OGH 4Ob71/15t

OGH4Ob71/15t11.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** e.U. (vormals M***** OG), *****, vertreten durch Dr. Lukas Fantur, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R***** M*****, vertreten durch Sauerzopf & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen 40.161,26 EUR, Unterlassung (Streitwert 36.000 EUR), Rechnungslegung (Streitwert 18.000 EUR) und Zahlung (Stufenklage, Streitwert 30.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 27. Februar 2015, GZ 4 R 142/14b‑32, mit dem das Teilurteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 30. April 2014, GZ 27 Cg 39/13y‑28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.009,34 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 334,89 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die nunmehrige Klägerin M***** U***** und der Beklagte (ihr Bruder) waren die unbeschränkt haftenden und einzigen Gesellschafter der M***** OG (= ursprünglich klagende Partei). Sie waren zur (jeweils selbstständigen) Geschäftsführung und Vertretung berechtigt. Gegenstand des Unternehmens war der Verkauf von Mobiltelefonen auch mit Verträgen mit Mobilfunkbetreibern, der Handel mit Computern und Zubehör sowie der Verkauf von Internetverträgen aller Anbieter. Im Gesellschaftsvertrag bzw zwischen den Streitteilen wurde kein Wettbewerbsverbot vereinbart.

Wegen gravierender Unstimmigkeiten mit der Klägerin kündigte der Beklagte die Gesellschaft am 22. 12. 2012 auf, wobei er der Meinung war, dass diese dadurch per 30. 6. 2013 aufgelöst werde. Seine Schwester erklärte mit Anwaltsschreiben vom 2. 1. 2013, dass sie die Kündigung gemäß der Kündigungsfrist und dem Kündigungstermin des Gesellschaftsvertrags per 31. 12. 2013 zur Kenntnis nehme, jedoch gedenke, die Gesellschaft unter Übernahme der Gesellschaftsanteile fortzusetzen.

Seit Anfang 2013 führte der Beklagte im gleichen Geschäftszweig wie die Gesellschaft ein eigenes Unternehmen und betreute mit früheren Mitarbeitern der Gesellschaft deren Kunden weiter. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom (richtig:) 27. 6. 2013 zu 4 Cg 34/13v wurde der Beklagte gemäß § 140 Abs 1 UGB wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot nach § 112 Abs 2 UGB aus der OG ausgeschlossen. Die Klägerin führte das Unternehmen nach dem Ausschluss des Beklagten unter der im Spruch ersichtlichen Firma weiter.

Die Klägerin begehrt (neben hier nicht zu prüfenden Ansprüchen) unter anderem, dem Beklagten zu verbieten, in ihrem Geschäftszweig Geschäfte jeder Art für eigene oder fremde Rechnung mit Kunden abzuschließen, anzubahnen oder durchzuführen, welche ihm aus der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit bekannt geworden seien, wobei bestimmte Kunden im Begehren namentlich angeführt werden. Weiters stellt sie ein Rechnungslegungsbegehren über sämtliche im klägerischen Geschäftszweig im Zeitraum zwischen 28. 6. 2013 und 31. 12. 2013 abgeschlossenen oder durchgeführten Rechtsgeschäfte.

Der Beklagte habe lauterkeitswidrig und entgegen dem gesetzlichen Konkurrenzverbot an einem Filialstandort der Klägerin ein mit ihr in Konkurrenz stehendes Einzelunternehmen gegründet. Er habe systematisch und planmäßig („ hinter dem Rücken der Klägerin “) in unlauterer und schmarotzerischer Weise ‑ insbesondere betreffend die vom Unterlassungsbegehren erfassten Kunden ‑ Geschäftschancen der Klägerin auf sein Einzelunternehmen abgeleitet. Der Beklagte habe sich zwar nur bis zu seinem Ausscheiden als Gesellschafter jeder Geschäftstätigkeit im Geschäftszweig der Klägerin zu enthalten gehabt, die Verwertung von Geschäftschancen, die ihm in seiner Eigenschaft als geschäftsführender Gesellschafter bekannt geworden seien, sei jedoch unredlich und weiterhin wettbewerbswidrig.

