OGH 3Ob194/15y

OGH3Ob194/15y16.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** GmbH, *****, vertreten durch Kopp ‑ Wittek Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Brigitte Heaman‑Dunn, Rechtsanwältin in Wien, wegen 70.205,87 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Juni 2015, GZ 13 R 54/15d‑45, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 11. Dezember 2014, GZ 24 Cg 110/13t‑30, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.053,08 EUR (hierin enthalten 342,18 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin kaufte im August 2011 in der Galerie der Beklagten das Werk „New Coke 1985“ von Andy Warhol, einen Unikat-Handsiebdruck, um 70.000 EUR. Es war damals gerahmt und hinter Acrylglas. Über den Zustand oder allfällige Beschädigungen des Werks wurde vor Abschluss des Kaufvertrags nicht gesprochen. Es fand auch keine Ausrahmung zum Zweck der Untersuchung statt. Eine solche wurde weder vom Mitarbeiter der Verkäuferin angeregt noch vom Geschäftsführer der Klägerin gewünscht.

Nach dem Kauf wurde das Bild im Zustand wie bei Übernahme in den Unternehmensräumlichkeiten der Klägerin ausgestellt. Im Februar 2013 beabsichtigte die Klägerin, den Druck neu rahmen zu lassen, weil ihr Geschäftsführer bemerkte, dass sich etwas leicht wellte, wobei er annahm, es handle sich dabei um das Glas. Er brachte den noch immer wie beim Kauf gerahmten Druck zu einer Fachgalerie in München, die einen Vergoldermeister mit der Neurahmung beauftragte. Dieser stellte bei der Ausrahmung folgende erhebliche Mängel des Werks fest: im Streiflicht wie auch frontal, sowohl links oben als auch links unten erkennbare Knicke im Karton, die in drei Fällen auch zum Bruch der Farboberfläche geführt haben; Knitterspuren im rechten unteren Teil; am gesamten Blatt verteilte feine Kratzer in der Farboberfläche; eine verwackelte Schnittkante am rechten Rand; auf der Rückseite annähernd ein Dutzend über die gesamte Fläche verteilte Verletzungen der Kartonoberfläche und Papierlagen-Abrisse, die von einer unsachgemäßen Entfernung von Montagehilfen herrühren. Er brachte sie am 27. Februar 2013 seiner Auftraggeberin, der Fachgalerie, zur Kenntnis. Die Mängel waren dem Geschäftsführer der Klägerin bis dahin nicht bekannt gewesen. Die Kenntnis führte bei ihm dazu, dass er den Druck subjektiv als wertlos ansah.

Mit E‑Mail vom 8. März 2013 leitete die Klägerin den Zustandsbericht weiter, wies die Beklagte darauf hin, dass der Zustand des Blattes auf der Rückseite „katastrophal“ sei, und forderte diese auf, einen Termin für die Abholung des Bildes zu vereinbaren und „das Geld“ mitzubringen. Die Beklagte lehnte die von der Klägerin damit beabsichtigte Rückabwicklung des Kaufvertrags ab.

Die vorliegenden Mängel des Werks sind nur nach einer Ausrahmung ersichtlich. Auch die Knitterspuren und feinen Kratzer sind unter dem Acrylglas nicht erkennbar, wenn man nicht gezielt danach sucht. Es bedurfte keiner besonderen Fachkenntnisse, um den Druck vor dem Kauf durch die Klägerin auszurahmen, der dafür nötige Aufwand war aber aufgrund der vielen, mit Pressluft ins Holz geschossenen Stifte erheblich. Deckkarton, Passepartout sowie die Montage in offenen Plastikecken waren ebenfalls Hindernisse, die einem Laien eine Begutachtung erschwerten. Auch die Notwendigkeit der ordnungsgemäßen Wiedereinrahmung nach einer Befundung konnte einen Nichtfachmann vor Probleme stellen. Es ist nicht üblich, dass Privatpersonen beim Ankauf solcher Werke (moderne Grafik, montiert, museal gerahmt) die Rahmung und Montage des gerahmten Bildes zerlegen, um den Zustand festzustellen.

Im seriösen Druckhandel kann ein Kunde damit rechnen, dass der Zustand eines Kunstwerks dessen Alter entspricht. Ist dies nicht der Fall, ist es üblich, den Kunden auf die entsprechenden Mängel hinzuweisen. Bei dem aus dem Jahr 1985 stammenden Druck von Andy Warhol konnte man zwar nicht einen druckfrischen, aber doch einen sonst makellosen Zustand erwarten.

