mietvertraglichen Vereinbarung entsprechen zu können. Das habe er in sorgloser Weise unterlassen und daher gegen Treu und Glauben verstoßen. Ein solcher Antrag auf Umwidmung sei keinesfalls als aussichtslos zu qualifizieren. Die Gemeinde wäre nach § 24 Vorarlberger Raumplanungsgesetz verpflichtet gewesen, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für eine Änderung des Flächenwidmungsplans gemäß § 23 Abs 1 gegeben seien. Die Voraussetzungen für eine Änderung lägen vor, zumal das streitgegenständliche Objekt bereits errichtet gewesen sei, bevor die Zone als Freifläche gewidmet worden sei, und dem Objekt eine Hausnummer zugewiesen worden sei. Der Gemeindevorstand könne auch über Antrag des Grundstückseigentümers Ausnahmen vom Flächenwidmungs‑plan bewilligen. Es handle sich nicht um ein Garten‑, sondern um ein Wohnhaus. Der Kläger habe sohin offenkundig absichtlich einen unrichtigen Antrag auf Bewilligung der Errichtung eines Gartenhauses gestellt.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab. Rechtlich folgert es, dass die Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG nicht die Aufgabe habe, fehlende Merkmale der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG zu ersetzen. Sie diene dazu, vom Gesetz sonst nicht erfasste, aber gewichtigen Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG gleichwertige Sachverhalte diesen gleichzusetzen, was im vorliegenden Fall zu verneinen sei. Würde der vom Kläger herangezogene Kündigungsgrund des Abbruchbescheids der Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG subsumiert werden, so hätte diese eine bedenkliche Ungleichbehandlung des gekündigten Mieters im Vergleich zum Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 14 MRG, der eine Ersatzbeschaffung zwingend voraussetze, zur Folge. Der Kläger habe es darüber hinaus unterlassen, den Abbruchbescheid zu bekämpfen und die Umwidmung zu beantragen. Als Vermieter müsse er in Erfüllung seiner Verpflichtung, dem Mieter den bedungenen Gebrauch der Sache zu sichern, vorerst alle zumutbaren, rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten zur Erreichung dieses Ziels ausschöpfen. Ihm obliege der Beweis, dies getan zu haben. Im Fall der Nichtanrufung einer Behörde oder der Nichtergreifung eines Rechtsmittels komme er dieser Beweispflicht nur nach, wenn er eine so klare Rechtslage dartue, dass mit Gewissheit eine Verweigerung der Genehmigung angenommen werden müsse. Das habe der Kläger im konkreten Fall nicht einmal vorgebracht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und verpflichtete den Beklagten zur Räumung. In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte es das Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 1 MRG. Wenn auch im vorliegenden Fall nicht verkannt werde, dass das Interesse des Klägers darauf gerichtet sei, den Beklagten als Mieter „loszuwerden“, müsse aufgrund des Abbruchbescheids vom 24. 2. 2015 davon ausgegangen werden, dass die Erhebung einer Berufung aussichtslos gewesen sei, weil das Gebäude auf einer nach § 18 Abs 5 Vorarlberger Raumplanungsgesetz als Freihaltegebiet ausgewiesenen Fläche errichtet worden sei und der Bürgermeister der Gemeinde dem Kläger mitgeteilt habe, dass er ein Ansuchen auf Umwidmung als aussichtslos ansehe. Es sei in diesem Zusammenhang auch zu bedenken, dass der Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen (bei Änderung der maßgebenden Rechtslage oder bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse) geändert werden dürfe (§ 23 Abs 1 Vorarlberger Raumplanungsgesetz) und dem Eigentümer lediglich das Recht zugestanden werde, Änderungsvorschläge zu erstatten (§ 23a Vorarlberger Raumplanungsgesetz). Dem Beklagten sei als Mieter im baubehördlichen Verfahren keine Parteienstellung zugekommen. Nur zulässige Rechtsmittel würden sowohl im Zivilprozess als auch im Verwaltungsverfahren den Eintritt der Rechtskraft hemmen. Der vom Kläger nicht bekämpfte Abbruchbescheid sei somit in Rechtskraft erwachsen.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu der Frage vorliege, inwieweit nach den Wertungen des § 30 MRG ein derartiger behördlicher Abbruchbescheid einen wichtigen Kündigungsgrund darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Die beantwortete Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt.

