OGH 10Ob42/15x

OGH10Ob42/15x30.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Pflegschaftssache 1. der mj W***** K*****, geboren am ***** und 2. des mj M***** K*****, geboren am *****, beide vertreten durch das Land Wien als Kinder‑ und Jugendhilfeträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie ‑ Rechtsvertretung Bezirk 22, 1220 Wien, Hirschstettner Straße 19‑21/Stiege N), über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. Dezember 2014, GZ 42 R 343/13x, 42 R 344/13v und 42 R 345/13s‑106, womit den Rekursen der Minderjährigen gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 14. März 2013, GZ 3 Pu 61/12x‑40, teilweise Folge gegeben wurde (Pkt 1 des Spruchs), dem Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts Donaustadt (jeweils) vom 6. Juni 2013, GZ 3 Pu 61/12x‑49 und 3 Pu 61/12x‑50, Folge gegeben (Pkt 2a des Spruchs), und aus Anlass des Rekurses die Anträge der Minderjährigen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen zur Gänze abgewiesen wurden (Pkt 2b des Spruchs), in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00042.15X.0630.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass die gänzliche Abweisung der Anträge der beiden Minderjährigen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen (Punkt 2b des Spruchs) ersatzlos aufgehoben wird.

 

Begründung:

Mit Beschluss vom 14. 3. 2013, GZ 3 Pu 61/12x‑40, verpflichtete das Erstgericht den Vater der minderjährigen W***** und des minderjährigen M*****, ab 1. 3. 2012 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 75 EUR für W***** und von 55 EUR für M***** zu leisten; ein Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Nachdem der Auftrag zur Namhaftmachung eines Zustellkurators unbeachtet geblieben war, verfügte das Erstgericht die Zustellung an den Vater der Minderjährigen per Post an die von diesem angegebene Adresse in Polen (ohne Rückschein und ohne Anschluss einer Übersetzung). Ob dem Vater der Minderjährigen der Beschluss damals zugekommen ist, ist aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

Gegen die Abweisung des Mehrbegehrens erhoben die beiden Minderjährigen Rekurs mit dem Antrag, den Unterhalt in der von ihnen beantragten Höhe von 260 EUR bzw 200 EUR monatlich festzusetzen.

Mangels Einlangens eines vom Vater der Minderjährigen erhobenen Rechtsmittels bestätigte das Erstgericht am 6. 5. 2013 die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit im Umfang der (bisherigen) Antragsstattgebung.

Mit Beschlüssen jeweils vom 6. 6. 2013 (ON 49 und 50) bewilligte das Erstgericht gemäß den §§ 3, 4 Z 1 UVG einen monatlichen Unterhaltsvorschuss von 75 EUR für die mj W***** (vom 1. 4. 2013 bis 31. 10. 2017) und von 55 EUR für den mj M***** (von 1. 4. 2013 bis 31. 3. 2018).

Das Erstgericht legte dem Rekursgericht die gegen den abweislichen Teil des Titelbeschlusses erhobenen Rekurse der Minderjährigen sowie den vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien erhobenen Rekurs gegen die Bewilligung von Unterhaltsvorschüssen für den Monat April 2013 zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss vom 9. 10. 2013 (ON 64) ordnete das Rekursgericht zunächst die gänzliche Innehaltung der Auszahlung der Unterhaltsvorschüsse (§ 16 Abs 2 UVG) an und stellte im Übrigen den Akt dem Erstgericht zur Prüfung der Zustellvorgänge an den Vater der Minderjährigen zurück. Rechtlich ging das Rekursgericht davon aus, nach der Aktenlage bestünden Bedenken gegen die Wirksamkeit der angefochtenen Beschlüsse. Im Anwendungsbereich der EuZVO sei weder eine Zustellung per Post ohne Zustellnachweis, noch eine an die Postaufgabe anknüpfende Zustellfiktion des § 98 ZPO zulässig, sodass die Zustellung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses, der dagegen erhobenen Rekurse, des Unterhaltsvorschussgewährungsbeschlusses und des dagegen erhobenen Rechtsmittels jeweils mangelhaft sei. Sollte sich nachträglich herausstellen, dass der der Vorschussgewährung zugrundeliegende Exekutionstitel mangels Wirksamkeit der Zustellvorgänge nicht vollstreckbar sei, wäre der Einstellungsgrund nach § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG verwirklicht.