Bei Grafiken ist die Unversehrtheit ein wichtiges Bewertungskriterium, insbesondere wenn vom betreffenden Kunstwerk aufgrund seines multiplen Charakters auch makellose Exemplare existieren. Das von der Klägerin erworbene Werk ist zwar ein Unikat‑Handsiebdruck, es wurde allerdings eine Vielzahl anderer Exemplare unter Verwendung derselben Druckvorlage, wenn auch in unterschiedlicher Farbkomposition und Größe, hergestellt. Auf dem Markt werden vom Werk „New Coke 1985“ fehlerfreie Exemplare (in anderer Farbzusammenstellung und teilweise auch Größe) angeboten. Vor diesem Hintergrund weicht der Zustand des von der Klägerin gekauften Drucks von der zu erwartenden Qualität in einem Ausmaß von etwa 35 % ab.

Die Klägerin begehrte, gestützt auf Gewährleistung, die Rückzahlung des Kaufpreises von 70.000 EUR sowie den Ersatz der Kosten von 205,87 EUR für die frustrierten Kosten der Neurahmung, Zug um Zug gegen Rückstellung des Bildes. Hilfsweise begehrte sie ‑ aus dem Titel der Preisminderung ‑ den Betrag von 24.705,87 EUR sA.

Die Beklagte wendete ein, die erst über 20 Monate nach Übergabe der Ware erfolgte Mängelrüge sei erheblich verspätet. Es liege auch keine erhebliche Vertragsverletzung vor.

Das Erstgericht gab dem Hauptklagebegehren statt. Auf den vorliegenden Kaufvertrag sei das UN‑Kaufrechtsübereinkommen (CISG) anzuwenden. Der Siebdruck weise solche Beschädigungen auf, dass ihr Geschäftsführer kein Interesse mehr an dem Kunstwerk habe. Dies sei aufgrund des Ausmaßes der Mängel (Abweichung des Zustands von der zu erwartenden Qualität im Ausmaß von 35 %) auch objektiv nachvollziehbar. Es liege deshalb eine wesentliche Vertragsverletzung gemäß Art 25 CISG vor. Die Klägerin habe keine Obliegenheit getroffen, das Bild nach dem Kauf (durch Ausrahmung) näher zu untersuchen, weil sie darauf vertrauen habe dürfen, dass der Verkäufer sie auf so gravierende wie die tatsächlich bestehenden Mängel hinweisen würde. Die angemessene Frist für die Rüge habe deshalb erst mit der Erkennbarkeit der Mängel im Zuge der Neurahmung zu laufen begonnen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nur bezüglich eines Teils des Zinsenzuspruchs Folge. Der von der Klägerin erworbene Druck weise wesentliche Mängel auf, die teilweise unbehebbar seien und einen erheblichen Wertverlust nach sich zögen. Insgesamt sei deshalb von einer wesentlichen Vertragsverletzung iSd Art 25 CISG auszugehen. Im Übrigen seien nach der Aktenlage die im Laufe des Verfahrens von der Beklagten eingeleiteten Bemühungen, das Kunstwerk weiterzuveräußern, mehrfach erfolglos geblieben, was für eine Beeinträchtigung der Verkehrsfähigkeit spreche. Es sei naheliegend und damit erwartbar, dass der Käufer eines höherpreisigen Kunstwerks, das unerwartet Beschädigungen aufweise, daran kein Interesse mehr haben könne. Die Klägerin, die weder mit Kunstwerken handle noch nach ihrem Unternehmensgegenstand über einschlägig ausgebildete Mitarbeiter verfüge, habe keine Obliegenheit zu einer tiefgehenden Untersuchung des Bildes getroffen, bei der die bestehenden Mängel offenbar geworden wären.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Ausmaß der gebotenen Untersuchung eines gekauften Kunstwerks bzw von Spezies-Sachen und zum angemessenen Zeitraum für eine solche Untersuchung fehle.

In ihrer Revision wiederholt die Beklagte ihren Standpunkt, es liege keine wesentliche Vertragswidrigkeit vor und die Klägerin habe die bei der ihr obliegenden Untersuchung des Werks erkennbaren Mängel verspätet gerügt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1.1. Nach Art 49 Abs 1 lit a CISG kann der Käufer die Aufhebung des Vertrags erklären, wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem Vertrag oder diesem Übereinkommen obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt. Durch die Aufhebung werden die ursprünglichen Verpflichtungen der beiden Vertragsparteien vollständig beseitigt. Zweck der Vorschrift ist es, die Aufhebung des Vertrags nur als ultima ratio innerhalb der dem Käufer zustehenden Rechtsbehelfe vorzusehen. Eine Vertragsaufhebung ist deshalb nur dann gerechtfertigt, wenn eine besonders schwerwiegende Vertragsverletzung vorliegt (4 Ob 159/11b mwN = RIS‑Justiz RS0127288 [T1]).

