OGH 3Ob177/15y

OGH3Ob177/15y14.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Lovrek als Vorsitzende, die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Roch und Mag. Wurzer sowie die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****-Versicherung AG, *****, vertreten durch Mag. Guido Leitgeb, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei A*****, vertreten durch Korn & Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen 8.795,16 EUR sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 3. Juni 2015, GZ 22 R 88/15t‑52, womit das Zwischenurteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 13. Februar 2015, GZ 32 C 104/12k‑48, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00177.15Y.1014.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 742,27 EUR (hierin enthalten 123,71 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Am 12. 12. 2008 kam es in einer Mehrfach‑Garagenanlage zu einem Brand, bei dem unter anderem die Garage des Versicherungsnehmers der Klägerin beschädigt wurde. Die Klägerin hat aufgrund dieses Schadensereignisses Ersatzleistungen an ihren Versicherungsnehmer erbracht. Die Garagenanlage besteht aus vier Garagen, von denen die beiden mittleren, nicht räumlich getrennten der Schwester des Beklagten gehören und von diesem genutzt werden.

Der Beklagte verfügte im Unfallszeitpunkt über die notwendige Ausbildung für das Abbrennen von Großfeuerwerken. Er brachte am 12. 12. 2008 mehrere von ihm am Vortag erworbene Schachteln mit pyrotechnischen Gegenständen der Klasse IV, die zum Abschießen von Großfeuerwerken dienen und die er an Kunden in Deutschland und Italien ausliefern wollte, in die von ihm benützte Garage, um sie dort umzuschlichten (für die Lieferung an die einzelnen Kunden vorzusortieren). Im Zuge dieses Vorgangs kam es durch eine unsachgemäße Handhabung des Beklagten bei der Manipulation der Feuerwerkskörper zu einer Zündung, die aufgrund einer Kettenreaktion letztlich den Brand auslöste.

Die Klägerin begehrte, gestützt auf § 67 Abs 1 VersVG, die Zahlung von 8.795,16 EUR sA aus dem Titel des Schadenersatzes. Der Beklagte habe das Brandschadensereignis verursacht, indem er Explosionsmittel unzulässig und unsachgemäß gelagert habe. Bei der Überprüfung der Feuerwerkskörper in den Kartonschachteln habe er durch eine unsachgemäße Manipulation die Zündung und damit letztlich den Brand ausgelöst. Außerdem habe er (unter anderem) gegen die Pyrotechnik‑Lagerverordnung (Pyr‑LV) 2004 (BGBl II 2004/252) verstoßen.

Der Beklagte wendete ein, es sei durch Selbstentzündung eines Feuerwerkskörpers zum Brandereignis gekommen. Er habe gegen keine gesetzliche Vorschrift zum Umgang mit Feuerwerkskörpern verstoßen, diese insbesondere nicht vorschriftswidrig oder unsachgemäß eingelagert, zumal er überhaupt keine Einlagerung vorgenommen habe.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil vom 13. Februar 2015 aus, dass die Klageforderung dem Grunde nach zu Recht bestehe. Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beklagten ergebe sich einerseits aus der Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts, nämlich des Eigentums des Versicherungsnehmers der Klägerin, und andererseits aus einer Schutzgesetzverletzung. Der Beklagte habe nämlich gegen § 3 Abs 1 Z 7 Pyr‑LV 2004 verstoßen, wonach die Lagerung von pyrotechnischen Gegenständen in Garagen strikt verboten sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Entscheidend für die Haftung des Beklagten dem Grunde nach sei, dass er die pyrotechnischen Artikel entgegen § 3 Abs 1 Z 7 Pyr‑LV in eine Garage verbracht und zusätzlich dort noch an einem der Artikel herumhantiert habe.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein bloß kurzfristiges Deponieren pyrotechnischer Artikel (ein „Umpacken“) in Garagen als Lagerung iSd Pyr-LV 2004 anzusehen sei.

In seiner Revision macht der Beklagte zusammengefasst geltend, die Pyr-LV 2004 sei auf den konkreten Sachverhalt nicht anwendbar, weil keine Lagerung vorgelegen sei. Mangels konkreter Feststellungen zum angeblichen unsachgemäßen Hantieren sei seine Haftung schon dem Grunde nach zu verneinen.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Nach den Feststellungen hat der Beklagte die Feuerwerkskörper nur deshalb in die Garage gebracht, um sie dort für die geplante unmittelbar anschließende Auslieferung an seine Kunden vorzusortieren. Auf die Frage, ob dieser Vorgang als „Lagerung“ iSd Pyr‑LV 2004 anzusehen ist, kommt es hier im Ergebnis nicht an:

Bereits das Erstgericht hat richtig erkannt, dass der Beklagte durch sein Verhalten jedenfalls in das Eigentum des Versicherungsnehmers der Klägerin und damit in ein absolut geschütztes Rechtsgut eingegriffen hat. Die ‑ durch diesen Eingriff indizierte (4 Ob 192/10d; RIS‑Justiz

RS0022939 [T2]) ‑ Rechtswidrigkeit ist im vorliegenden Fall angesichts des festgestellten unsachgemäßen Hantierens und somit objektiv sorgfaltswidrigen Verhaltens des Beklagten mit den Feuerwerkskörpern unzweifelhaft zu bejahen.

Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist diese Feststellung auch nicht zu wenig konkret. Da nämlich aufgrund des vom Erstgericht eingeholten Sachverständigengutachtens mit der erforderlichen Sicherheit feststeht, dass die letztlich den Brand auslösende Explosion eines Feuerwerkskörpers nicht auf eine Selbstentzündung, sondern auf ein Fehlverhalten des Beklagten zurückzuführen war, schadet es nicht, dass im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbar ist, was genau der Beklagte falsch gemacht hat.

Die Vorwerfbarkeit des rechtswidrigen Verhaltens des Beklagten, also sein Verschulden (Fahrlässigkeit), ergibt sich schon daraus, dass ihm aufgrund seiner Ausbildung die Unsachgemäßheit seines Hantierens bekannt sein musste.

Da der Beklagte somit dem Grunde nach jedenfalls für den geltend gemachten Schaden einzustehen hat, ist die Revision mangels Entscheidungsrelevanz der vom Berufungsgericht und vom Revisionswerber als erheblich bezeichneten Rechtsfrage zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035962).

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