Der gegen diese Entscheidung von den beiden Minderjährigen erhobene Revisionrekurs wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 17. 6. 2014, 10 Ob 34/14v, unter Hinweis auf die mittlerweile ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 27. 11. 2013, 2 Ob 156/13z, mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen. In der Entscheidung 2 Ob 156/13z war zur Anwendung des § 98 ZPO im Geltungsbereich der EuZVO ausgesprochen worden, dass eine Zustellung ohne Zustellnachweis (samt Zustellfiktion), wie sie § 98 ZPO für den Fall der Nichtbenennung eines Zustellbevollmächtigten vorsieht, unionsrechtswidrig sei; dies treffe auch auf die auf § 98 ZPO gestützte gerichtliche Aufforderung zu, einen in Österreich wohnhaften Zustellbevollmächtigten namhaft zu machen.

Mittlerweile waren dem Vater der Minderjährigen die Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse und die Unterhaltsvorschussbeschlüsse am 14. 3. 2014 entsprechend den Vorschriften der EuZVO zugestellt werden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 10. 12. 2014 (ON 106) gab das Rekursgericht dem Rekurs der Minderjährigen teilweise Folge und änderte den Titelbeschluss dahingehend ab, dass die Unterhaltspflicht ab 1. 3. 2012 mit monatlich insgesamt 220 EUR für W***** und mit 160 EUR für M***** festgesetzt wurde (Punkt 1 des Spruchs). Unter einem gab das Rekursgericht dem Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, Folge und wies die Anträge der beiden Minderjährigen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen für den Monat April 2013 ab (Punkt 2a des Spruchs). „Aus Anlass des Rekurses“ änderte das Rekursgericht die angefochtenen Beschlüsse weiters dahingehend ab, dass die Anträge der beiden Minderjährigen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen zur Gänze abgewiesen wurden (Pkt 2b des Spruchs).

Rechtlich ging das Rekursgericht zum Rekurs des Bundes davon aus, dass gemäß der im vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 17. 6. 2014 die zunächst ohne Rückschein erfolgte Zustellung an den Vater der Minderjährigen als unionsrechtswidrig anzusehen sei. Da eine wirksame Zustellung an den Vater erstmals am 14. 3. 2014 erfolgt sei, sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über die Unterhaltsvorschussanträge der beiden Kinder noch kein vollstreckbarer Exekutionstitel über deren Unterhaltsanspruch vorgelegen, sodass insgesamt die Voraussetzungen für die Vorschussbewilligung nicht gegeben waren und der lediglich den Monat April 2013 betreffende Rekurs des Bundes jedenfalls berechtigt sei. Gemäß § 55 Abs 2 AußStrG sei das Rekursgericht in Verfahren, die (auch) von Amts wegen eingeleitet werden können, nicht an das Rekursbegehren gebunden, sondern könne den angefochtenen Beschluss auch zu Ungunsten der anfechtenden Partei abändern. Dahinter stehe, dass es nicht Sinn einer praktischen Verfahrensgestaltung wäre, das Rekursgericht an die Rekursanträge zu binden und allfällige amtswegige Verfahrensschritte nur dem Erstgericht vorzubehalten. Diese Intention der Verfahrensvereinfachung könne nicht auf Fälle beschränkt sein, in denen eine Abänderung zu Ungunsten der anfechtenden Partei geboten sei. Sie müsse eine Durchbrechung der Grundsätze der Teilrechtskraft und der funktionellen Zuständigkeit wohl auch dann ermöglichen, wenn diese zu Ungunsten der den Beschluss nicht anfechtenden Partei erfolge und ansonsten das Erstgericht entsprechend vorzugehen hätte. Zwar sei eine solche Abänderung nur in Verfahren zulässig, die auch von Amts wegen eingeleitet werden können. Wenngleich das Verfahren auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen nur auf Antrag einleitbar sei, könne die Versagung von Unterhaltsvorschüssen nach § 7 UVG nach einer unangefochten gebliebenen Vorschussbewilligung auch von Amts wegen rückwirkend auf Umstände gestützt werden, die bereits zum Zeitpunkt der Entstehung des Unterhaltstitels vorgelegen seien. Im Hinblick darauf, dass im vorliegenden Fall erst nachträglich bekannt geworden sei, dass ein Zustellmangel vorliege und der Wegfall der Rechtskraft des Unterhaltstitels den im § 7 UVG genannten Umständen zumindest vergleichbar sei, erscheine aus Anlass des Rekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien eine bis zum Beginn der Vorschussbewilligung rückwirkende Wahrnehmung zulässig. Die angefochtenen Beschlüsse seien dahingehend abzuändern, dass die Anträge beider Minderjähriger auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen zur Gänze abgewiesen werden. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zum Umfang der Befugnis des Rekursgerichts, gemäß § 55 Abs 2 AußStrG auch zum Nachteil einer nicht Rekurs erhebenden Partei über das Rekursbegehren hinauszugehen, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe. Weiters sei keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der Frage vorhanden, ob bei der Bewilligung von Unterhaltsvorschüssen die Wahrnehmung der mangelnden Rechtskraft des Unterhaltstitels iSd § 55 Abs 2 AußStrG wie ein von Amts wegen einleitbares Verfahren nach § 7 UVG gewertet werden könne.

