OGH 15Os177/15s

OGH15Os177/15s17.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 20. August 2015, GZ 12 Hv 39/15x‑46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00177.15S.0217.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A./) und mehrerer Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er in M***** und anderen Orten Deutschlands

A./ in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von jeweils schweren Betrugshandlungen (§ 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 2 StGB) und mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über die gewinnbringende Veranlagung von Kapital und dessen Rückzahlung, obwohl er es selbst vereinnahmte, zur Überweisung oder Übergabe von Bargeld verleitet, wodurch diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag am Vermögen geschädigt wurden, und zwar

I./ Anja F*****

1./ am 4. Juli 2011 von 10.000 Euro,

2./ am 11. Juli 2011 von 5.000 Euro;

II./ Veronika F*****

1./ am 6. Juli 2011 von 10.000 Euro,

2./ am 13. Juli 2011 von 5.000 Euro;

III./ Martin Sa*****

1./ am 10. Februar 2012 von 6.000 Euro und

2./ am 21. März 2012 von 6.000 Euro;

IV./ Rita Sa***** am 17. April 2012 von 15.000 Euro, wobei er den Betrug unter Benützung einer falschen Urkunde, und zwar einer gefälschten Bankvereinbarung der T***** Fund IV samt falschen Bankverbindungsdaten beging;

B./ kurze Zeit nach den Geldtransaktionen zu A./I./, II./ und III./1./ falsche Urkunden, und zwar von ihm gefälschte Bestätigungen über den Abschluss der Anlageverträge im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache, nämlich der erfolgten Annahme und Veranlagung des Kapitals durch die Sc***** GmbH oder Z***** AG ‑ Austria Bank, durch Übermittlung an Anja F*****, Veronika F***** und Martin Sa***** gebraucht.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 sowie 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung des Antrags auf neuerliche Ladung und Vernehmung der Zeugen Sabine K*****, nunmehr S*****, und Alfred S***** (ON 45 S 4) Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Weshalb nunmehr von einem Erscheinen der begehrten, in Deutschland aufhältigen und während des Hauptverfahrens in Österreich zur Aufenthaltsermittlung ausgeschriebenen (ON 1 S 20, ON 40 f, 43, ON 45 S 5) Zeugen vor dem inländischen Gericht auszugehen wäre, obwohl diese den ihnen mehrfach zugegangenen Ladungen zur Hauptverhandlung (ON 44) bereits in der Vergangenheit keine Folge leisteten und teilweise gegenüber dem Angeklagten sowie dessen Verteidiger erklärten, nicht zur Verhandlung anzureisen (ON 45 S 2), legt der Beschwerdeführer ebenso wenig dar wie Umstände, die über seine bloß pauschal erhobene Anschuldigung, sein Bruder Alfred S***** hätte die verfahrensgegenständlichen „Malversationen zu verantworten“ (ON 45 S 3), hinausgehen (RIS‑Justiz RS0099733 [T5], RS0107040 [T11]).

Wenn das persönliche Erscheinen von Zeugen aus erheblichen Gründen ‑ wie fallbezogen der nicht bloß vorübergehenden Weigerung aus dem Ausland zur Hauptverhandlung nach Österreich anzureisen und vor dem inländischen Gericht zu erscheinen bei gleichzeitig fehlender Erzwingbarkeit eines solchen Verhaltens (RIS‑Justiz RS0075230) ‑ füglich nicht bewerkstelligt werden kann, dürfen ‑ entgegen dem weiteren Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde (inhaltlich Z 3) ‑ Angaben von Zeugen, wie jene der Sabine S*****, vormals K*****, in der Hauptverhandlung gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO verlesen werden (RIS‑Justiz RS0098248).

Soweit die ersichtlich zu allen Punkten des Schuldspruchs erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) „Feststellungen zur Strafbarkeit“ des dem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Angeklagten angelasteten, in Deutschland gesetzten Verhaltens auch nach deutscher Rechtslage vermisst (§ 65 Abs 1 Z 1 erster Fall StGB), orientiert sie sich prozessordnungswidrig nicht an den getroffenen Feststellungen in ihrer Gesamtheit (RIS‑Justiz RS0099810).

Weshalb bei A./ die nach dem Tatbestand des Betrugs nach § 263 Abs 1 dStGB erforderliche Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, keine Deckung in den zur subjektiven Tatseite getroffenen Feststellungen finden sollte, wird nicht methodengerecht aus einem Vergleich mit dem Gesetz abgeleitet (RIS‑Justiz RS0116565). Denn nach den Konstatierungen handelte der Angeklagte in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, legte es darauf an, die Opfer zur Übergabe oder Überweisung der Geldbeträge zu verleiten und eignete sich diese Vermögenswerte im Wissen um den bewirkten Vermögensschaden und mit dem Willen an, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (US 7, US 14 f; vgl zur deutschen Rechtslage Lackner/Kühl, StGB28 § 15 Rz 20, § 263 Rz 58; Perron in Schönke/Schröder, StGB29 164 ff; Tiedemann in LK12 249 ff; Hefendehl in MK Rz 793 ).

Der Beschwerdeführer lässt weiters eine prozessordnungsgemäße Auseinandersetzung mit der Frage vermissen, weshalb die getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte die Opfer durch Täuschung über seine berufliche Qualifikation und die Bereitschaft, die Geldbeträge verschiedenen Unternehmen zur weiteren Veranlagung zukommen zu lassen, zu den inkriminierten Vermögensdispositionen verleitete (US 4 bis 7), nicht auch das nach § 263 Abs 1 dStGB erforderliche Tatbestandsmerkmal der Erregung oder Unterhaltung eines Irrtums durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen erfüllen sollte.

Auch zu B./ lässt die Behauptung, gegenüber § 267 dStGB wären „die österreichischen strafrechtlichen Bestimmungen wesentlich enger geknüpft“, nicht erkennen, warum die Konstatierung, wonach der Angeklagte „falsche Urkunden, nämlich von ihm gefälschte Bestätigungen über den vermeintlichen Abschluss der jeweiligen Anlageverträge im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, des Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache, und zwar der erfolgten Annahme und Veranlagung des Kapitals durch die Sc***** GmbH bzw Z***** AG ‑ Austria Bank durch Übermittlung bzw Übergabe an Anja F*****, Veronika F***** und Martin Sa***** gebrauchte“ (US 7 f), nicht den Gebrauch unechter oder verfälschter Urkunden zur Täuschung im Rechtsverkehr im Sinn des Abs 1 leg cit umfassen sollte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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