European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080OB00031.15I.0428.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs aufgetragen.
Text
Begründung
Der Beschluss vom 26. Februar 2014, mit dem das Erstgericht die Fortsetzung des Sachwalterschaftsverfahrens ausgesprochen hat (ON 435), wurde dem Betroffenen nach der Aktenlage am 10. März 2014 durch Hinterlegung zugestellt.
Am 28. März 2014 erhob der Betroffene gegen diesen Beschluss Rekurs (ON 440). Der Fortsetzungsbeschluss sei ihm „ am 14.03.2014 (Ortsabwesenheit von 04.03 bis 14.03.2014) “ zugestellt worden.
Das Rekursgericht wies diesen Rekurs des Betroffenen mit Beschluss vom 28. Juli 2014 als verspätet zurück. Mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot von Bescheinigungsmitteln könne eine unwirksame Zustellung nicht dargetan werden; es sei Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet seien, zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs aufkommen zu lassen.
In seinem dagegen erhobenen (außerordentlichen) Revisionsrekurs, mit dem er die Aufhebung des bekämpften Beschlusses, hilfsweise auch die Aufhebung, in eventu die Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses beantragt, bringt der Betroffene vor, er sei in der Zeit von 4. bis 14. März 2014 bei seiner Lebensgefährtin in Wien gewesen und habe den Beschluss daher erst am 14. März 2014 erhalten. Das Rekursgericht habe entgegen der Bestimmung des § 51 Abs 2 AußStrG trotz behaupteter Zustellmängel vor seiner Entscheidung keine entsprechenden Erhebungen durchgeführt.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist im Sinn seines Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Bei Vorliegen eines unbedenklichen Zustellnachweises steht der Partei, die eine unwirksame Zustellung behauptet, gemäß § 292 ZPO der Gegenbeweis der vorschriftswidrigen Zustellung offen (RIS-Justiz RS0040471, RS0036420; Stumvoll in Fasching / Konecny ² ErgBd § 22 ZustG Rz 7 mwN). Dies setzt konkrete Tatsachen-behauptungen über die beim Zustellvorgang unterlaufenen Fehler voraus (3 Ob 60/04a; RIS-Justiz RS0040507). Werden Zustellmängel behauptet, die ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ nicht offenkundig sind, müssen sie bewiesen werden (vgl Stumvoll in Fasching / Konecny 2 ErgBd § 22 ZustG Rz 7; RIS-Justiz RS0040471 [T2]).
2. Hinterlegte Sendungen gelten nach § 17 Abs 3 ZustG mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte; in diesem Fall wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte (RIS-Justiz RS0083966). Dem Zurückgekehrten steht ab Datum der Abholmöglichkeit der gleiche Zeitraum für seine Reaktion offen wie einem Empfänger, dem die Sendung von vornherein wirksam hinterlegt wurde (8 Ob 27/12x).
3. Hier führte der ‑ unvertretene ‑ Betroffene in seinem am 28. März 2014 zur Post gegebenen Rekurs (ON 440) aus, der (damit bekämpfte) Beschluss ON 435 sei ihm „ am 14.03.2014 (Ortsabwesenheit von 04.03 bis 14.03.2014) “ zugestellt worden. Zur „ professionellen Ausfertigung des Rechtmittels “ beantrage er (unter anderem) die Bewilligung der Verfahrenshilfe. Diese Angaben des unvertretenen Rekurswerbers ‑ mögen sie auch nicht wünschenswert konkret sein ‑ mussten Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorgangs aufkommen lassen und hätten daher Anlass sein müssen, den Rekurswerber zur (mittlerweile erfolgten) Konkretisierung seines Vorbringens über die behauptete Ortsabwesenheit und zur Bescheinigung des von ihm behaupteten Sachverhalts aufzufordern. Vor einer Entscheidung über den Rekurs werden daher die Behauptungen des Rekurswerbers über seine Ortsabwesenheit zu überprüfen sein. Ob die von ihm bislang vorgelegten Bescheinigungsmittel dazu ausreichen, wird das Rekursgericht zu beurteilen haben.
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