Auch die Rechnungslegungspflicht beschränke sich nicht auf die Zeit bis zur Wirksamkeit seines Ausschlusses, sondern bestehe darüber hinaus bis zum 31. 12. 2013, dem Tag seines ursprünglich geplanten Ausscheidens, weil der Beklagte andernfalls aus seinem unredlichen, seinen sofortigen Ausschluss rechtfertigenden Verhalten zu Unrecht noch Vorteile lukrieren würde.

Der Beklagte wandte ein, dass er die konkurrierenden Tätigkeiten nach der Aufklärung seiner rechtsirrigen Auffassung, wonach er nach der Kündigung der Gesellschaft keinem Wettbewerbsverbot unterliege, unverzüglich eingestellt habe. Mangels vertraglicher Abrede treffe den Beklagten für die Zeit nach seinem Ausscheiden weder ein Wettbewerbsverbot noch eine Rechnungslegungspflicht.

Das Erstgericht wies das Unterlassungs- und Rechnungslegungsbegehren mit Teilurteil ab. Ausgehend von der Feststellung, dass zwischen den Streitteilen kein über § 112 UGB hinausgehendes Wettbewerbsverbot vereinbart wurde, kam es rechtlich zu dem Schluss, dass den Beklagten über die Zeit nach seinem Ausschluss hinaus ‑ auch nach dem UWG ‑ keine Unterlassungspflichten mehr treffen. Daraus folge, dass er auch für die Zeit danach zu keiner Rechnungslegung mehr verpflichtet sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das gesetzliche Wettbewerbsverbot nach § 112 Abs 1 UGB ende mit dem Ausscheiden des Beklagten aus der Gesellschaft, wobei es auf den Grund des Ausscheidens nicht ankomme. Den ausgeschlossenen Gesellschafter würden ohnedies die in seinem sofortigen Ausschluss liegenden Nachteile treffen. Es wäre ohne vertragliche Vereinbarung nicht sachgerecht und würde den Gesellschafter doppelt bestrafen, wenn ihm darüber hinaus ein Wettbewerb zur Gesellschaft untersagt werde. Es liege zum Zeitpunkt des Schlusses des Verfahrens erster Instanz wegen des ursprünglich rechtswidrigen Zuwiderhandelns des Beklagten und auch wegen unlauteren Wettbewerbs keine Grundlage für eine Untersagung jeder Geschäftstätigkeit des Beklagten im Geschäftszweig der Klägerin vor. Ein Abwerben von Kunden nach seinem Ausscheiden sei per se nicht lauterkeitswidrig gewesen. Die Klägerin habe nicht behauptet, der Beklagte hätte sich auf rechtswidrige Weise Kenntnis davon verschafft, dass die vom Unterlassungsbegehren erfassten Personen die Kunden der Klägerin gewesen seien. Selbst das Abwerben von Dienstnehmern noch während aufrechten Wettbewerbsverbots rechtfertige es nicht, dem Beklagten für alle Zukunft alle Tätigkeiten im Geschäftskreis der Klägerin zu untersagen.

Auch das Rechnungslegungsbegehren sei nicht berechtigt. Der Klägerin seien aus den Geschäftsabschlüssen des Beklagten nach der Beendigung des Wettbewerbsverbots keine Eintritts- oder Schadenersatzansprüche erwachsen. Für einen Rechnungslegungsanspruch liege kein ausreichendes Vorbringen dazu vor, dass sich der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot auch nach dem Ausschluss noch ausgewirkt habe. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht zu beantworten sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im stattgebenden Sinn abzuändern. Es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zum zeitlichen Anwendungsbereich der §§ 112, 113 UGB dahin, ob auch dann auf den Zeitpunkt des ordentlichen Kündigungstermins abzustellen sei, wenn der kündigende Gesellschafter noch vor Ablauf der Kündigungsfrist schuldhaft einen Ausschlussgrund setzt und deshalb vorzeitig durch Gerichtsurteil ausgeschlossen wird.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist aus dem von der Klägerin genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Allgemeines:

1.1 Die Revisionsausführungen beschränken sich auf die von der Klägerin aus § 113 UGB abgeleiteten Ansprüche auf Unterlassung und Rechnungslegung bzw auf einen davon unabhängigen gesetzlichen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung des § 112 UGB. Hingegen hält die Klägerin im Rechtsmittel die von den Vorinstanzen verneinten lauterkeitsrechtlichen Ansprüche nicht mehr aufrecht, weshalb darauf nicht näher einzugehen war (vgl RIS-Justiz RS0043338 [T15]).

