OGH 9ObA102/15p

OGH9ObA102/15p28.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Paul Kunsky und Mag. Robert Brunner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei ***** K*****, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler und andere, Rechtsanwälte in St. Florian, gegen die beklagte Partei Land *****, vertreten durch Jäger Loidl Welzl Schuster Schenk Rechtsanwälte OG in Linz, wegen 93.193,84 EUR sA und Feststellung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Mai 2015, GZ 12 Ra 37/15w‑59, mit dem über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 4. Dezember 2014, GZ 7 Cga 163/12v‑51, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00102.15P.1028.000

 

Spruch:

Der Rekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat den Rekurs gegen den Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO zugelassen, weil zur Frage, ob die Einstufung von Vertragsbediensteten im öffentlichen Dienst unter Zugrundelegung des Bewertungssystems nach Hay zu erfolgen habe, zwar eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, aber keine des Obersten Gerichtshofs aufgefunden werden konnte.

Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage wird vom Kläger in seinem Rekurs jedoch nicht releviert. Den Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschluss „an sich“ lässt er ausdrücklich unbekämpft, weil er sich dadurch nicht für beschwert erachte, beruhte er doch auf seinem Eventualantrag in der Berufung gegen das Ersturteil. Der Kläger vertritt ‑ insoweit in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht (und im Übrigen auch mit seiner beklagten Arbeitgeberin) ‑ die Ansicht, auch seiner Einstufung müsse das Hay'sche Stellenbewertungsverfahren zugrunde gelegt werden. Das Berufungsgericht hielt die Rechtssache in diesem Zusammenhang mangels ausreichender Sachverhaltsgrundlage noch nicht für spruchreif.

Der Kläger zeigt in der Zulassungsbegründung seines ordentlichen Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluss auch keine andere erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf, von deren Lösung die Sachentscheidung abhängt. Der Rekurs ist daher entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 526 Abs 2 ZPO) nicht zulässig (vgl RIS-Justiz RS0080388 [T1]; RS0102059). Dies zeigt auch die Beklagte in ihrer Rekursbeantwortung auf.

1. Gemäß § 19b Oö. L-GBG hat eine betroffene Person, die sich vor Gericht auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinn dieses Landesgesetzes beruft, Tatsachen glaubhaft zu machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen. Gelingt das, dann obliegt es der bzw dem Beklagten zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorliegt. Für die Glaubhaftmachung reicht der Nachweis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der zu bescheinigenden Tatsache (9 ObA 144/14p; 9 ObA 42/15i je mwN). Erst wenn also dem Arbeitnehmer die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen Geschlecht und dem Entgelt indizieren, gelungen ist, obliegt es dem beklagten Arbeitgeber, bei Berufung des Arbeitnehmers auf § 3 Abs 2 Z 2 Oö. L-GBG (Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Festsetzung des Entgelts) zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichstellungsgebots iSd Oö. L‑GBG vorliegt. Die Frage, ob diese Glaubhaftmachung dem Kläger gelungen ist oder nicht, stellt das Ergebnis einer richterlichen Beweiswürdigung und keine rechtliche Beurteilung dar (RIS-Justiz RS0040286). Diese Frage ist daher nicht revisibel (vgl RIS‑Justiz RS0043371).

Im vorliegenden Fall ist der Kläger mit seinen unter anderem auf Festsetzung des Entgelts nach § 11 Oö. L‑GBG wegen Verletzung des Gleichstellungsgebots nach § 3 Abs 2 Z 2 Oö. L‑GBG gerichteten (Zahlungs- und Feststellungs‑)Begehren aber schon an der ersten Stufe gescheitert, und zwar glaubhaft zu machen, dass er wegen des Geschlechts ein geringeres Entgelt als eine Arbeitnehmerin, die einen vergleichbaren Dienstposten bekleidet, erhält. Das Geschlecht der Person, die einen bestimmten Dienstposten bei der Beklagten innehat, spielt aber nach den Verfahrensergebnissen bei der Bewertung desselben keine Rolle. Bei der entsprechenden Einstufung eines Dienstpostens wird auf die betreffende Stelle abgestellt, nicht aber auf den jeweiligen Bewerber oder Inhaber dieser Stelle. Soweit sich der Rekurs darauf bezieht, dass der Kläger ausreichende Umstände für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts glaubhaft gemacht habe, ist er folglich keiner Behandlung durch den Obersten Gerichtshof zugänglich.

2. Es ist herrschende Rechtsprechung, dass die Verweigerung der gleichen Einstufung eines Arbeitnehmers bei gleicher Tätigkeit ein Willkürakt des Arbeitgebers sein und den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen kann (9 ObA 9/13h; RIS‑Justiz RS0016817). Die Beantwortung dieser Frage hängt regelmäßig von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (vgl RIS‑Justiz RS0016815). Auch die Frage, ob eine Differenzierung zwischen den Bediensteten sachlich gerechtfertigt ist, kann stets nur im Einzelfall unter Beachtung der bei den betroffenen Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen gegebenen konkreten Umstände entschieden werden (vgl RIS‑Justiz RS0060204 ua). Beide Fragen begründen demzufolge in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO. Eine krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zeigt der Kläger in seinem Rekurs nicht auf.

Das Berufungsgericht verneinte eine Ungleichbehandlung des Klägers zum einen deshalb, weil der Kläger gar nicht nachgewiesen habe, dass der von ihm behaupteten Schlechterstellung bei der Einstufung durch die Beklagte ein Abweichen von einem generalisierenden Prinzip (vgl 9 ObA 36/14f ua; RIS-Justiz RS0060204 [T5]) zugrunde liege. Zum anderen erläuterte es detailliert die mangelnde Vergleichbarkeit der konkreten Tätigkeit des Klägers mit jener der vom Kläger benannten Vergleichspersonen. Diese rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts ist vertretbar und wird vom Rekurswerber in der Zulassungsbegründung seines Rechtsmittels auch nicht begründet bekämpft. Vielmehr vermisst der Rekurswerber „entsprechende“ Feststellungen, ohne die eine abschließende Beurteilung dieser Frage angeblich nicht möglich sei, legt diese jedoch im Einzelnen nicht dar. Damit bringt er seine Rechtsrüge aber nicht zur gesetzmäßigen Ausführung (vgl RIS-Justiz RS0053317).

3. Die Einstufung eines Vertragsbediensteten hat grundsätzlich nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen. Sieht das Gesetz für eine bestimmte Entlohnungsgruppe ganz bestimmte Einstufungserfordernisse vor, sind diese heranzuziehen. Nur wenn der rechtliche Inhalt der im Entlohnungsschema für die einzelnen Entlohnungsgruppen verwendeten Bezeichnungen im Gesetz nicht näher bestimmt ist und außerdem genaue Bestimmungen über die Einstufungsvoraussetzungen fehlen, gilt der Grundsatz, dass sich die Einstufung nach den tatsächlich geleisteten Diensten richtet (8 ObA 72/11p; 9 ObA 55/15a; RIS‑Justiz RS0081501). Die vom Berufungsgericht dem Erstgericht in seinem Aufhebungsbeschluss übertragene Rechtsansicht weicht von diesen Grundsätzen nicht ab. Auch insoweit bringt der Rekurs daher keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.

Die Zurückweisung des Rekurses mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Anführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 528a ZPO; RIS‑Justiz RS0043691). Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht.

Das Erstgericht hat sich die Kostenentscheidung vorbehalten (§ 52 Abs 3 ZPO).

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