OGH 10Ob43/15v

OGH10Ob43/15v2.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Martin Alt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei J*****, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Dr. Peter Mardetschläger, Mag. August Schulz, Rechtsanwälte in Wien, wegen 71.872,33 EUR sA und Herausgabe (Streitwert 3.200 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 36.897,41 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 2015, GZ 13 R 204/14m‑28, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00043.15V.0902.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin ist die Tochter und Alleinerbin der am 8. 2. 2010 verstorbenen Lebensgefährtin des Beklagten. Sie begehrt die Herausgabe verschiedener Gegenstände sowie die Zahlung von Schadenersatz, des Erlöses von angeblichen Sparguthaben der Verstorbenen und von Entgelt für von ihr in Erwartung einer Liegenschaftsübertragung erbrachte Dienste.

Die Vorinstanzen haben dem Klagebegehren teilweise stattgegeben. Die Revision richtet sich gegen die Abweisung des Zahlungsbegehrens von 35.697,41 EUR sA und der Herausgabe von vier Hinterglasmalereibildern.

Rechtliche Beurteilung

1. Grundsätzlich hat jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen. Daher trifft die Behauptungslast und Beweislast für Tatumstände, aus denen ein die Haftung begründendes Verschulden des Schädigers an der Zufügung eines Schadens abgeleitet wird, denjenigen, der seinen Anspruch darauf stützt, sodass sämtliche in diesem Punkt verbleibende Unklarheiten zu seinen Lasten gehen (RIS‑Justiz RS0037797).

Die Klägerin hat sich nicht darauf berufen, mit dem Beklagten einen Leihvertrag über einen Teppich abgeschlossen zu haben, sondern darauf, dass der ihrer Mutter geliehene Teppich vom Beklagten nach deren Tod zunächst nicht, dann beschädigt zurückgestellt wurde. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch wurde daher nicht aus dem Vertrag abgeleitet. Auf die Beweislast bei Schadenersatzansprüchen des Verleihers kommt es daher nicht an. Eine Beschädigung durch den Beklagten konnte aber nur hinsichtlich der Wachsflecken festgestellt werden. Die Kosten für die dafür notwendige Reinigung wurden der Klägerin bereits in erster Instanz zugesprochen.

2. Nach § 369 ABGB muss, wer die Eigentumsklage erhebt, nachweisen, dass die Sache sein Eigentum ist und der Beklagte die Sache in seiner Macht hat. Der Eigentumsnachweis erfordert die Darlegung des Erwerbs vom früheren Eigentümer nach Rechtsgrund und Übergabe oder des eigenen ursprünglichen Erwerbs (5 Ob 108/07d). Ein Herausgabeanspruch kann auch auf das rechtlich vermutete Eigentum nach § 372 ABGB gestützt werden, was den strikten Nachweis des Rechts nach § 369 ABGB erspart, doch muss auch in diesem Fall der Kläger den Beweis erbringen, dass er (oder sein Rechtsvorgänger) Besitzer des jetzt strittigen Gegenstands war. Der einmal auf rechtliche Weise erlangte Besitz der Sache ist unumgängliche Anspruchsvoraussetzung für eine auf § 372 ABGB gestützte Herausgabeklage (5 Ob 128/03i mwN). Auch das Eigentum an Stücken einer Erbschaft kann nur mit der Eigentumsklage verfolgt werden (§ 823 Satz 2 ABGB).

Zu den Hinterglasmalereien hat die Klägerin vorgebracht, dass diese ihrer Mutter gehört hätten. Da deren Eigentum nicht festgestellt werden konnte, steht der Klägerin als Erbin kein Herausgabeanspruch zu.

3. Hinsichtlich ihres aus dem Miteigentum ihrer Mutter an einem PKW Toyota Auris abgeleiteten Ersatzsanspruch hat sich die Klägerin in ihrer Berufung im Wesentlichen nur gegen die Richtigkeit der Feststellungen des Erstgerichts gewendet. Es hat bereits das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass ein bloßer Zulassungsbesitzer nicht zwingend auch Eigentümer des Kraftfahrzeugs sein muss (vgl RIS‑Justiz RS0035118). Auch gegen Urkunden, die vollen Beweis machen, ist der Gegenbeweis nicht ausgeschlossen (vgl RIS‑Justiz RS0037323). Diese Frage betrifft aber den im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbaren Tatsachenbereich (RIS‑Justiz RS0037323 [T11]).

4. Wenn das Berufungsgericht darauf verweist, dass das Erstgericht seine Beweiswürdigung zu den Sparguthaben auf die von der Sparkasse Wr. Neustadt beigeschafften Urkunden sowie auf Zeugenaussagen gestützt habe, entspricht dies den Ausführungen in der Beweiswürdigung des erstgerichtlichen Urteil (US 18). Darauf, ob die Urkunden auch bei der Wiedergabe der Beweismittel genannt wurden, kommt es nicht an. Eine Aktenwidrigkeit, die im Übrigen nur bei einem Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks und dessen Zugrundelegung und Wiedergabe durch das erkennende Gericht vorliegen würde (RIS‑Justiz RS0043397), ist daraus nicht ableitbar.

Soweit sich die Revision gegen die vom Berufungsgericht gebilligte Beweiswürdigung des Erstgerichts wendet, ist darauf zu verweisen, dass der Oberste Gerichtshof ausschließlich als Rechtsinstanz zur Überprüfung von Rechtsfragen tätig ist (RIS‑Justiz RS0123663). Eine Unrichtigkeit in der Beweiswürdigung kann nicht mit Revision bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0069246).

5. Sowohl das Erstgericht ‑ wenn auch im Rahmen der Beweiswürdigung ‑ als auch das Berufungsgericht haben den Zeitaufwand (vgl 8 ObA 46/13t) und die Höhe der Ersatzansprüche für die erbrachten Arbeitsleistungen der Klägerin nach § 273 ZPO festgesetzt, wogegen sich die Klägerin weder in der Berufung noch in der Revision wendet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Frage, ob § 273 ZPO anzuwenden ist, eine verfahrensrechtliche Entscheidung. Die nach § 273 ZPO erfolgte Betragsfestsetzung ist demgegenüber zwar als revisible rechtliche Beurteilung zu qualifizieren (RIS‑Justiz RS0111576). Solange dem Berufungsgericht jedoch kein an die Grenze des Missbrauchs gehender Fehler unterlief oder der Ermessensspielraum eklatant überschritten wurde, ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auch aus Gründen der Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit zu verneinen (RIS‑Justiz RS0007104 [T4]). Der bei Anwendung des § 273 ZPO vom Richter nach (seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis) und den Ergebnissen der gesamten Verhandlung (nach bestem Wissen und Gewissen) nach freier Überzeugung vorzunehmenden Schätzung kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS‑Justiz RS0121220).

Die außerordentliche Revision ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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