OGH 6Ob133/15z

OGH6Ob133/15z31.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. B***** R*****, vertreten durch Mag. Franz Kellner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Liebenwein Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Einverleibung, Feststellung und Herausgabe (Gesamtstreitwert: 189.004,62 EUR), über den Revisionsrekurs und die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen den Beschluss und das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. April 2015, GZ 2 R 196/14d‑35, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 22. August 2014, GZ 33 Cg 79/13m‑25, mit der Maßgabe bestätigt wurde, dass der Zwischenantrag auf Feststellung der Klägerin nicht ab‑, sondern zurückgewiesen wird, und das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. August 2014, GZ 33 Cg 74/13m‑25 bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00133.15Z.0831.000

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1.  Enthält eine Entscheidung mehrere Beschlüsse, für die an sich verschiedene Rechtsmittelfristen gelten, dann kommt für die Anfechtung einer solchen Entscheidung, gleichviel welcher ihrer Teile angegriffen wird, immer die längere Rechtsmittelfrist in Betracht (RIS‑Justiz RS0002105).

1.2. Die Bestätigung der Zurückweisung eines Zwischenantrags auf Feststellung ist analog zu § 528 Abs 2 Z 2 ZPO wie die Bestätigung der Zurückweisung einer Klage aus formellen Gründen anfechtbar. Demzufolge ist die Anrufung des Obersten Gerichtshofs zulässig, wenn der Wert des zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigt, das Rekursgericht den Revisionsrekurs zuließ und die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO abhängt. Übersteigt der Wert des zweitinstanzlichen Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR, so kann der bestätigende Beschluss zweiter Instanz zumindest mit außerordentlichem Revisionsrekurs bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0119816).

1.3. Die Streitwerte der Klage und des vom Kläger oder vom Beklagten gestellten Zwischenantrags auf Feststellung sind grundsätzlich zusammenzurechnen (RIS‑Justiz RS0039611). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der im Berufungsverfahren gestellte Zwischenfeststellungsantrag unzulässig ist und daher mittels Beschluss zurückzuweisen und nicht mittels Urteils abzuweisen ist (RIS‑Justiz RS0039661 [T1]). Bei einem unzulässigen Zwischenfeststellungsantrag erfolgt keine Zusammenrechnung (RIS‑Justiz RS0039661 [T2]).

1.4.  Nach dem den Obersten Gerichtshof bindenden Bewertungsausspruch des Berufungsgerichts übersteigt der Wert des Entscheidungsgegenstands hinsichtlich des Zwischenfeststellungsantrags nicht 5.000 EUR. Damit war aber der Revisionsrekurs spruchgemäß als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.

1.5.  Im Übrigen gingen die Vorinstanzen im vorliegenden Fall davon aus, dass der Zwischenfeststellungsantrag für das gestellte Hauptbegehren nicht präjudiziell ist. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden, ist doch nicht zu erkennen, wieso sich selbst bei angeblicher Unwirksamkeit bzw Nichtigkeit des zwischen der B***** AG und der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrags daraus ein ‑ allein den Gegenstand des Hauptbegehrens bildender -Herausgabeanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ergeben würde.

2.1.  Zutreffend gingen die Vorinstanzen davon aus, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags zwischen der B***** AG und der Beklagten über kein dingliches Vorkaufsrecht mehr verfügte, war dieses doch ca ein halbes Jahr vor Abschluss dieses Vertrags im Grundbuch gelöscht worden. Ob der Klägerin nach wie vor ein obligatorisches Vorkaufsrecht zusteht, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben: Ein bloß obligatorisch Vorkaufsberechtigter hat gegen den Dritten (Käufer) nämlich nur dann einen Anspruch auf Schadenersatz in Form der Naturalrestitution, wenn die Voraussetzungen für die Unzulässigkeit der Beeinträchtigung des fremden Forderungsrechts vorliegen (RIS‑Justiz RS0022852 [T4]). Diese sind nicht gegeben, wenn ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ das früher verbücherte Vorkaufsrecht zwischenzeitig im Grundbuch gelöscht wurde.

2.2.  Dass die Klägerin nach den Feststellungen des Erstgerichts davon ausging, sie würde ihr Vorkaufsrecht wieder erlangen, wenn ein zunächst vorgesehener Verkauf der Liegenschaft an eine andere Interessentin nicht erfolgreich verlaufe, vermag daran nichts zu ändern, zumal nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht erkennbar ist, inwiefern diese subjektive Vorstellung der Klägerin gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht wurde.

2.3.  Damit haben die Vorinstanzen zutreffend die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs der Klägerin verneint.

3.  Dass das Erstgericht über die gestellten Eventualbegehren nicht ausdrücklich entschieden hat, hat die Klägerin in der Berufung nicht bekämpft. Das Berufungsgericht gelangte daher zu der Auffassung, diese Begehren seien aus dem Verfahren ausgeschieden. Diese Rechtsansicht des Berufungsgerichts wird in der Revision nicht näher bekämpft, sodass auf diese Frage nicht weiter einzugehen ist.

4.1.  Auf die angebliche Nichtigkeit des zwischen der B***** AG und der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrags kommt es nicht an, bestünde doch auch bei Nichtigkeit dieses Kaufvertrags zwar ein Rückabwicklungsanspruch der Vertragsparteien, konkret also ein Anspruch der Verkäuferin B***** AG auf Rückgabe der Liegenschaft, nicht jedoch ein Herausgabeanspruch der Klägerin.

4.2.  Im Übrigen richtet sich das Verbot der Einlagenrückgewähr des § 52 AktG und § 82 GmbHG grundsätzlich nur an die Gesellschaft und die Gesellschafter, nicht aber auch gegen Dritte. Dritte sind nach diesen Bestimmungen nur ausnahmsweise rückgabepflichtig (RIS‑Justiz RS0105536 [T2]; vgl 6 Ob 29/11z und 6 Ob 14/14y). Dies ist dann der Fall, wenn Kollusion vorliegt sowie dann, wenn der Gesellschafter bewusst zum Nachteil der Gesellschaft handelte und der Dritte davon wusste oder sich der Missbrauch ihm geradezu aufdrängen musste (RIS‑Justiz RS0105536 [T2]; vgl 6 Ob 29/11z und 6 Ob 14/14y). Für das Vorliegen dieser Voraussetzung bestehen im vorliegenden Fall jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte.

5.  Weil nach dem Gesagten der Anspruch der Klägerin ohnedies nicht berechtigt ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob das der Klägerin eingeräumte (obligatorische) Vorkaufsrecht, die Liegenschaft zum Einheitswert zu erwerben, nicht seinerseits wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 52 AktG nichtig war, handelt es sich dabei doch um eine völlig unübliche Bestimmung, die ersichtlich darauf abzielte, der Klägerin als Tochter der Alleinaktionärin einen Vorteil zu verschaffen. Die Diskrepanz zwischen dem Einheitswert von 188.004,62 EUR und dem letztlich vereinbarten Kaufpreis von 7.380.000 EUR liegt auf der Hand.

6.  Zusammenfassend bringt die Klägerin daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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