European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0100NC00025.15F.0128.000
Spruch:
Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien das Bezirksgericht Imst bestimmt.
Der Beklagte hat die Kosten seiner Äußerung zum Delegierungsantrag selbst zu tragen.
Begründung
Der Beklagte, der seinen Wohnsitz im Sprengel des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien hat, betreibt ein Geschäftslokal in I***** in Tirol. Er beauftragte den in H***** in Tirol ansässigen Kläger mit Fliesenverlegungsarbeiten im Geschäftslokal. Da der Werklohn unbeglichen blieb, brachte der Kläger gegen den Beklagten beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien eine Mahnklage über 2.130 EUR sA ein.
Der Beklagte erhob fristgerecht Einspruch und wendete ein, die Fliesenverlegung sei in vielfacher Hinsicht derart mangelhaft erfolgt, dass die Werkleistung insgesamt wertlos sei. Als Beweismittel mache er seine Einvernahme als Partei geltend und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Fliesenlegung.
Der Kläger beantragte seine Parteieneinvernahme, die Einvernahme zweier ‑ unter seiner Adresse zu ladenden ‑ Zeugen (Mitarbeiter), die Einholung von Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen Fliesenverlegung und Bauwesen sowie die Vornahme eines Ortsaugenscheins.
Bevor noch eine vorbereitende Tagsatzung durchgeführt worden war, beantragte der Kläger die Delegierung der Rechtssache an das Bezirksgericht Imst. Sowohl er als auch sämtliche angebotenen Zeugen seien in Tirol wohnhaft. Der Beklagte betreibe weiterhin jenes Geschäftslokal in I*****, in dem die Fliesenlegerarbeiten vorgenommen worden seien und halte sich immer wieder dort auf. Zudem sei ein Ortsaugenschein beantragt worden. Zweckmäßigerweise habe auch die Beauftragung von Sachverständigen von jenem Gericht zu erfolgen, in dessen Sprengel das Objekt, auf das sich der Rechtsstreit beziehe, gelegen sei.
Der Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus. Die Einvernahme der Zeugen sei mittels Videotelefonie möglich. Ein Ortsaugenschein sei mangels Fachkunde des Gerichts nicht zielführend. Die Gutachten könnten schriftlich abgegeben werden. Sollte deren mündliche Erörterung erforderlich sein, könne eine einzelne Fahrt eines Sachverständigen keinen ausreichenden Grund für eine zweckmäßige Delegierung abgeben. Der Beklagte selbst müsste im Fall einer Delegierung zwecks Ablegung seiner Aussage als Partei von seinem Wohnort in Wien eine weite Anreise auf sich nehmen. Wann und wie oft er sich in den Geschäftsräumlichkeiten in I*****, in denen die Fliesenlegerarbeiten durchgeführt wurden, aufhalte, könne bei Abwägung der Zweckmäßigkeit keine Rolle spielen. Die Frage der Zweckmäßigkeit sei daher nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösbar.
Das Erstgericht gab keine Äußerung zur Delegierung ab.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS‑Justiz RS0046324). Unter den dargelegten Umständen ist aber davon auszugehen, dass die Rechtssache mit Sicherheit rascher und mit geringerem Aufwand vor dem Bezirksgericht Imst behandelt werden kann. Der Beklagte stellt nämlich nicht in Abrede, das Geschäftslokal weiterzubetreiben und sich dort auch aufzuhalten, sondern nimmt lediglich den Standpunkt ein, dieser Umstand dürfte bei der Abwägung der Zweckmäßigkeitsgründe keine Rolle spielen. Maßgeblich ist aber allein, ob durch eine Delegierung eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens erzielt werden kann (RIS‑Justiz RS0053169). Diese Zielsetzung ist auch im vorliegenden Fall dadurch erreichbar, dass das Erstgericht die Parteieneinvernahme des Beklagten in Abstimmung mit dessen Anwesenheiten im Geschäftslokal in I***** anberaumt, sodass bei entsprechender Termingestaltung alle Beweise vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden können. Ob die Vornahme eines beantragten Ortsaugenscheins zweckmäßig ist oder nicht, ist im Delegierungsverfahren nicht zu prüfen.
Die Delegierung ist daher zweckmäßig iSd § 31 Abs 1 JN.
Eine Erklärung des Vorlagegerichts nach § 31 Abs 3 JN erübrigte sich, weil die Entscheidung über den Delegierungsantrag keiner weiteren „Aufklärung“ im Sinne dieser Gesetzesbestimmung bedurfte. Das Vorlagegericht hätte sich nur zu dem bereits bekannten Akteninhalt äußern können (RIS‑Justiz RS0112499 [T4]).
Der Beklagte ist im Zwischenstreit über die Delegierung unterlegen und hat daher die von ihm verzeichneten Kosten seiner (ablehnenden) Äußerung selbst zu tragen (10 Nc 18/11w mwN).
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