OGH 4Ob200/15p

OGH4Ob200/15p17.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Alexander Cizek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 32.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 29. September 2015, GZ 4 R 115/15h-13, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00200.15P.1117.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Beim Irreführungstatbestand ist nach ständiger Rechtsprechung zu prüfen, (a) wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für das Produkt oder die Dienstleistung, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwendet, die strittige Ankündigung versteht, (b) ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht, und ob (c) eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, den Kaufinteressenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (4 Ob 42/08t, W.‑Klaviere; RIS‑Justiz RS0123292; zuletzt etwa 4 Ob 137/14x und 4 Ob 107/15m). Wie die angesprochenen Kreise eine Werbeaussage verstehen und ob sie danach zur Irreführung geeignet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher in der Regel keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0107771). Dabei kann einem Unternehmen im Regelfall nicht unterstellt werden, eine von vornherein unwirksame Werbung zu betreiben (4 Ob 127/12y, Exklusiv für Club‑Mitglieder; RIS-Justiz RS0123292 [T5]; zuletzt etwa 4 Ob 107/15m).

2. Das Rekursgericht hat diese Rechtsprechung seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Seine Annahme, der Durchschnittsverbraucher

- beziehe die beanstandete Aussage „Optiker des Jahres“ auf die Beklagte,

- sehe darin nicht bloß eine Wertung oder eine marktschreierische Anpreisung, sondern einen Hinweis auf eine Spitzenstellung in einer Umfrage oder einem „Ranking“, die tatsächlich nicht vorliegt, und

- werde dadurch unter Umständen veranlasst, sich näher mit dem Angebot der Beklagten zu beschäftigen,

ist jedenfalls vertretbar. Das gilt auch unter Bedachtnahme auf den Gesamteindruck der Werbung. Es ist zwar richtig, dass die Aussage „Optiker des Jahres“ zunächst nicht zu einem „Erfolg“ bei der damit angesprochenen Person führt. Insgesamt verstärkt sie jedoch das positive Bild, das die Werbung von der Beklagten zeichnet; die darauf folgende ‑ nunmehr „erfolgreiche“ ‑ Aussage, dass es bei der Beklagten drei Brillen zum Preis von einer gebe, kann im konkreten Zusammenhang auch als Erklärung dafür verstanden werden, weshalb die Beklagte ‑ in welchem „Ranking“ auch immer ‑ zum „Optiker des Jahres“ gewählt wurde.

3. Über den Einzelfall hinausgehende Fragen waren daher nicht zu lösen, die Beurteilung des Einzelfalls bedarf keiner Korrektur. Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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