1. Der im Jahr 1998 geschlossene Mietvertrag unterliegt nicht dem Vollausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 5 MRG idF MRN 2001, weil dieser nur für neue Verträge ab dem 1. 1. 2002 gilt (Illedits‑Lohr in Illedits/Rohrwig, Wohnrecht2 § 1 MRG Rz 42; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 1 MRG Rz 79).

2. Der Kläger beruft sich auf seine Verpflichtung, dem rechtskräftigen Abbruchbescheid vom 24. 2. 2015 zu entsprechen. Der Beklagte vertritt in seiner Revision die Auffassung, der Bescheid sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung (RIS‑Justiz RS0044892) am 23. 3. 2015 noch nicht rechtskräftig gewesen, weil er sämtliche Entscheidungen im Verwaltungsverfahren (zuletzt mit außerordentlicher Revision an den Verwaltungsgerichtshof) bekämpft habe. Die Beurteilung seiner Parteistellung und Rechtsmittellegitimation sei den Verwaltungsbehörden sowie letztlich Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof vorbehalten. Diese Frage kann jedoch auf sich beruhen. Der Abbruchbescheid rechtfertigt hier keine Aufkündigung nach § 30 Abs 1 MRG.

3. Die Generalklausel des § 30 Abs 1 MRG hat nach Rechtsprechung und Lehre nicht die Aufgabe, fehlende Merkmale der Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 MRG zu ersetzen. Sie dient dazu, vom Gesetz sonst nicht erfasste, aber an gewichtigen Kündigungsgründen des § 30 Abs 2 MRG gleichwertige Sachverhalte diesen gleichzusetzen. Eine Aufkündigung nach § 30 Abs 1 MRG ist daher nur zulässig, wenn anstelle der fehlenden Voraussetzungen eines Tatbestands nach § 30 Abs 2 MRG solche zusätzlichen Umstände vorliegen, dass der gesamte Sachverhalt an Wichtigkeit den in § 30 Abs 2 MRG aufgezählten Kündigungsgründen gleichkommt (RIS‑Justiz RS0070192 [T1]; T. Hausmann aaO § 30 MRG Rz 13; Illedits‑Lohr aaO § 30 MRG Rz 1). Diese Beurteilung hängt zwar von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0070192 [T5]). Die Beurteilung des Berufungsgerichts ist im vorliegenden Fall jedoch zu korrigieren.

4. Der Vermieter, der selbst das Bestandobjekt zum widmungswidrigen Gebrauch vermietet hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0020955) nicht ohne weiteres berechtigt, den Auftrag der Verwaltungsbehörde, den Bestandgegenstand der konsensmäßigen Widmung zuzuführen, dem Mieter gegenüber als Vertragsauflösungsgrund (§ 1118 ABGB; § 30 Abs 1 MRG) geltend zu machen, sofern er dem Mieter den vereinbarten Gebrauch der Bestandsache verschaffen kann. Er muss nachweisen, dass er alle ihm zur Verfügung gestellten Mittel ausgeschöpft hat, um diese Verpflichtung zu erfüllen. Ruft er beispielsweise die Baubehörde nicht an, muss eine so klare Rechtslage vorliegen, dass eine Verweigerung der baubehördlichen Genehmigung mit Sicherheit anzunehmen ist (3 Ob 16/14w mwN; RIS‑Justiz RS0016405).

5. Der Oberste Gerichtshof hat zu 7 Ob 142/08w (wobl 2009/84 [krit Schauer]) den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 1 MRG im Sinne einer Existenzgefährdung des Vermieters bejaht, der im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren vergeblich versucht hatte, eine Widmungsänderung hinsichtlich der vermieteten Geschäftsobjekte und eine den Betrieb der Gaststätte des Mieters ermöglichende Duldungsverpflichtung durchzusetzen, aufgrund des von den anderen Wohnungseigentümern erwirkten Unterlassungstitels bereits 5.700 EUR Geldstrafen zahlen musste und dem bei einer weiteren Nichterfüllung seiner Unterlassungs‑ und Entfernungsverpflichtungen sogar Haft drohte. Dem Vermieter sei daher die Verschaffung des vereinbarten Gebrauchs der Bestandsache nicht möglich.

6. Eine vergleichbare Situation liegt nicht vor. Der Vermieter konnte nicht nachweisen, dass ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Mieter unmöglich oder unzumutbar ist.