1.2. Eine von einer Partei begangene Vertragsverletzung ist gemäß Art 25 CISG wesentlich, wenn sie für die andere Partei solchen Nachteil zur Folge hat, dass ihr im Wesentlichen entgeht, was sie nach dem Vertrag hätte erwarten dürfen, es sei denn, dass die vertragsbrüchige Partei diese Folge nicht vorausgesehen hat und eine vernünftige Partei der gleichen Art diese Folge unter den gleichen Umständen auch nicht vorausgesehen hätte.

1.3. Die Wesentlichkeit einer Vertragsverletzung ist regelmäßig aufgrund einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls nach objektiven Kriterien zu bestimmen. In die gebotene Interessenabwägung sind neben Art und Ausmaß der Vertragsverletzung und deren Auswirkungen auf die vertragstreue Partei unter anderem auch die Möglichkeit einer Nachlieferung oder Verbesserung innerhalb angemessener Frist, deren Kosten sowie deren Zumutbarkeit für den Käufer einzubeziehen (4 Ob 159/11b mwN; RIS‑Justiz RS0127288). Eine Verbesserung kommt hier wegen der teilweisen Unbehebbarkeit der Mängel des Kunstwerks schon von vornherein nicht in Betracht.

1.4. Den Vorinstanzen ist dahin beizupflichten, dass es naheliegend und damit auch objektiv erwartbar ist, dass der Erwerber eines hochpreisigen, nach seinen berechtigten Erwartungen mängelfreien Kunstwerks so wie hier der Geschäftsführer der Klägerin kein Interesse mehr am Kaufgegenstand hat, sobald er erfährt, dass dieser teilweise unbehebbare, eine Wertminderung im Ausmaß von immerhin rund 35 % nach sich ziehende Mängel aufweist.

1.5.1. Der deutsche Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 3. April 1996, VIII ZR 51/95, bei der Beurteilung der Wesentlichkeit der Vertragsverletzung darauf abgestellt, ob dem Käufer bei Lieferung einer den vertraglichen Beschaffenheitsanforderungen nicht entsprechenden Ware ‑ das gelieferte Kobaltsulfat hatte nicht die als vereinbart anzusehende technische Qualität ‑ eine anderweitige Verarbeitung oder der Absatz der Ware im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, wenn auch etwa mit einem Preisabschlag, ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist (vgl auch Achilles, Kommentar zum UN‑Kaufrechtsübereinkommen [CISG] Art 25 Rz 4).

1.5.2. Im Hinblick darauf hätte die Wesentlichkeit der Vertragsverletzung allenfalls auch im vorliegenden Fall verneint werden müssen, wenn der Klägerin der (Weiter‑)Verkauf des Kunstwerks ohne besonderen Aufwand möglich gewesen wäre.

1.5.3. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang allerdings zu Recht auch darauf hingewiesen, dass im Zuge des Verfahrens Verkaufsbemühungen gescheitert sind: Die Parteien vereinbarten in der Verhandlung vom 18. September 2013 (ON 11) einfaches Ruhen des Verfahrens, um eine außergerichtliche Lösung dergestalt zu ermöglichen, dass die Beklagte in den darauffolgenden acht Monaten (bis 18. Mai 2014) einen Verkauf des Kunstwerks versucht und der Klägerin im Erfolgsfall 65.000 EUR für das Bild zahlt. Nach Ablauf dieser Frist brachte die Klägerin (in ihrem Fortsetzungsantrag ON 12) vor, es sei zu keinem Verkauf gekommen, es habe nicht einmal eine Besichtigung durch einen von der Beklagten vermittelten Kaufinteressenten gegeben. In der Folge führte sie ergänzend aus, dass es (auch) in einer am 31. Mai 2014 durchgeführten Versteigerung zu keinem Verkauf gekommen sei, weil kein Gebot abgegeben wurde. Dies zeige, dass das Bild in beschädigtem Zustand nicht veräußerlich sei (ON 13). Da die Beklagte dieses Vorbringen nicht (substanziiert) bestritten hat, durfte das Berufungsgericht die Erfolglosigkeit der Verkaufsbemühungen als unstrittig ‑ und damit entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ohne Verstoß gegen den Unmittelbarkeits-grundsatz ‑ seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde legen.

1.5.4. Berücksichtigt man, dass es nicht einmal der beklagten Galeristin gelungen ist, während eines Zeitraums von mehr als acht Monaten einen Kaufinteressenten für das Kunstwerk zu finden, liegt es auf der Hand, dass es der nicht auf diesem Gebiet unternehmerisch tätigen Klägerin keinesfalls ohne besonderen Aufwand möglich wäre, das Werk weiterzuverkaufen.