Gegen Pkt 2b dieser Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen mit dem Antrag auf Abänderung dahingehend, dass ihnen die Vorschussbewilligungen für den Zeitraum ab 1. 5. 2013 erhalten bleiben.

Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt. Der Beschluss des Rekursgerichts ist im angefochtenen Umfang ersatzlos aufzuheben.

Die Revisionsrekurswerber machen zusammengefasst geltend, die in § 55 Abs 2 2. Satz AußStrG genannte Voraussetzung eines amtswegigen Verfahrens liege nicht vor, weil es sich bei dem gegenständlichen Verfahren um ein solches über die Bewilligung von Unterhaltsvorschüssen handle, das nur auf Antrag eingeleitet werden könne. Das Rekursgericht hätte deshalb gemäß § 55 Abs 2 1. Satz AußStrG nur im Rahmen der Rekursanträge entscheiden dürfen. Da die Vorschussbewilligungen ab 1. 5. 2013 in Rechtskraft erwachsen seien, stelle die Vorgangsweise des Rekursgerichts in Wahrheit die amtswegige Wahrnehmung eines Einstellungsgrundes zu Gunsten des die Entscheidung insoweit nicht bekämpfenden Bundes dar.

Dazu ist auszuführen:

1.1 Eine Entscheidung des Rekursgerichts darf grundsätzlich nur im Rahmen des Rekursbegehrens ergehen (§ 55 Abs 2 AußStrG). Dieser Grundsatz gilt im außerstreitigen Verfahren aber nur für auf Antrag einzuleitende Verfahren. In Verfahren, die (auch) von Amts wegen eingeleitet werden können, ist das Rekursgericht an das Rekursbegehren nicht gebunden. Es kann infolge eines Rekurses über den gesamten Verfahrensgegenstand, über den das Erstgericht entschieden hat, entscheiden und den Beschluss auch zum Nachteil der anfechtenden Partei abändern (§ 55 Abs 2 zweiter Satz AußStrG; Klicka in Rechberger, AußStrG2 § 55 Rz 2).

1.2 Soweit eine Partei einen Beschluss nicht mehr anfechten kann, erwächst er ihr gegenüber in Rechtskraft (§ 42 AußStrG). Wird eine Entscheidung nur teilweise angefochten, erwächst der nicht angefochtene Teil in formelle Rechtskraft (es sei denn, der nicht angefochtene Teil stünde in untrennbarem Sachzusammenhang mit dem zu überprüfenden Teil). In Verfahren, die auch von Amts wegen eingeleitet werden können, gibt es jedoch keine Teilrechtskraft einer Entscheidung, weil das Rekursgericht (Revisionskursgericht) an das Antragsbegehren nicht gebunden ist und die Entscheidung auch zu Ungunsten des Rekurswerbers abgeändert werden kann (Fucik/Kloiber, AußStrG § 42 Rz 3, 4; siehe schon oben Pkt 1.1).

2. Die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen erfolgt nur auf Antrag (§ 11 Abs 1 UVG). Im Hinblick auf die Dispositionsfreiheit des Antragstellers ist das Gericht weder berechtigt, höhere als die begehrten Vorschüsse zuzusprechen, noch einen anderen Vorschussgrund als beantragt für den Zuspruch heranzuziehen (Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 11 UVG Rz 2 mwN).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus diesen Grundsätzen:

3.1 Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen ab Mai 2013. Diese Frage ist im Rahmen des Gewährungsverfahrens zu beurteilen, das ausschließlich auf Antrag des Minderjährigen eingeleitet werden kann (§ 11 Abs 1 UVG).

3.2 Dieses Verfahren wird auch im Hinblick auf die Möglichkeit der ausnahmsweisen Versagung der beantragten Unterhaltsvorschüsse nach § 7 UVG nicht zu einem amtswegigen Verfahren iSd § 55 Abs 2 AußStrG:

Im Bewilligungsverfahren ist die Stoffsammlung beschränkt, um eine rasche Abwicklung ohne weitwendige Ermittlungen zu ermöglichen. Bestehen jedoch im Fall eines Antrags auf Titelvorschüsse nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG starke Anhaltspunkte, die gegen den aufrechten materiellen Bestand des zu bevorschussenden gesetzlichen Unterhaltsanspruchs im titelmäßigen Ausmaß sprechen, ist der maßgebliche Sachverhalt von Amts wegen zu erheben (§ 16 AußStrG). In diesem Fall ist dem Antrag ausnahmsweise nicht stattzugeben und sind die Vorschüsse nach § 7 Abs 1 Z 1 UVG von vornherein zu versagen (Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 7 UVG Rz 4, 33).