7. Der Kläger hat auf die Aufforderung der Baubehörde (§ 40 Abs 1 Vorarlberger BauG, LGBl 2001/52 idF LGBl 2014/11) innerhalb eines Monats einen Antrag auf nachträgliche Baubewilligung einzubringen, fristgerecht reagiert. Es ist ihm auch zuzugestehen, dass die Versagung der Baubewilligung und die Anordnung des Abbruchs (§ 40 Abs 3 Satz 1 Vorarlberger BauG) auf der landesgesetzlichen Rechtslage beruht. Das Gebäude befindet sich auf einer Fläche, die im aktuellen Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Freifläche‑Freihaltegebiet ausgewiesen war (§ 28 Abs 2 Vorarlberger BauG iVm § 18 Abs 5 Vorarlberger RaumplanungsG, LGBl 1996/39). § 40 Abs 3 Satz 1 Vorarlberger BauG sieht allerdings vor, dass die Behörde die Herstellung des rechtmäßigen Zustands (Abbruch) binnen einer angemessen festzusetzenden Frist zu verfügen hat. Obwohl das Gebäude bereits seit 45 Jahren existiert und seit 1998 vom beklagten Mieter bewohnt wird, wurde eine lediglich zweimonatige Frist gesetzt. Ungeachtet dessen ließ der Kläger den Bescheid unangefochten. Er hat auch die in § 23a Vorarlberger RaumplanungsG vorgesehene Möglichkeit nicht genützt, einen begründeten Änderungsvorschlag zum Flächenwidmungsplan beim Gemeindeamt einzubringen und nach dessen Erfolglosigkeit nach Abs 3 leg cit einen Antrag auf Befassung der Gemeindevertretung einzubringen. Die Gemeindevertretung hat dann innerhalb der sechsmonatigen Frist ein Verfahren auf Änderung des Flächenwidmungsplans einzuleiten oder gegebenenfalls zu beschließen, dass die Voraussetzungen für eine entsprechende Änderung des Flächenwidmungsplans nicht vorlägen. Dieser Beschluss ist samt der Begründung, dem Änderungsvorschlag und der fachlichen Äußerung des unabhängigen Sachverständigenrats der Landesregierung zur Prüfung vorzulegen (§ 23a Abs 6 Satz 1 und 2 Vorarlberger RaumplanungsG). Die schriftliche Auskunft des Bürgermeisters der Gemeinde vom 10. 3. 2015 gibt demnach nur die Rechtsmeinung des ‑ nicht zuständigen ‑Verfassers zur Aussichtslosigkeit einer Umwidmung wieder.

9. Der Oberste Gerichtshof hat im Fall einer Räumungsklage nach § 1112 ABGB im Zusammenhang mit einem rechtskräftigen Abbruchbescheid und der Verpflichtung zur Verschaffung des vereinbarten Gebrauchs vom Vermieter verlangt, einen Antrag auf Umwidmung einzubringen (3 Ob 16/14w). Ähnliche Erwägungen haben auch hier zu gelten. Der Vermieter darf sich nicht mit der bloßen Einbringung eines nachträglichen Bauansuchens begnügen und sich in der Folge passiv verhalten, um dann den Abbruchbescheid als wichtigen Grund für die Aufkündigung oder Auflösung des Bestandverhältnisses heranziehen zu können. Es soll dem Vermieter kein Anreiz geboten werden, zu diesem Zweck möglichst rasch einen Abbruchbescheid zu erwirken. Letztlich hat er durch die Vermietung des konsenswidrig errichteten Bestandgegenstands Vorteile durch Mietzinseinnahmen erzielt. Eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz durch Nichtbefolgung des behördlichen Auftrags zum Abbruch ist derzeit ebenfalls nicht erwiesen. Es wurde weder behauptet noch festgestellt, dass die Baubehörde bereits Geldstrafen (§ 55 Abs 1 lit j iVm Abs 2 Vorarlberger BauG) verhängt hat. Die Kosten des Abbruchs treffen ihn in jedem Fall: Bei Ersatzvornahme durch die Behörde oder bei Befolgung des Auftrags.

10. Aus diesen Erwägungen ist das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

11. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der ERV‑Zuschlag für die Revision beträgt nach § 23a Satz 2 RATG 2,10 EUR.

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