OGH 3Ob236/15z

OGH3Ob236/15z16.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien ‑ Wiener Wohnen, Wien 3, Rosa-Fischer-Gasse 2, diese vertreten durch Mag. DI Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E*, vertreten durch Dr. Oliver Thurin, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. September 2015, GZ 39 R 172/15f‑27, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E113256

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin zeigt in ihrer außerordentlichen Revision keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 30 Abs 2 Z 3 letzter Halbsatz MRG steht dem Verhalten des Mieters das Verhalten seines Ehegatten und seiner anderen mit ihm zusammenwohnenden Familienangehörigen sowie der sonst von ihm in die gemieteten Räume aufgenommenen Personen gleich, soweit er es unterließ, die ihm mögliche Abhilfe zu schaffen. Nach ständiger Rechtsprechung soll dem Mieter die Verantwortung für ein Verhalten der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen nur dann nicht auferlegt werden, wenn er davon keine Kenntnis hatte und deshalb dagegen auch nicht einschreiten konnte. War er hingegen in der Lage einzuschreiten, kann er sich nicht auf sein Unvermögen oder etwa darauf berufen, dass er alle ihm zu Gebote stehenden und ihm nach der Sachlage zumutbaren Abwehrmittel ausgeschöpft habe (RIS‑Justiz RS0070371).

2. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die beklagte Mieterin habe für das während ihrer urlaubsbedingten Abwesenheit gesetzte ungebührliche, weil grundlos aggressive, allenfalls sogar den Straftatbestand der Nötigung verwirklichende Verhalten ihres Lebensgefährten gegenüber der die Wohnung dienstlich aufsuchenden Mitarbeiterin der Hausverwaltung nicht einzustehen, weil ihr Lebensgefährte bis dahin nie negativ aufgefallen war und sich insbesondere niemals aggressiv oder ungehörig gegenüber anderen Hausbewohnern verhalten hatte, ist jedenfalls vertretbar.

3. Auch die Beurteilung, die in erster Instanz nicht anwaltlich vertretene Beklagte habe sich durch ihr Vorbringen, sie sei zur Zeit des Vorfalls auf Urlaub gewesen und ihr Lebensgefährte habe sich bisher immer wohlverhalten, ausreichend darauf gestützt, dass ihr keine Abhilfe gegen das inkriminierte Verhalten ihres Mitbewohners möglich gewesen sei, ist nicht zu beanstanden.

4. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist der hier zu beurteilende Sachverhalt mit dem der Entscheidung 7 Ob 113/10h zugrunde liegenden überhaupt nicht vergleichbar. Während sich nämlich der dortige Beklagte vom krass herabwürdigenden und beleidigenden Verhalten seines 16-jährigen Sohnes gegenüber der Hausbesorgerin nicht distanzierte, als er damit konfrontiert wurde, sondern es ‑ wie aus seinem Gesamtverhalten nach dem Vorfall abzuleiten war ‑ offenbar pauschal akzeptierte, sodass von ihm auch für die Zukunft keine Abhilfe gegen gleichartige Vorfälle zu erwarten war, hat sich die Beklagte in ihren Einwendungen gegen die Aufkündigung ‑ im Einklang mit den Feststellungen ‑ (nur) darauf berufen, dass sich ihr Lebensgefährte nach ihrer jahrelangen Erfahrung bisher stets höflich und rücksichtsvoll verhalten habe, woraus sie folgerte, dass es sich um ein „grobes Missverständnis“ handeln müsse. Anders als in der zitierten Entscheidung fehlte im vorliegenden Fall daher jeglicher Anhaltspunkt für die Annahme, die Beklagte toleriere bzw bagatellisiere das Vorgehen ihres Lebensgefährten und werde deshalb nicht auf ihn einwirken, um in Zukunft solche ‑ dann eine Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG rechtfertigende ‑ aggressiven Ausbrüche hintanzuhalten.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte