OGH 2Ob10/15g

OGH2Ob10/15g9.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** B*****, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei R***** J*****, vertreten durch Dr. Erwin Köll, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. Mai 2014, GZ 2 R 41/14i‑13, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 28. November 2014, GZ 2 R 41/14i‑19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 27. November 2013, GZ 16 C 345/13h‑9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00010.15G.0909.000

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung, selbst oder über seine Veranlassung das Grundstück des Klägers, Gst 112 GB *****, zum Zwecke der Zu‑ und Abfahrt zum Gst 115/3 GB ***** und dem darauf befindlichen Hotel zu befahren und zu begehen, sowie auf Unterlassung jeder ähnlichen anderen Handlung in Anspruch.

Auf dem Gst 112 des Klägers ist aufgrund eines Tauschvertrags vom 9. 12. 1968 die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über einen vier Meter breiten Grundstreifen zu den Gst 113 und 110 einverleibt. Auf dem Gst 113 stehen eine Scheune sowie ein Stadel, die zu einem Hotel, das auf dem unmittelbar angrenzenden Gst 115/3 situiert ist, gehören.

In einem gerichtlichen Vergleich zwischen dem Kläger und dem Eigentümer des Hotels vom 31. 8. 2012 ist festgehalten, dass für das Gst 115/3 keine Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens über das Gst 112 besteht, und, dass sich der Hoteleigentümer verpflichtet a) auf andere Personen dahin einzuwirken, dass der Dienstbarkeitsweg nicht zum Zweck der Hotelzufahrt bzw zum Zweck der Zufahrt oder des Zugangs zu Gst 115/3 in einem Zug ohne Ausübung einer auf das Gst 113 bezogenen Tätigkeit benutzt werde, und b) nicht zum Zweck der Hotelabfahrt oder des Hotelabgangs der Weg auf dem Gst 112 ausgehend vom Gst 115/3 über das Gst 113 in einem Zug ohne Ausübung einer auf das Gst 113 bezogenen Tätigkeit zur Gemeindestraße hin genommen werde.

Der Kläger überwacht den Weg mit einer Fotokamera, die bei jeder Bewegung ein Foto anfertigt.

Am 11. 2. 2013 fuhr die damalige Lebensgefährtin des Beklagten mit dem vom Beklagten gehaltenem Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen ***** von der Gemeindestraße über das Gst 112 zum Parkplatz des Gst 113, wo sie das Fahrzeug auf einem der Personalparkplätze vor dem Schuppen gegenüber dem Hotel abstellte und zu Fuß zum Hotel auf dem Gst 115/3 weiterging, um dort ihren Dienst anzutreten. Dabei passierte sie zwei Schilder mit der Aufschrift „Ausgenommen Anrainer HNR. 56 und Gst 113, kein Geh‑ und Fahrweg Hotel S*****“, die der Kläger dort angebracht hatte. Sie war in Kenntnis darüber, dass sie den Dienstbarkeitsweg nur befahren dürfe, wenn sie direkt zu den Personalparkplätzen auf Gst 113 zufahre.

Der Beklagte kam einer Aufforderung des Klagevertreters zur Unterfertigung einer Unterlassungserklärung bzw dem Ersuchen um Bekanntgabe des Lenkers des Fahrzeugs am 11. 2. 2013 nicht nach, obwohl ihm dieses Schreiben zur Kenntnis kam.

Das Berufungsgericht wies in Abänderung der stattgebenden erstinstanzlichen Entscheidung das Klagebegehren ab und ließ die ordentliche Revision nachträglich mit dem Hinweis auf eine gegenteilige Entscheidung zu einem gleichgelagerten Sachverhalt durch einen anderen Senat des Berufungsgerichts zu.

Der Kläger macht in seiner ordentlichen Revision das Abweichen des Berufsgerichts insbesondere von der Entscheidung 4 Ob 58/08w, in der ebenfalls einem Unterlassungsbegehren gegenüber dem Halter eines Busses wegen Nichtbenennung des Lenkers stattgegeben worden und kein aktives Tun des Halters des Busses gefordert worden sei, geltend. Letzeres sei auch 8 Ob 151/08a zu entnehmen. Auch gehe aus den Feststellungen unzweifelhaft hervor, dass die Pkw‑Lenkerin das Gst 112 zum Zweck der Zufahrt zum Gst 115/3 bzw zum Hotel benutzt habe, sei doch ein Zufahren über das Gst 112 zum Gst 113, um dann auf das Gst 115/3 zu gehen, als Zufahrt zum Gst 115/3 zu werten. Dies umso mehr, als der auf den Gst 113 errichtete Schuppen zum Hotel gehöre. Im Übrigen sei vom Klagebegehren auch jede ähnliche Störungshandlung umfasst, worunter jedenfalls ein „bloßes“ Zufahren zum Gst 113 mit anschließendem „Fußweg“ zum Gst 115/3 falle.

Damit vermag der Rechtsmittelwerber aber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, sodass die Entscheidung entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt:

Rechtliche Beurteilung

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen in Verbindung mit dem offenen Grundbuch umfasst die Servitut zu Gunsten des Gst 113 das Recht des (unbeschränkten) Geh‑ und Fahrwegs über einen vier Meter breiten Grundstreifen des Gst 112. Von genau diesem Fahrrecht hat die Lenkerin des Pkw des Beklagten Gebrauch gemacht, als sie mit dem Fahrzeug zum Gst 113 zugefahren ist und dort auf einem der dortigen Personalparkplätze geparkt hat.

Lediglich einem gerichtlichen Vergleich zwischen dem Eigentümer des Hotels und dem Kläger ist zu entnehmen, dass dort die Dienstbarkeit so ausgelegt wurde, dass sie die Zufahrt zum Gst 113 mit anschließendem Fußweg zum Gst 115/3, ohne Ausübung einer auf das Gst 113 bezogenen Tätigkeit, nicht umfasst. Weder der Beklagte noch die Lenkerin des Fahrzeugs waren aber Parteien dieses Vergleichs. Wenn das Berufungsgericht daher zu der Ansicht kam, dass das Klagebegehren nicht berechtigt ist, weil die Lenkerin des Fahrzeugs des Beklagten ihr Fahrzeug bereits auf dem Gst 113 abstellte und daher das Gst 112 nur zur Zufahrt zu diesem Grundstück und nicht zum Gst 115/3 benutzte, ist dies grundsätzlich nicht zu beanstanden. In der Revision wird dem nur die allgemeine Behauptung entgegengesetzt, das Dienstbarkeitsrecht sei anders „zu werten“, freilich ohne jegliche auf den konkreten Beklagten bezogene rechtliche Argumentation in der weitwendigen Rechtsmittelschrift.

Damit wird keine über den Anlassfall hinausgehende Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt. Die Bezugnahme auf eine anderslautende zweitinstanzliche Entscheidung des Berufungsgerichts (in seinem die Revision doch zulassenden Abänderungsausspruch) kann davon ebenfalls nichts ändern, zumal § 502 Abs 1 ZPO nur auf höchstgerichtliche Rechtsprechung abstellt (2 Ob 181/14b). Eine weitergehende Begründung hiezu ist nicht erforderlich (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 51 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO dar. Da der Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (RIS‑Justiz RS0035979; RS0035962).

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