OGH 4Ob209/15m

OGH4Ob209/15m17.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Ebert Huber Swoboda Oswald & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei M***** P*****, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.900 EUR), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 14. September 2015, GZ 1 R 126/15d‑9, womit der Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 16. Juli 2015, GZ 21 Cg 35/15p‑4, teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00209.15M.1117.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die Klägerin ist Inhaberin einer Bewilligung für die Durchführung von Glücksspiel in Form der Ausspielung mittels Automaten in Niederösterreich. Die Beklagte betreibt ein Gasthaus in B***** und verfügt über eine entsprechende Gewerbeberechtigung. In ihrem Lokal sind in einem separaten Raum vier Glücksspielautomaten aufgestellt. Betreiber der Geräte ist eine mit der Beklagten vertraglich verbundene slowakische Kapitalgesellschaft. Weder diese noch die Beklagte verfügen über eine Bewilligung zur Durchführung von Glücksspiel in Form der Ausspielung mittels Automaten.

Die Klägerin beantragte neben ihrer auf § 1 Abs 1 Z 1 UWG gestützten und auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung gerichteten Klage die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit der Beklagten verboten werde, Glücksspiele in Form der Ausspielung zu betreiben oder den Betrieb von entsprechenden Geräten zu ermöglichen, solange sie oder der Dritte über keine behördliche Konzession verfügten.

Die Beklagte wendete sich gegen den Sicherungsantrag und beantragte in eventu, der Klägerin eine Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000 EUR aufzutragen. Durch die Außerbetriebnahme der Terminals sei im Gastgewerbebetrieb mit einem Rückgang der Konsumation von zumindest 1.500 EUR monatlich zu rechnen. Der abgetrennte Bereich mit vier Geräten sei als „Automatencafé“ anzusehen. Durch die einstweilige Verfügung würde der Beklagten das monatliche Entgelt von 700 EUR für die Zurverfügungstellung des Aufstellplatzes entgehen.

Das Erstgericht erließ die Sicherungsverfügung und wies den Antrag der Beklagten, der Klägerin den Erlag einer Sicherheitsleistung aufzutragen, ab. Es erachtete nicht als bescheinigt, dass die Beklagte 700 EUR monatlich für das Zurverfügungstellen des Aufstellplatzes erhalte und dass sie durch das Aufstellen der Automaten einen zusätzlichen monatlichen Umsatz von 1.500 EUR für Getränkekonsum der Spieler erwirtschafte. Es sei davon auszugehen, dass das Glücksspiel nicht die Haupteinnahmequelle der Beklagten sei.

Das Rekursgericht hob den Teil des erstgerichtlichen Beschlusses auf, mit welchem der Antrag der Beklagten abgewiesen worden war, der Klägerin den Erlag eine Sicherheitsleistung aufzutragen, und trug dem Erstgericht die neuerliche Beschlussfassung nach Verfahrensergänzung auf. Die Beklagte habe zur Bescheinigung ihres Vorbringens im Zusammenhang mit der Sicherheitsleistung unter anderem ihre Einvernahme beantragt, das Erstgericht habe davon jedoch ohne Begründung Abstand genommen. Darin liege ein wesentlicher Verfahrensmangel, denn bei Zutreffen des Vorbringens der Beklagten wäre von einem erheblichen Eingriff in ihre Geschäftstätigkeit auszugehen. Das Erstgericht werde daher das Verfahren durch Ladung und allfällige anschließende Einvernahme der Beklagten zu ergänzen haben. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zur Frage zulässig, ob eine Sicherheitsleistung schon dann gerechtfertigt sei, wenn der Vollzug der einstweiligen Verfügung (nur) eine erhebliche Einnahmenseinbuße des Beklagten zur Folge haben werde, ohne aber das vom Beklagten betriebene Geschäftsmodell unmöglich zu machen.

Dagegen richtet sich der (als Revisionsrekurs bezeichnete) Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass keine Sicherheitsleistung aufgetragen werde.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist ‑ ungeachtet des rekursgerichtlichen Zulassungsausspruchs ‑ in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

1. Auch bei ausreichender Bescheinigung des Anspruchs kann das Gericht dann die Bewilligung der einstweiligen Verfügung von einer entsprechenden Sicherheitsleistung abhängig machen, wenn nach den Umständen des Falls Bedenken wegen tiefgreifender Eingriffe der einstweiligen Verfügung in die Interessen des Gegners der gefährdeten Partei bestehen (§ 390 Abs 2 EO). Durch die Sicherheitsleistung wird in solchen Fällen die nötige Interessenabwägung zwischen der Gefährdung des Antragstellers und dem Eingriff in die Rechtssphäre des Antragsgegners vorgenommen und ein entsprechender Ausgleich bewirkt (RIS‑Justiz RS0005711; RS0005595).

2. Ob und in welcher Höhe eine nach § 390 Abs 2 EO auferlegte Sicherheitsleistung gerechtfertigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, so dass regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO vorliegt (RIS‑Justiz RS0113134).

3. Der Senat hat jüngst die Auferlegung einer Sicherheitsleistung von 15.000 EUR beim unzulässigen Betrieb von drei Glücksspielautomaten in einem Tankstellenbuffet gebilligt (4 Ob 178/15b), bzw 50.000 EUR bei drei Glücksspielautomaten in einem Tankstellencafé, ohne Vernichtung eines Geschäftsmodells (4 Ob 260/14k).

4. Die vom Rekursgericht aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Sicherheitsleistung schon dann gerechtfertigt sein kann, wenn der Vollzug der einstweiligen Verfügung (nur) eine erhebliche Einnahmenseinbuße des Beklagten zur Folge hat, ohne aber sein Geschäftsmodell unmöglich zu machen, wurde daher vom Obersten Gerichtshof bereits (bejahend) beantwortet. In Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 528 Abs 1 ZPO ist der Rekurs daher zurückzuweisen.

5. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte