OGH 1Ob78/15z

OGH1Ob78/15z21.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei J***** Q*****, vertreten durch die Kopp ‑ Wittek Rechtsanwälte GmbH, Salzburg, gegen die beklagte und gefährdende Partei Dr. G***** G*****, vertreten durch Dr. Herbert Pflanzl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 25. März 2015, GZ 22 R 84/15d‑106, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 20. Februar 2015, GZ 2 C 376/12h‑96, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00078.15Z.0521.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Auffassung des Rekursgerichts, die beantragte einstweilige Verfügung gehe über die Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs hinaus, ist keineswegs eine unvertretbare Beurteilung des konkreten Einzelfalls, weshalb eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht zu beantworten ist.

Entgegen dem Akteninhalt erörtert der Revisionsrekurswerber einen ‑ in Wahrheit niemals geltend gemachten ‑ Herausgabeanspruch auf „ein Drittel eines Grundstücks“, wobei er darzulegen versucht, dass wegen bevorstehender Baumschlägerungen dieser Herausgabeanspruch dadurch beeinträchtigt sei, dass das herauszugebende Grundstück vorher massiv wertmindernd verändert werde.

In Wahrheit ist das Klagebegehren zuletzt auf Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers an einem ideellen Anteil von einem Drittel der Liegenschaft nach erklärter Vertragsanfechtung (hilfsweise auf Zahlung von 30.600 EUR sA) gerichtet. Eine körperliche Übergabe der Gesamtliegenschaft (oder bestimmter real abgrenzbarer Teile) ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Dem Rekursgericht kann daher nicht der Vorwurf einer unvertretbaren Fehlbeurteilung gemacht werden, wenn es nicht von einem zu sichernden Herausgabeanspruch ausgegangen ist und die Auffassung vertreten hat, ein allfälliges Fällen einzelner Bäume auf der Liegenschaft beeinträchtige den geltend gemachten Anspruch auf Vertragsanfechtung und Eigentums‑(rück‑)übertragung durch grundbücherliche Eintragung nicht.

2. Unstrittig ist, dass der Beklagte auch dann, wenn er den vom Kläger erworbenen Drittelanteil an der Liegenschaft ‑ mit Wirkung ex tunc ‑ wieder verlieren würde, dennoch weiterhin im Ausmaß von zwei Dritteln Eigentümer der Liegenschaft bliebe und als solcher grundsätzlich berechtigt ist, Nutzungen aus der Liegenschaft zu ziehen (§ 839 ABGB). Dies ergibt sich auch aus dem vom Rekursgericht berücksichtigten schriftlichen Nutzungsübereinkommen, dessen Geltung für den Fall der Berechtigung des Hauptklagebegehrens nicht in Frage gestellt wird. Dass der Beklagte aktuell beabsichtigen würde, Schlägerungen über das ihm danach zustehende Ausmaß hinaus vorzunehmen, hat das Erstgericht überdies nicht als bescheinigt angenommen, auch wenn zuzugestehen ist, dass dessen „Feststellungen“ nicht wirklich präzise sind. Allein die Sachverhaltsannahme, dass Spuren im Schnee zu den schönsten und größten Bäumen geführt hätten, ersetzt nicht die Bescheinigung, dass der Beklagte tatsächlich beabsichtigt hätte, gerade diese Bäume zu schlägern.

3. Der Revisionswerber beruft sich lediglich auf § 381 Z 1 EO, sodass sich eine Auseinandersetzung mit § 381 Z 2 EO an sich erübrigt. Angesichts der vom Erstgericht verwendeten Formulierung, es sei ein „unwiederbringlicher“ Schaden zu befürchten, ist zur Klarstellung lediglich darauf hinzuweisen, dass ein unwiederbringlicher Schaden regelmäßig einen Nachteil voraussetzt, der durch Geldersatz nicht ausgeglichen werden kann (vgl nur RIS‑Justiz RS0005270). Hier hat sich der Kläger in seinem Provisorialantrag vor allem darauf berufen, dass der Wald auf Jahrzehnte entwertet wäre, wenn die schönsten und größten Bäume geschlägert würden. Damit verweist er auf vermögensrechtliche Nachteile, ohne allerdings darzulegen, dass diese durch Geldersatz nicht ausgeglichen werden könnten oder die Leistung von Geldersatz dem angerichteten Schaden nicht adäquat wäre. Nur der Vollständigkeit halber ist auf seine eigene Aussage hinzuweisen, nach der er die betreffenden Bäume selbst als Bauholz für anstehende Reparaturen verwenden wolle.

Die von ihm zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen, aus denen er den Schluss ableitet, dass das von ihm befürchtete Fällen der größten Bäume zu den in § 381 Z 1 EO angeführten Nachteilen führte, befassen sich mit wesentlich anders gelagerten Sachverhalten und sind daher nicht einschlägig. Lediglich die Entscheidung zu 1 Ob 502/88 (= SZ 61/9) bezieht sich auf Baumschlägerungen; zu sichern war allerdings ein Unterlassungsanspruch. Damals ging es im Übrigen einerseits nicht bloß um die Entnahme einzelner ‑ wenn auch großer und schöner ‑ Stämme, sondern um großflächige Rodungen bzw Kahlschläge verbunden mit einer angestrebten Widmungsänderung (Schotterabbau).

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§§ 402 Abs 4, 78 EO iVm §§ 528a, 510 Abs 3 ZPO). Es kann daher auch dahinstehen, dass sich das Erstgericht mit der Frage der Bescheinigung des zu sichernden Anspruchs schon auf Tatsachenebene nicht auseinandergesetzt hat.

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