European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00232.15X.1222.000
Spruch:
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Die Erstantragstellerin ist die Nichte des Betroffenen. Sie begehrte sinngemäß über die weitere Vorgangsweise und Ergebnisse des Verfahrens über die Bestellung eines Sachwalters für ihren Onkel umfassend und regelmäßig, insbesondere durch Zusendung von lesbaren Kopien des Akts, informiert zu werden.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Den dagegen erhobenen Rekurs der Einschreiter wies das Rekursgericht zurück und gab dem Rekurs der Erstantragstellerin nicht Folge. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
I. Zum Revisionsrekurs der Einschreiter:
1. Auch im Verfahren außer Streitsachen muss ein Rechtsschutzinteresse an der inhaltlichen Behandlung des Rechtsmittels bestehen. Nach ganz herrschender Auffassung bedarf es dazu jedenfalls einer formellen Beschwer des Rechtsmittelwerbers. Diese liegt vor, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrundeliegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht (RIS‑Justiz RS0041868 [T5]; E. Kodek in Rechberger 4 Vor § 461 ZPO Rz 10; Zechner in Fasching/Konecny 2 IV/1 Vor § 514 ff ZPO Rz 58 mwN). Fehlt ein solches Anfechtungsinteresse ist ein dennoch erhobenes Rechtsmittel als unzulässig (RIS‑Justiz RS0006598) zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0006880).
2. Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 AußStrG ist zwar jede Person Partei, die einen Antrag stellt. Die formelle Bezeichnung als Antragsteller ‑ wie hier die Nennung der Einschreiter im Rubrum des Antrags als Zweit- bzw Drittantragsteller ‑ ist für die Parteistellung aber dann nicht relevant, wenn tatsächlich kein Recht im eigenen Namen geltend gemacht wird. Die Parteistellung und die Rechtsmittellegitimation der Einschreiter ist dann trotz formeller Antragstellung zu verneinen (3 Ob 128/08g; G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 2 Rz 24). Auf die Verwendung des Wortes „Antragsteller“ kommt es nicht an, vielmehr auf den Inhalt des Antrags (Kodek aaO Rz 26).
Der Antrag zielt ausschließlich auf eine Information der Antragstellerin ab und ist auch nur mit deren Namen gezeichnet, sodass es keine vom Obersten Gerichtshof im Einzellfall aufzugreifende Fehlbeurteilung begründet, wenn das Rekursgericht zum Ergebnis gelangte, dass die Einschreiter keine Rechte im eigenen Namen geltend machten, und deren Rechtsmittel mangels Beschwer zurückwies.
II. Zum Revisionsrekurs der Erstantragstellerin:
1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, das Dritten im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 141 AußStrG grundsätzlich kein Recht auf Akteneinsicht zukommt, ohne dass es auf ein (sonst) als „rechtlich“ zu qualifizierendes Interesse des Antragstellers ankäme (1 Ob 98/12m; 4 Ob 38/13m; 5 Ob 121/15b; vgl auch C. Graf, Akteneinsicht im Außerstreitverfahren und § 141 AußStrG, Zak 2007/733, 427 [429]). Gemeinsam ist diesen Entscheidungen, dass § 141 AußStrG dem Begehren eines Dritten auf Akteneinsicht in einem Sachwalterschaftsverfahren auch dann entgegensteht, wenn er ein berechtigtes (rechtliches) Interesse daran geltend machen kann. Ob davon eine Ausnahme zu machen wäre, wenn die Akteneinsicht des Dritten eindeutig zur Wahrung der Interessen des Pflegebefohlenen erfolgen soll (vgl C. Graf aaO 429; 1 Ob 98/12m ua), ist hier nicht zu prüfen, weil Anhaltspunkte fehlen, die in diese Richtung weisen. Auf das Verhältnis von Art 6 EMRK zu der zugunsten des Pflegebefohlenen wirkenden Schutznorm des § 141 AußStrG muss aus Anlass des Revisionsrekurses der Antragstellerin schon deshalb nicht näher eingegangen werden, weil deren zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen durch das Verfahren zur Prüfung der Voraussetzungen der Bestellung eines Sachwalters für ihren Onkel nicht berührt sind.
2. Mit ihrer Argumentation zu Art 8 EMRK zielt die Erstantragstellerin erkennbar auf die Anerkennung ihrer Stellung als „nahe Angehörige“ ab. Auch als „naher Angehöriger“ ist ihr aber - auch nach § 219 Abs 2 ZPO iVm § 22 AußStrG - ein Anspruch auf umfassende und regelmäßige Information über das Verfahren zu verweigern (vgl Zankl / Mondel in Rechberger , AußStrG § 141 Rz 1 mwN; C . Graf aaO 429). Dass die Vorinstanzen ihren Antrag auf Übermittlung einer vollständigen Kopie des Pflegschaftsaktes abwiesen, begründet daher keine im Einzelfall (vgl 5 Ob 121/15b) aufzugreifende Fehlbeurteilung. Soweit dem § 141 AußStrG nicht entgegensteht, hat das Erstgericht die Antragstellerin ohnedies vom Stand des Verfahrens in Kenntnis gesetzt.
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