1.6. Die Vorinstanzen haben deshalb die Wesentlichkeit der Vertragsverletzung iSd Art 25 CISG zu Recht bejaht.

2.1. Gemäß Art 38 Abs 1 CISG hat der Käufer die Ware innerhalb einer so kurzen Frist zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, wie es die Umstände erlauben. Der Käufer verliert gemäß Art 39 Abs 1 CISG das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet.

2.2. Als relevante Umstände für die Angemessenheit der Frist für die Untersuchung kommen insbesondere die Größe des Unternehmens des Käufers, die Art der zu untersuchenden Ware, ihre Komplexität oder Verderblichkeit oder ihr Charakter als Saisonware, die Art der in Frage kommenden Mängel, die Aufwändigkeit der Untersuchung und dergleichen in Betracht (RIS‑Justiz RS0110999; Posch in Schwimann/Kodek, ABGB4 Art 38 CISG Rz 6). Wegen der unterschiedlichen nationalen Rechtstraditionen in den Vertragsstaaten ist eine Untersuchungs‑ und Rügefrist von insgesamt 14 Tagen als angemessen anzusehen, wenn keine besonderen Umstände für eine Verkürzung oder Verlängerung sprechen (RIS‑Justiz RS0111001).

2.3. Die Klägerin hat die Mängel unstrittig erst lange nach Ablauf von 14 Tagen ab Übergabe des Kunstwerks, allerdings innerhalb von 14 Tagen nach tatsächlicher Kenntnis von diesen, gerügt. Für unentdeckbar verborgene Vertragswidrigkeiten beginnt die angemessene Frist für die Rüge in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem sie auftreten (Posch aaOArt 39 CISG Rz 4).

2.4. Die Beklagte zieht nicht in Zweifel, dass die Mängel ohne Ausrahmung des Kunstwerks nicht erkennbar waren. Sie steht allerdings auf dem Standpunkt, die Mängel seien nicht als „unentdeckbar verborgen“ zu qualifizieren, weil sie bei einer ‑ ohne großen finanziellen Aufwand möglichen ‑ Untersuchung (Aus‑ und anschließend neuerliche Einrahmung durch einen Fachbetrieb) erkennbar gewesen wären, und die Klägerin als im internationalen Wirtschaftsverkehr tätiges Unternehmen nicht als „Privatperson“ anzusehen sei.

2.5. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass den Käufer gemäß Art 38 Abs 1 CISG die Obliegenheit trifft, die Ware in ausreichender Weise auf das Vorliegen von Mängeln zu untersuchen. Aus diesem Grund kann die zweijährige Ausschlussfrist des Art 39 Abs 2 CISG nur dann ausgeschöpft werden, wenn der Käufer die Ware nicht früher untersuchen oder wenn er trotz Untersuchung die Vertragswidrigkeit nicht früher feststellen oder wenn er trotz Feststellung der Vertragswidrigkeit diese nicht früher anzeigen konnte (9 Ob 75/07f = RIS‑Justiz

RS0111004 [T1]).

2.6. Hätte die Klägerin das Kunstwerk im Rahmen ihres Unternehmensgegenstands erworben, hätte sie wohl iSd Art 38 Abs 1 CISG eine umfassende Untersuchung, also insbesondere eine Ausrahmung, vornehmen müssen. Tatsächlich hat die im Anlagenbau tätige Klägerin das Werk allerdings ‑ wie der Beklagten von Anfang an bekannt war - lediglich zu Dekorationszwecken erworben, um es in ihren Unternehmensräumlichkeiten auszustellen bzw aufzuhängen. Das Berufungsgericht hat die Klägerin deshalb zu Recht bezüglich des Ausmaßes der Untersuchungsobliegenheit wie eine „Privatperson“ behandelt, der eine Ausrahmung nach den Feststellungen nicht zumutbar war.

2.7. Der von der Beklagten behauptete Widerspruch dieses Auslegungsergebnisses zur Entscheidung 8 Ob 43/12z besteht nicht, weil dieser ein völlig anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag: Dort ging es um den Umfang der Untersuchungspflicht einer Unternehmerin, die in langjähriger Geschäftsbeziehung zur ‑ im selben Geschäftsfeld tätigen ‑ Verkäuferin stand und dieser als bewährter Lieferantin grundsätzlich vertrauen durfte. Deshalb wurde die Qualifikation stichprobenartiger Kontrollen als ausreichend vom Obersten Gerichtshof als durchaus vertretbar beurteilt.

3. Die Revision muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.

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