1.2 Die Revision vertritt im Wesentlichen den Standpunkt, dass bei der Bestimmung der zeitlichen Dauer des gesetzlichen Wettbewerbsverbots des § 112 Abs 2 UGB auf jenen Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem die Gesellschaft bei ordentlicher Kündigung aufgelöst worden wäre, weil der Beklagte schuldhaft einen Ausschlussgrund gesetzt habe und deshalb vorzeitig durch Gerichtsurteil ausgeschlossen worden sei.

2. Unterlassungsanspruch:

2.1 Selbst wenn man sich der Rechtsansicht der Klägerin anschließt und auch die Zeit zwischen dem Ausschluss des Beklagten aus der Gesellschaft und dem ursprünglichen (fiktiven) Kündigungstermin (also bis 31. 12. 2013) als vom Wettbewerbsverbot umfasst sieht, wäre für die Klägerin hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs nichts gewonnen. Der Beklagte kann nach allgemeinen Grundsätzen nämlich nicht zu einer Unterlassung verhalten werden, zu der er nach materiellem Recht nicht verpflichtet ist (RIS-Justiz RS0037461). Dabei ist, soweit es auf tatsächliche Umstände ankommt, auf den Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz abzustellen (4. 4. 2014). Zu diesem Zeitpunkt war der Beklagte auch nach dem Vorbringen der Klägerin nicht mehr an das Verbot gemäß § 112 Abs 2 UGB gebunden.

2.2 Das Unterlassungsbegehren bezog sich somit schon zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausschließlich auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, sodass ihm der Beklagte schon damals nicht mehr entsprechen konnte bzw gar keine Möglichkeit für den Beklagten bestand, durch weitere Rechtsgutverletzungen gegen ein (nur für die Vergangenheit) stattgebendes Urteil zu verstoßen (RIS-Justiz RS0100003 [T2]; RS0037619). Die Vorinstanzen haben das auf § 112 Abs 2 UGB gestützte Unterlassungsbegehren somit zutreffend verneint.

3. Rechnungslegung:

3.1 Auch das zuletzt für den Zeitraum 28. 6. 2013 bis 31. 12. 2013 gestellte Begehren auf Rechnungslegung wurde zu Recht abgewiesen.

3.2 Nach § 112 Abs 2 UGB darf ein Gesellschafter einer OG ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder im Geschäftszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Gesellschaft als unbeschränkt haftender Gesellschafter teilnehmen. Bei Verletzung dieser Verpflichtung kann die Gesellschaft nach § 113 Abs 1 UGB Schadensersatz fordern; sie kann stattdessen von dem Gesellschafter verlangen, dass er die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete.

3.3 Der von der Klägerin in der Revision vertretene Standpunkt (vgl Punkt 1.2) lässt sich aus den zahlreichen höchstgerichtlichen Entscheidungen zum Wettbewerbsverbot nicht ableiten.

3.3.1 In der Entscheidung 3 Ob 556/51 (SZ 25/47) hat der Oberste Gerichtshof vertreten, dass ohne vertragliche Regelungen für keinen der Gesellschafter nach der Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses ein Wettbewerbsverbot nach § 112 HGB (UGB) besteht. Aus nach der Auflösung gesetzten Wettbewerbshandlungen (soweit diese nicht gegen das UWG verstoßen) können daher keine Ansprüche gemäß §§ 112, 113 HGB abgeleitet werden.

