OGH 12Os123/15b

OGH12Os123/15b19.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weißnar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Liri L***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Jugendschöffengericht vom 12. August 2015, GZ 12 Hv 61/15g‑67, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00123.15B.1119.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen rechtskräftigen Freispruch enthält, wurde Liri L***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in K***** etwa vom 6. November 2014 bis zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt vor dem 18. November 2014 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz die bereits hiefür rechtskräftig Verurteilten Nehat L*****, Fitim M*****, Asdren A***** und Arsim S***** durch die Aufforderung, einen Raubüberfall auf das Wettbüro „A***** S*****“ durchzuführen, wobei er mit ihnen die Örtlichkeit auskundschaftete und die genaue Vorgehensweise besprach, dazu bestimmt, fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in der Höhe von 23.400,60 Euro, Verfügungsberechtigten des genannten Wettbüros durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben wegzunehmen, wobei die Genannten als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung handelten, und die Angestellte Sabrina H***** unter Vorhalt einer Gaspistole durch Nehat L*****, also unter Verwendung einer Waffe, zwangen, das Wettlokal aufzusperren, den darin befindlichen Tresor zu öffnen und sodann das Bargeld daraus an sich zu nehmen, während Fitim M***** vor dem Lokal Aufpasserdienste leistete.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen meldete der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 68).

In der Folge führte der Angeklagte jedoch keine Nichtigkeitsbeschwerde, sondern eine Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld und wegen Strafe aus (ON 71).

Da der Rechtsmittelwerber weder bei der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde noch in einer Ausführung einen der in § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 oder in § 281a StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnete, war die Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285a Z 2 StPO).

Da eine Berufung wegen Schuld im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen ist, war diese ebenso zurückzuweisen (§§ 280, 283 Abs 1 StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung wegen Strafe (§ 285i StPO).

Bleibt mit Blick auf § 290 StPO anzumerken, dass das Erstgericht zu Unrecht die Qualifikation nach § 143 erster Fall StGB angenommen hat. Nach den tatrichterlichen Konstatierungen war der Rechtsmittelwerber nämlich nicht selbst Mitglied einer kriminellen Vereinigung, sondern wusste bloß, dass die anderen Beteiligten als Mitglieder einer solchen kriminellen Verbindung handelten. Damit haftet er aber nicht nach der genannten Bestimmung ( Eder-Rieder in WK 2 StGB § 143 Rz 9 mwN; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 143 Rz 9 iVm § 130 Rz 40 f). Mit dem aufgezeigten Rechtsfehler ist jedoch kein Nachteil im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO verbunden. Bei der Entscheidung über die Berufung besteht für das Oberlandesgericht im erwähnten Umfang keine Bindung an den Ausspruch des Erstgerichts über das anzuwendende Strafgesetz (RIS-Justiz RS0118870).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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