European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBA00039.14I.0527.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Die Klägerin begehrt von der Beklagten, einem in Deutschland ansässigen Arbeitskräfteüberlasser, gemäß § 33h BUAG die Zahlung von Lohnzuschlägen für eine Reihe von Arbeitnehmern, die im Jahre 2006 nach Österreich zu Unternehmen der Baubranche zur Arbeitsleistung entsandt worden waren.
Das Erstgericht gab (im zweiten Rechtsgang; zum ersten Rechtsgang: 8 ObA 2/11v) dem Klagebegehren mit einem Betrag von 23.176,12 EUR sA unter Abweisung des Mehrbegehrens teilweise statt.
Die gesetzliche Zuschlagspflicht sei grundsätzlich für jene in Österreich beschäftigten Arbeitnehmer der Beklagten zu bejahen, die für Tätigkeiten iSd § 2 Abs 1 lit h oder b BUAG aufgenommen oder tatsächlich überwiegend überlassen wurden. Diese Eigenschaft sei von der Beklagten für eine Reihe genau bezeichneter Arbeitnehmer bestritten worden. Der Beweis dafür, dass auch diese Arbeitnehmer zuschlagspflichtige Tätigkeiten ausgeübt hätten, obliege der Klägerin und sei ihr, da nur Negativfeststellungen getroffen werden konnten, misslungen. Hinsichtlich der Zuschläge für diese Arbeitnehmer bestehe das Klagebegehren nicht zu Recht. Von den sich als berechtigt erweisenden Zuschlägen sei das von der Beklagten während der Entsendezeiten direkt an die Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsentgelt in der nachgewiesenen Höhe von insgesamt 3.369,70 EUR in Abzug zu bringen.
Der von der Klägerin gegen dieses Urteil erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht teilweise Folge. Es bestätigte die Entscheidung im klagsstattgebenden Teil und hinsichtlich der Abweisung eines Mehrbegehrens von 39.683,63 EUR und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Im Umfang weiterer 3.369,70 EUR sA hob es die Entscheidung des Erstgerichts ohne Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung auf.
Bezüglich des klagsabweisenden Teils der Entscheidung billigte es die Rechtsansicht des Erstgerichts zur Beweislast der Klägerin für die Ausübung einer BUAG‑pflichtigen Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Die Revision argumentiert im Wesentlichen, es handle sich bei den verpflichtend abzugebenden Meldungen des Arbeitgebers nach § 22 BUAG um eine Angabe, deren Richtigkeit von Gesetzes wegen unterstellt werde, sodass es Sache der Beklagten gewesen wäre, die Unrichtigkeit der von ihr erstatteten Meldungen zu beweisen. Damit zeigt sie allerdings keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn einer groben Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen auf.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass keine Bindung der Klägerin an die Meldungen des Arbeitgebers besteht, sondern sie die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungen selbstständig zu prüfen hat (RIS‑Justiz RS0106133). Die Angabe des Arbeitgebers, dass es sich beim gemeldeten Arbeitnehmer um einen iSd § 1 Abs 1 BUAG Beschäftigten handelt, stellt ihrem Wesen nach nur eine Wissenserklärung dar (RIS‑Justiz RS0120267), weil der Arbeitgeber damit bloß seine Vorstellungen über diese Frage mitteilt, jedoch in der Regel keinen Willen dahin äußert, mit der Erklärung bestimmte Rechtsfolgen bewirken zu wollen. Es liegt nicht im Ermessen des Arbeitgebers zu bestimmen, ob ein Arbeitnehmer nach § 1 BUAG in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt und Rechte gegen die Klägerin erwirbt. Der Kreis der Arbeitnehmer, auf die das Gesetz anzuwenden ist, bestimmt sich nach den in §§ 2 und 3 BUAG definierten objektiven Kriterien, die von der Klägerin zu ermitteln sind. Bestreitet der Arbeitgeber gemäß § 25 Abs 6 BUAG eine Vorschreibung der Klägerin mit der Begründung, dass für das in Betracht kommende Arbeitsverhältnis das BUAG keine Anwendung finde, ist es Sache der Klägerin, über die Frage der Anwendbarkeit des Gesetzes eine Entscheidung im Verwaltungsverfahren zu beantragen.
Im Verfahren nach § 33h BUAG ist die Frage, ob die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer in den Anwendungsbereich der §§ 2 f BUAG fällt, durch die Gerichte zu lösen (9 ObA 215/98b; 9 ObA 120/14h).
Im Zivilprozess hat grundsätzlich jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu beweisen, selbst wenn dies im Einzelfall schwierig oder gar unmöglich ist (RIS‑Justiz RS0037797 [T50]; ua Rechberger in Fasching/Konecny 2 Vor § 266 ZPO Rz 32 mwN). Eine Beweislastumkehr wird in der Rechtsprechung nur ausnahmsweise und mit äußerster Zurückhaltung anerkannt, nämlich wenn nicht nur besondere Beweisschwierigkeiten bestehen, sondern weitere Umstände des konkreten Falls eine Überwälzung der Beweislast auf den Beklagten gerechtfertigt erscheinen lassen (Rechberger aaO Rz 34 mwN; RIS‑Justiz RS0037797 [T26]; 9 ObA 215/98b).
Die Ansicht der Revisionswerberin, nicht sie müsse die Richtigkeit der Meldungen des Arbeitgebers beweisen, sondern vielmehr der Arbeitgeber wegen seiner „Nähe zum Beweis“ die Unrichtigkeit seiner Meldungen, kann hier dahingestellt bleiben. Voraussetzung für eine Beweislastumkehr ist jedenfalls, dass derjenige, den die Behauptungs‑ und Beweislast nach der allgemeinen Regel trifft, seiner Beweispflicht in dem ihm zumutbaren Ausmaß nachkommt (RIS‑Justiz RS0037797 [T17] = 4 Ob 1638/95 mwN; 9 ObA 215/98b; zuletzt etwa 6 Ob 191/04p und 10 Ob 21/08y; 4 Ob 217/09d).
Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Klägerin die ihr mögliche Beweisführung zu den strittigen Arbeitsverhältnissen gar nicht angetreten hat und die Negativfeststellungen über die Tätigkeit der betroffenen Arbeitnehmer daher zu ihren Lasten wirken, beruht nicht auf einer unvertretbaren Rechtsansicht (vgl 9 ObA 215/98b).
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