In der Entscheidung 1 Ob 44/59 (EvBl 1959/234 = RIS-Justiz RS0061729) wurde klargestellt, dass die Verpflichtung des § 112 HGB (UGB) einen ausgeschiedenen Gesellschafter mangels ausdrücklicher Vereinbarung nicht mehr trifft. Demnach kann er auch nicht zu den in § 113 HGB vorgesehenen Leistungen herangezogen werden.

Auch nach der Entscheidung 5 Ob 208/61 (RZ 1962, 39; vgl auch RIS-Justiz RS0061722) endet das Wettbewerbsverbot in der Regel mit der Auflösung der Gesellschaft. Zu 5 Ob 558/77 (SZ 50/48) hat der Oberste Gerichtshof ausgeprochen, dass das Konkurrenzverbot sogar dann nicht verletzt wird, wenn ein geschäftsführender Gesellschafter unmittelbar vor der Auflösung der Gesellschaft mit der Vorbereitung eigener künftiger Geschäftstätigkeit im Geschäftszweig der bisherigen Gesellschaft beginnt (vgl RIS‑Justiz RS0061745).

In der Entscheidung 1 Ob 567/90 wurde darauf hingewiesen, dass das Konkurrenzverbot grundsätzlich nur bis zur Auflösung der Gesellschaft besteht und selbst Vorbereitungshandlungen für eine konkurrierende Erwerbstätigkeit im Allgemeinen sogar schon unmittelbar vor der Auflösung der Gesellschaft zulässig sind. Dabei wurde offen gelassen, ob die rechtswidrige Herbeiführung der Auflösung eine Ausnahme bilden kann.

Im Zusammenhang mit der Prüfung eines Wettbewerbsverbots für GmbH-Gesellschafter wurde in der Entscheidung 8 Ob 141/08f (obiter) darauf verwiesen, dass selbst das in § 112 UGB geregelte Wettbewerbsverbot für Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft nur bei aufrechtem Gesellschaftsverhältnis zum Tragen kommt und für den ausgeschiedenen Gesellschafter nicht gilt; die Vereinbarung eines verlängerten Wettbewerbsverbots ist möglich. Entgegen den Ausführungen in der Revision wurde in dieser Entscheidung damit auch das Problem der zeitlichen Wirkung des gesetzlichen Wettbewerbverbots behandelt. Ebensowenig überzeugt der Hinweis der Klägerin, dass die Entscheidung nur das Wettbewerbsverbot in einer Kapitalgesellschaft betraf, weil ausdrücklich (wenngleich obiter) auch auf § 112 Abs 2 UGB eingegangen wurde.

3.3.2 Auch abseits des erwähnten obiter dictums kann die zum Wettbewerbsverbot im Bereich der GmbH ergangene Rechtsprechung für die hier zu prüfende Problematik nutzbar gemacht werden. Richtig ist, dass die Stellung eines Gesellschafters einer GmbH nicht mit der eines Gesellschafters einer OG verglichen werden kann, weil jener keinem gesetzlichen Wettbewerbsverbot unterliegt (zB 6 Ob 99/11v mwN). Allerdings sind die Wettbewerbsvor-schriften für den Geschäftsführer einer GmbH (vgl § 24 GmbHG) durchaus mit § 112 Abs 2 UGB vergleichbar ( Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 4/214; Koppensteiner/Rüffler , GmbHG 3 § 24 Rz 1).

In der Entscheidung 4 Ob 30/92 wurde zu § 24 GmbHG vertreten, dass ein ehemaliger Geschäftsführer (und Gesellschafter) einer GmbH mangels Vereinbarung keinem Wettbewerbsverbot unterliegt (RIS-Justiz RS0060115). Daran wurde auch zu 4 Ob 132/07b angeknüpft und betont, dass die speziellen Treuepflichten nach § 24 GmbHG nach dem Ende der Funktion nicht mehr bestehen.

