OGH 5Ob123/15x

OGH5Ob123/15x23.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. M***** J*****, Rechtsanwalt, *****, vertreten durch Mag. Alfons Umschaden, MBA, M.B.L., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** F*****, vertreten durch Dr. Bernhard Eder, Rechtsanwalt in Wien, wegen 12.125,78 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 8.459,20 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 26. März 2015, GZ 18 R 229/14a 23, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 20. Oktober 2014, GZ 4 C 901/13y‑17, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00123.15X.1123.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 744,43 EUR (darin 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Der Kläger begehrte vom Beklagten die Zahlung von 12.125,03 EUR sA. Der Beklagte habe den Kläger ‑ zwar im Zusammenhang mit der geplanten Errichtung und Abwicklung eines Kaufvertrags aber gesondert ‑ mit der Prüfung der Rechtslage und der Abwehr von Ansprüchen aus einer Schenkungsanfechtung beauftragt. Die dafür erbrachten Leistungen habe der Kläger gemäß den Grundsätzen des Rechtsanwaltstarifgesetzes (RATG) abgerechnet.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und wandte unter anderem ein, dass die Klage unschlüssig sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 8.459,20 EUR sA statt, das Mehrbegehren wies es unangefochten ab. Der Beklagte habe den Kläger den eigenständigen und erkennbar entgeltlichen Auftrag zur Prüfung und Abwehr von Ansprüchen auf Herausgabe einer Liegenschaft erteilt. Die für diese Leistungen verrechneten Beträge fänden im RATG Deckung und der Beklagte habe deren Umfang nicht substantiiert bestritten.

Das Berufungsgericht gab der gegen den klagsstattgebenden Teil dieses Urteils gerichteten Berufung des Beklagten nicht Folge. Soweit für das Revisionsverfahren relevant, führte das Berufungsgericht aus, dass ein Rechtsanwalt einen begehrten Pauschalbetrag entsprechend aufzugliedern habe, um den Bestimmtheitserfordernissen des § 226 ZPO gerecht zu werden. Der Kläger habe hier ‑ nach dem berechtigten Einwand des Beklagten, die Mahnklage sei unschlüssig ‑ in seinem vorbereitenden Schriftsatz seine klageweise geltend gemachten Leistungen einzeln dargestellt, sich auf „vorzulegende Urkunden“ berufen und in diesem Zusammenhang in der nachfolgenden Tagsatzung unter anderem die Leistungsaufstellung Beilage ./B vorgelegt, die neben dem bereits erstatteten Vorbringen über die Einzelleistungen hinaus die einzelnen Beträge detailliert ausweise. Urkunden stellten zwar kein Prozessvorbringen dar und könnten solches auch nicht ersetzen. Bei den vorliegenden Umständen wäre es aber übertriebener Formalismus, die Qualifizierung des Inhalts der Beilage ./B als Vorbringen davon abhängig zu machen, dass es unmittelbar in den Schriftsatz aufgenommen werde. Die Darstellung der Klagsforderung sei daher nachvollziehbar und das Vorbringen insgesamt schlüssig. Der Kläger habe keinen Pauschalbetrag gefordert; sein vorbereitender Schriftsatz enthalte auch Vorbringen zur Bemessungsgrundlage und zu den einzelnen Leistungspositionen. Das nicht schon im Verfahren vor dem Erstgericht erstattete bestreitende Vorbringen zur Richtigkeit der Bemessungsgrundlage und Berechtigung einzelner Abrechnungspositionen könne im Rechtsmittel nicht nachgetragen werden.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Zwar komme der Frage, ob eine Klage als schlüssig zu qualifizieren sei, grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, die vorliegende Konstellation bedürfe jedoch der Klarstellung. Der Beklagte habe nämlich nach Auffassung des Berufungsgerichts zunächst berechtigterweise den Einwand der mangelnden Schlüssigkeit erhoben und diesen nach dem ergänzenden Vorbringen des Klägers aufrecht erhalten. Nach ständiger Rechtsprechung bedürfe es dann keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, wenn der Gegner bereits Einwendungen erhoben habe. Wollte man entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Schlüssigkeit der Klage verneinen, wäre sie daher im Hinblick auf diese Judikaturlinie ohne Einleitung eines Verbesserungsverfahrens abzuweisen; dies stehe aber im Spannungsfeld zur Judikatur, wonach vor der Abweisung eines unschlüssigen Klagebegehrens stets ein Verbesserungsversuch vorzunehmen sei.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichts im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung abzuändern.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision infolge Unzulässigkeit zurückzuweisen, hilfsweise dieser keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist ‑ entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht

bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§

508a Abs 1 ZPO) ‑ nicht zulässig. Weder in der zweitinstanzlichen Zulassungsbegründung noch im Rechtsmittel wird eine für die Entscheidung auch präjudizielle Rechtsfrage mit erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

1. Der Revisionswerber hat in allen drei Instanzen die Unschlüssigkeit der Klage mangels Bestimmtheit iSd § 226 ZPO eingewandt. Die Schlüssigkeit einer Klage kann aber nur an Hand der konkreten Behauptungen im Einzelfall geprüft werden. Ihre Beurteilung begründet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0037780, RS0116144). Anderes würde nur im Fall einer auffallenden Fehlbeurteilung gelten. Eine solche, ein Eingreifen des Obersten Gerichtshofs erfordernde Fehlbeurteilung liegt hier aber nicht vor.