3.3 Ob das Gericht in einem bestimmten Verfahren den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln hat, ist aber ganz grundsätzlich von der Frage zu unterscheiden, ob dieses Verfahren auf Antrag oder von Amts wegen eingeleitet werden kann. Dass das Gericht die Prüfung der Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Z 1 UVG im Rahmen der Antragsüberprüfung im Gewährungsverfahren von Amts wegen vorzunehmen hat, ändert nichts daran, dass dieses Verfahren gemäß § 11 Abs 1 UVG nur auf Antrag eingeleitet werden kann.

4. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 55 Abs 2 2. Satz AußStrG sind demnach schon im Hinblick darauf nicht gegeben, dass das Unterhaltsvorschussgewährungsverfahren kein von Amts wegen einleitbares Verfahren ist. Mangels Anfechtung durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien sind die erstinstanzlichen Gewährungsbeschlüsse betreffend den Zeitraum ab 1. 5. 2013 in (Teil‑)Rechtskraft erwachsen. Eine Rekursentscheidung hätte nur im Rahmen der Rekursanträge erfolgen dürfen. Wenn das Rekursgericht dennoch aus Anlass des vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien hinsichtlich des Monats April 2013 erhobenen Rekurses die (rechtskräftigen) erstgerichtlichen Gewährungsbeschlüsse zum Nachteil der beiden Minderjährigen (also zu Ungunsten der den Beschluss nicht anfechtenden Parteien) dahingehend abgeändert hat, dass deren Anträge auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen zur Gänze abgewiesen wurden, hat es seine Kognitionsbefugnis überschritten. Die Entscheidung geht über das gestellte Begehren hinaus und greift in die Rechtskraft des nicht angefochtenen Teils der erstinstanzlichen Entscheidung ein.

5. Im Rechtsmittelsystem des AußStrG 2005 wird der Eingriff in die Rechtskraft ausdrücklich als Revisionsrekursgrund normiert (§ 66 Abs 1 Z 1 iVm § 56 Abs 1 AußStrG). Punkt 2b der Rekursentscheidung war daher ersatzlos aufzuheben.

6.1 Zum Vorbringen im Revisionsrekurs, die Vorgangsweise des Rekursgerichts stelle „in Wahrheit“ die amtswegige Wahrnehmung eines Einstellungsgrundes zu Gunsten des die Entscheidung insoweit nicht bekämpfenden Bundes dar, ist noch Folgendes klarzustellen:

6.2 Wird ein Versagungsgrund nach Rechtskraft des Gewährungsbeschlusses während laufender Vorschüsse bekannt, ist ein Verfahren nach den §§ 19, 20 UVG (Änderung bzw Einstellung der Vorschüsse) einzuleiten (Neumayr in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 7 UVG Rz 37).

6.3 § 20 Abs 1 Z 4 UVG schafft die Ergänzung zu § 19 Abs 1 Z 1 UVG für den Fall, dass die Vorschussgewährung iSd § 7 Abs 1 UVG zur Gänze unberechtigt ist, weil es von vornherein an der Zulässigkeit fehlte oder die Voraussetzungen nachträglich (nach der beschlussmäßigen Vorschussgewährung) wegen einer Änderung der Verhältnisse weggefallen sind (RIS‑Justiz RS0111783).

6.4 Die Einstellung nach § 20 Abs 1 Z 4 UVG kann auch von Amts wegen erfolgen. Sie ist rückwirkend ab dem Beginn der Vorschussgewährung möglich, wenn erst nach Ablauf der Zeit, für die die Vorschüsse gewährt wurden, offenkundig wird, dass ein Grund zur gänzlichen Versagung nach § 7 Abs 1 Z 1 UVG vorlag (RIS‑Justiz RS0076769).

6.5 Das Erstgericht hat bisher nicht über eine etwaige Einstellung der Unterhaltsvorschüsse entschieden, sodass die Einstellung nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist. Eine amtswegige Einstellung des Verfahrens durch das Rekursgericht kommt nicht in Betracht, weil dafür das Gericht erster Instanz zuständig ist und es somit dem Rekursgericht an der funktionellen Zuständigkeit mangelt.

Auch im Hinblick auf eine etwaige Einstellung nach § 20 UVG hat es daher bei der (ersatzlosen) Aufhebung des angefochtenen Beschlusses auf Abweisung der Anträge der beiden Minderjährigen auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen ab 1. 5. 2013 zu bleiben.

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