3.4 Auch nach der überwiegenden Lehre erlischt das Wettbewerbsverbot des § 112 UGB mit dem Zeitpunkt des Ausscheidens des Gesellschafters aus der Gesellschaft oder der Auflösung der Gesellschaft, ohne dass es auf den Grund bzw das Verschulden des Gesellschafters ankäme (für Österreich: Duursma/Duursma-Kepplinger/Roth , Handbuch zum Gesellschaftsrecht Rz 422; Jabornegg/Artmann , UGB 2 § 112 Rz 4; Kraus in U. Torggler , UGB § 112 Rz 4; Milchrahm in Straube , UGB I 4 § 112 Rz 44 ff; Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 2/235; U.Torggler/Kucsko in Straube , HGB online § 112 HGB Rz 5; für die vergleichbare Rechtslage in Deutschland: Ensthaler in Ensthaler , HGB 8 § 112 Rz 6; Emmerich in Heymann , HGB Band 2 2 § 112 Rz 7; Koller in Koller/W.Roth/Morck , HGB 7 § 112 Rz 2 und § 131 Rz 24; Langheim , Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch Band 2 3 § 112 Rz 20; Löffler in Haag/Löffler , HGB 2 § 112 Rz 5; Mattfeld, Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts Band I 4 Rz 15; Psaroudakis in Heidel/Schall , HGB § 112 Rz 3; M. Roth in Baumbach/Hopt , HGB 36 § 112 Rz 3 und 14 vgl aber auch § 113 Rz 1; Schäfer in Staub HGB Band 3 5 § 112 Rz 12; Stuhlfelner, Heidelberger Kommentar zum HGB 7 § 112 Rz 1).

Teile der Lehre vertreten hingegen, dass das Wettbewerbsverbot auch für einen ausgeschiedenen Gesellschafter gelten soll, wenn er sein Ausscheiden schuldhaft herbeigeführt hat (für Österreich: Hämmerle/Wünsch , Handelsrecht II 4 [1993] 151; H. Torggler , Das Wettbewerbsverbot im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaften, GesRZ 1978, 152; für die deutsche Rechtslage: Kardaras , Das Wettbewerbsverbot in den Personalgesellschaften [1967] 45 f; Paefgen , Wettbewerbsverbot nach „provoziertem Rausschmiß“ aus der Personenhandelsgesellschaft, BB 1989, 1777; vgl auch Bergmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn HGB 3 § 112 Rz 19 und 21 [„ausnahmsweise“]; Haas in Röhricht/Westphalen/Haas , HGB 4 § 112 Rz 4 [„ausnahmsweise“]).

Weitgehend Übereinstimmung besteht in der Lehre allerdings darin, dass das Wettbewerbsverbot uU während der Liquidation aufrecht bleibt (zB Ensthaler in Ensthaler , HGB 8 § 112 Rz 6; Psaroudakis in Heidel/Schall , HGB § 112 Rz 3; Löffler in Haag/Löffler , HGB 2 § 112 Rz 5; M. Roth in Baumbach/Hopt , HGB 36 § 112 Rz 3; Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 2/235 mwN; idS auch RIS-Justiz RS0061694).

3.5 Der Senat teilt in Fortschreibung der zu Punkt 3.3 referierten Judikatur die von den Vorinstanzen vertretene Rechtsansicht, dass der ehemalige Gesellschafter unabhängig vom Grund seines Ausscheidens nicht mehr an das Wettbewerbsverbot des § 112 Abs 2 UGB gebunden ist (idS auch Oberlandesgericht Düsseldorf zur vergleichbaren Rechtslage in Deutschland NJW‑RR 1989, 1305).

3.6 Diesem Verbot liegt nämlich das für Personengesellschaften wesentliche Vertrauensverhältnis ihrer Mitglieder zugrunde ( Hämmerle/Wünsch , Handelsrecht II 4 149). Nach dem Ausschluss eines Gesellschafters kann das erschütterte Vertrauen die Aufrechterhaltung des Wettbewerbsverbots gegenüber einem ehemaligen Gesellschafter aber nicht mehr rechtfertigen.