2. Werden aus einem rechtserzeugenden Sachverhalt mehrere Ansprüche abgeleitet und in einer Klage geltend gemacht, dann muss in einem solchen Fall der objektiven Klagehäufung jeder der Ansprüche zumindest in der Begründung ziffernmäßig bestimmt und individualisiert sein, um dem Bestimmtheitsgebot des § 226 ZPO zu entsprechen (RIS‑Justiz RS0031014 [T29], RS0037907). Diese Grundsätze gelten aber eben nur bei einer objektiven Klagenhäufung (RIS‑Justiz RS0031014 [T29]). Wird hingegen ein einheitlicher Anspruch eingeklagt, genügt es, wenn der Kläger in erster Instanz seinen Anspruch in bestimmter Weise beziffert (4 Ob 241/14s, 10 Ob 37/13h).

Ob Teile eines einheitlichen Anspruchs eingeklagt sind oder mehrere voneinander zu unterscheidende, einem unterschiedlichen rechtlichen Schicksal zugängliche Ansprüche hängt ebenso von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab wie die Frage, ob eine weitergehende Aufschlüsselung zumutbar ist, wenn ein auf einen einheitlichen Anspruchsgrund gestütztes Begehren sich aus zahlreichen Einzelforderungen zusammensetzt (4 Ob 241/14s).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger habe die Klagsforderung nachvollziehbar dargestellt und das Vorbringen dazu sei insgesamt schlüssig, hält sich im Rahmen dieser von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entwickelten Leitlinien. Der Kläger begehrt hier keinen Pauschalbetrag aus mehreren gesondert zu beurteilenden Rechtsverhältnissen sondern das Honorar für seine Leistungen aus einem einzigen Auftragsverhältnis. Diese Leistungen hat er in einem vorbereitenden Schriftsatz durch Angaben über Art, Zeitpunkt und Dauer der Verrichtung konkretisiert. Das Berufungsgericht verweist aber insbesondere auch auf die diese Einzelpositionen zusätzlich beziffernde Leistungsaufstellung Beilage ./B. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht eine weitergehende Aufschlüsselung jedenfalls vertretbar nicht als erforderlich angesehen. Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass der Verweis auf Urkunden und Beweisergebnisse fehlendes Prozessvorbringen nicht ersetzen können (RIS‑Justiz RS0001252, RS0037915

).

Das Berufungsgericht betrachtet diese Leistungsaufstellung aber eben nicht als eine ‑ in diesem Zusammenhang unbeachtliche ‑ Beweisurkunde sondern als Bestandteil des Klagevorbringens. Darin liegt keine trotz ihrer Einzelfallbezogenheit aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung (vgl 3 Ob 244/13y).

3. Das Berufungsgericht begründet

seinen Zulässigkeitsausspruch mit der Erheblichkeit der Rechtsfrage, ob in der vorliegenden besonderen Konstellation die allfällige Unschlüssigkeit zur sofortigen Abweisung der Klage ohne Einräumung einer Verbesserungsmöglichkeit führen würde.

Diese Frage stellt sich infolge vertretbarer Bejahung der Schlüssigkeit im konkreten Fall nicht. Die Beantwortung bloß abstrakter Rechtsfragen ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0111271).

4. Auch die Revision des Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf. Insbesondere ist das Berufungsgericht nicht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Behauptungs‑ und Beweislast

abgewichen.

Im

Honorarprozess des Rechtsanwalts gilt

der allgemeine Grundsatz, wonach den Beklagten die Behauptungs‑ und Beweislast für die

Einwendungstatsachen

trifft

(4

Ob 52/04g = RIS‑Justiz RS0118756). Die Anwendung dieses Grundsatzes auf den

Einzelfall stellt keine Rechtsfrage von

erheblicher Bedeutung iSd §

502 Abs 1 ZPO dar. Die Annahme des Berufungsgerichts, die vom Revisionswerber behauptete Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung der Höhe des Honorars hänge von solchen ‑ in erster Instanz nicht vorgebrachten ‑ Tatsachen ab, stellt keine aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung dar.

5. Die Revision war daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

6. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen und deshalb Anspruch auf die Kosten seiner Revisionsbeantwortung (§§ 41, 50 ZPO; vgl RIS‑Justiz RS0035962; RS0035979).

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