OGH 10Ob105/15m

OGH10Ob105/15m19.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm, die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Mag. K*****, vertreten durch Gheneff ‑ Rami ‑ Sommer Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 11. Juni 2015, GZ 39 R 41/15s‑29, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0100OB00105.15M.0119.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Der Beklagte ist Mieter der aufgekündigten Substandardwohnung in der S*****gasse 14 Top Nr 2. Um Platz für die Lagerung seines Hausrates aus anderen (aufgegebenen) Wohnungen zu schaffen, hatte der Beklagte zum Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung die Kücheneinrichtung sowie die Dusche entfernt und in der Wohnung überwiegend Bücher und Kleidung gelagert. Er hielt sich nur sehr unregelmäßig im Haus S*****gasse 14 auf und nächtigte dort etwa drei bis vier Mal im Monat, manchmal in der aufgekündigten Wohnung Top Nr 2, manchmal auch in der von ihm weiters angemieteten, im selben Haus befindlichen Wohnung Top Nr 4. Darüber hinaus ist der Beklagte Mieter einer in der G*****gasse gelegenen Wohnung. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beklagten die Wohnung in der G*****gasse in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen werde.

Das Erstgericht gab der ua auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG gestützten Aufkündigung statt und verhielt den Beklagten zur geräumten Übergabe der Wohnung.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision des Beklagten ist unzulässig:

1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass dann, wenn der Vermieter die nicht regelmäßige Benützung nachgewiesen hat, es Sache des Mieters ist, zu beweisen, dass er in nächster Zeit in die Wohnung zurückkehren wird, die Nichtbenützung also eine absehbare und nur vorübergehende Unterbrechung darstellt (RIS‑Justiz RS0079350). Soweit ein schutzwürdiges Interesse zu beurteilen ist, sind nicht nur die Umstände im Zeitpunkt der Aufkündigung maßgebend, es sind vielmehr auch die während des Verfahrens eingetretenen Entwicklungen zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0070320). Der Mieter wird seiner Behautpungslast nicht gerecht, wenn er bloß unter Verwendung der verba legalia darauf hinweist, die gekündigte Wohnung diene der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses. Vielmehr hat er konkrete Behauptungen aufzustellen, aus welchen Gründen ‑ trotz der fehlenden regelmäßigen Benutzung ‑ ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietvertrags besteht (RIS-Justiz RS0079210 [T14]).

2. Von diesen Grundsätzen weicht die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht ab:

Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte seiner Behauptungslast zum schutzwürdigen Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses nicht gerecht geworden, weil er bloß darauf hingewiesen habe, er werde die aufgekündigte Wohnung mit Sicherheit jetzt und in naher Zukunft wieder ständig „aufgrund seiner finanziellen und gesundheitlichen Situation benötigen“. Er hätte konkrete Behauptungen aufzustellen gehabt, warum sich seine Lebensumstände in absehbarer Zeit derart ändern sollten, dass er wieder auf die Benutzung der aktuell nicht benützten Wohnung angewiesen sein werde.

3. Mit dem Revisionsvorbringen, das Berufungsgericht habe entgegen der ständigen Rechtsprechung angenommen, das schutzwürdige Interesse müsse schon im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung vorliegen, wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung gebracht. Wie bereits dargelegt hat das Berufungsgericht bei Beurteilung des schutzwürdigen Interesses an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses nicht nur auf den Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung, sondern ohnedies auch auf künftige Entwicklungen abgestellt, dazu aber konkrete Behauptungen des Beklagten vermisst.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

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