3.7 Verstößt ein Gesellschafter gegen § 112 Abs 2 UGB, hat die Gesellschaft die Möglichkeit, die in § 113 UGB vorgesehenen Ansprüche gelten zu machen. Als zusätzliche Option kann sie darüber hinaus gegen den Gesellschafter mit Ausschließungsklage vorgehen. Mit einem Ausschluss aus der Gesellschaft ist aber notwendigerweise der Entfall all jener Rechte und Pflichten verbunden, die an die Stellung als Gesellschafter geknüpft sind. Mangels fortdauernder Treuepflicht eines ehemaligen Gesellschafters nimmt die Gesellschaft durch die Einbringung einer Ausschlussklage somit in Kauf, dass sie gegen den ehemaligen Gesellschafter für die Zeit nach seinem rechtskräftigem Ausschluss keine auf die Verletzung des Wettbewerbsverbots gestützten Ansprüche geltend machen kann.

3.8 Soll die Gesellschaft vor Wettbewerb eines Gesellschafters auch nach dessen Ausscheiden geschützt werden, ist das über eine entsprechende vertragliche Vereinbarung möglich (zB Kraus in U. Torggler , UGB § 112 Rz 4; Langheim , Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch Band 2 3 § 112 Rz 20; Mattfeld, Münchner Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 1 4 Rz 15). Eine derartige vertragliche Regelung wurde von den Vorinstanzen auf Basis der getroffenen Feststellungen aber verneint, was von der Klägerin im Rechtsmittel auch nicht mehr aufgegriffen wurde.

Darüberhinaus bietet das Lauterkeitsrecht der Gesellschaft ausreichenden Schutz vor einem unlauteren Wettbewerb. Wie oben ausgeführt, sind allfällige Verstöße gegen das UWG aber nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

3.9 Die hier vertretene Ansicht findet auch in der arbeitsrechtlichen Judikatur zu vergleichbaren Konstellationen Deckung. Demnach kann bei Wegfall eines Dienstvertrags ein Beschäftigungsverbot nicht als Nachwirkung eines für die Zeit des aufrechten Dienstverhältnisses geltenden Konkurrenzverbots erhalten bleiben, auch wenn der Vertrag aus Gründen aufgelöst wurde, die der Dienstnehmer zu verantworten hat (8 ObA 113/01b = RIS-Justiz RS0028158 [T3]).

3.10 Die Rechtsansicht der Vorinstanzen kann auch nicht mit dem im Rechtsmittel vertretenen Grundsatz widerlegt werden, dass jemand, der sich rechtswidrig verhält, nicht besser gestellt werden darf als jemand, der sich in derselben Situation rechtskonform verhält (vgl RIS‑Justiz RS0118920).

Aus dem Klagsvorbringen ist nicht abzuleiten, dass der Beklagte durch seinen Ausschluss (insgesamt) „besser“ gestellt war als eine Person, die ohne Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot bis zum Ende der Kündigungsfrist in der Gesellschaft verblieben wäre. Ein derartiger Günstigkeitsvergleich ist auch schwer vorzunehmen. Dabei ist nämlich nicht isoliert darauf abzustellen, dass dem ausgeschlossenen Gesellschafter eine konkurrierende Tätigkeit zur Gesellschaft bis zum Kündigungstermin untersagt gewesen wäre. Aus der Zugehörigkeit zur Gesellschaft ergibt sich vielmehr ein Bündel von (insbesondere Teilhabe- und Vermögens-)Rechten und Pflichten, deren Gesamtheit die Mitgliedschaft umfasst ( Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 2/226). Zu berücksichtigen sind daher auch die (mit dem Ausschluss) weggefallenen Rechte, die ebenfalls an das aufrechte Gesellschafterverhältnis geknüpft sind. Derartige Gesellschaftsrechte kann ein ehemaliger Gesellschafter nicht mehr geltend machen (idS bereits 1 Ob 44/59). Gerade wegen des Wegfalls von Informationsrechten relativiert sich für die Gesellschaft auch das mit einem fehlenden Wettbewerbsverbot verbundene Risiko (vgl Koller in Koller/W.Roth/Morck , HGB 7 [2011] § 112 Rz 2).

3.11 Mangels Verletzung des gesetzlichen Wettbewerbsverbots nach dem Ausschluss des Beklagten geht auch der darauf gestützte Schadenersatzanspruch ins Leere.

4. Aus den dargelegten Gründen ist der Revision gegen das angefochtene Teilurteil der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO (vgl RIS-Justiz RS0035972).

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