OGH 10Ob67/15y

OGH10Ob67/15y2.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Ingomar Arnez und Mag. Klaus R. Nagele, Rechtsanwälte in Villach, und des Nebenintervenienten auf Seiten des klagenden Partei Dr. A*****, gegen die beklagten Parteien 1. E*****, und 2. H*****, beide wohnhaft in *****, beide vertreten durch Dr. Peter Krassnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 28. April 2015, GZ 1 R 101/15w‑42, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00067.15Y.0902.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Erstbeklagte und der Zweitbeklagte (der erwachsene Sohn der Erstbeklagten) bewohnen bzw benutzen seit vielen Jahren näher bezeichnete Räumlichkeiten in einem ehemaligen Hotel und in dessen Nebengebäude sowie einen dazwischen gelegenen Vorplatz.

Die Klägerin ist Eigentümerin jener Liegenschaft, auf der sich das ehemalige Hotel samt Nebengebäude befindet. Mit der vorliegenden ‑ bereits im Jahr 2003 eingebrachten ‑ Klage begehrt die Klägerin von der Erst‑ und dem Zweitbeklagten die Räumung wegen titelloser Benützung.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens im Wesentlichen unter Berufung darauf, dass sie sich gegenüber der Klägerin zu keinem Zeitpunkt zur Räumung der Liegenschaft verpflichtet hätten. Die Klägerin und der Nebenintervenient hätten bewusst zum Nachteil der Erstbeklagten gehandelt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte ‑ soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich ‑ fest, dass ehemals die Erstbeklagte Eigentümerin der Liegenschaft gewesen war, sie die Liegenschaft jedoch mit Kaufvertrag vom 31. 8. 1999 zwecks Abwendung der Zwangsversteigerung an den Nebenintervenienten (den ehemaligen Konzipienten ihres verstorbenen Gatten) verkauft hatte. Dieser veräußerte die Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 24. 11. 2000 an die nunmehrige Klägerin weiter. Der Erstbeklagten war ein lebenslängliches Wohnrecht vom Nebenintervenienten nie zugesichert worden. Im Kaufvertrag zwischen der Klägerin und dem Nebenintervenienten wurde dem Nebenintervenienten ein unentgeltliches Wohnungsgebrauchsrecht bis 15. 11. 2002 eingeräumt, dessen Ausübung durch die Erstbeklagte erfolgen sollte.

Das vorliegende Verfahren war von 2003 bis 2014 im Hinblick auf eine von der Erstbeklagten gegen den Nebenintervenienten erhobene Klage auf Unwirksamerklärung bzw Aufhebung des Kaufvertrags vom 31. 8. 1999 unterbrochen. Dieses Verfahren ist nunmehr im Sinne einer Klageabweisung rechtskräftig beendet.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, nach dem Erwerb der Liegenschaft durch den Nebenintervenienten hätten die Beklagten die Räumlichkeiten prekaristisch genutzt. Auch der Kaufvertrag zwischen der Klägerin und dem Nebenintervenienten sei rechtsgültig. Nach Veräußerung der Liegenschaft an die Klägerin sei die Nutzung aufgrund des mit 15. 11. 2002 befristeten obligatorischen Wohnrechts erfolgt, das der Ausübung nach der Erstbeklagten zugestanden sei. Nach Ablauf des Wohnrechts liege aber keine vertragliche oder sonstige Grundlage für die Benützung der Liegenschaft vor. Beide Beklagten benützten die Liegenschaft seither titellos.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstands mit 30.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen von erstinstanzlichen Verfahrensmängeln wegen Unterlassung der (neuerlichen) Unterbrechung des Verfahrens im Hinblick auf eine von der Erstbeklagten erhobene Wiederaufnahmsklage hinsichtlich des Verfahrens auf Unwirksamerklärung bzw Aufhebung des Kaufvertrags vom 31. 8. 1999 sowie wegen Nichtbeschaffung näher bezeichneter Akten. Weiters übernahm das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichts und billigte dessen Rechtsausführungen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Erst‑ und des Zweitbeklagten ist unzulässig.

1.1 Eine Anfechtung der Ablehnung der Unterbrechung, welche Form immer diese auch hat, ist gemäß § 192 Abs 2 ZPO ausgeschlossen (RIS‑Justiz RS0037020 [T1, T3]). Eine Mängelrüge wegen unterbliebener Verfahrensunterbrechung ist ausschließlich dann statthaft, wenn die Unterbrechung im Gesetz zwingend vorgeschrieben ist (RIS‑Justiz RS0037020 [T4], Fucik in Rechberger, ZPO4 § 192 Rz 2 mwN). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens infolge mangelhafter Erledigung des Unterbrechungsantrags ist daher zu verneinen.

1.2 Ein vom Berufungsgericht bereits verneinter erstinstanzlicher Verfahrensmangel (wegen Nichtbeischaffung von Akten) kann in dritter Instanz nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963).

1.3 Ein Mangel des Berufungsverfahrens, der darin liegen soll, dass sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge überhaupt nicht bzw nicht ausreichend befasst hat, liegt nicht vor.

1.4 Vom Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, ist die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen nicht mehr überprüfbar (RIS‑Justiz RS0042903 [T5]). Soweit in der Revision dennoch Ausführungen zur Beweiskraft von Verfahrensergebnissen und zur Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Sachverhalts getätigt werden, stellen diese eine in dritter Instanz unzulässige Beweisrüge dar (RIS‑Justiz RS0043175 [T2]).

2.1 Eine Räumungsklage wegen titelloser Benützung einer Liegenschaft oder von Teilen einer Liegenschaft setzt zu ihrem Erfolg voraus, dass das Recht des Liegenschaftseigentümers, jeden Dritten von der Benützung auszuschließen, weder durch ein dingliches Recht, noch durch einen Mietvertrag oder eine andere obligatorische Vereinbarung, aus der der Beklagte sein Recht unmittelbar ableitet, beschränkt ist (vgl RIS‑Justiz RS0010849).

2.2 Nach allgemeinen Beweislastregeln hat der Kläger sein Eigentum und die Innehabung durch den Beklagten, dieser hingegen ein Recht zur Benützung der Sache zu behaupten und ‑ im Fall der Bestreitung ‑ auch zu beweisen (RIS‑Justiz RS0062419 [T1, T4]). Unklarheiten gehen zu Lasten des Benutzers (RIS‑Justiz RS0010849 [T2, T4]).

Von dieser Rechtsprechung weicht die Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht ab, aufgrund der getroffenen Feststellungen sei den Beklagten der Beweis eines Rechts zur Benutzung der Räumlichkeiten nach dem 15. 11. 2002 nicht gelungen.

Mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO war die Revision daher als unzulässig zurückzuweisen.

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