OGH 9Ob62/14d

OGH9Ob62/14d20.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. F***** K*****, vertreten durch Dr. Michael Bauer, Rechtsanwalt in Liezen, gegen die beklagte Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Martin Dohnal, Rechtsanwalt in Wien, wegen 633.290,10 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Februar 2014, GZ 1 R 237/13z‑29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00062.14D.0320.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Der Kläger erwarb in den Jahren 2004/2005 Genussscheine einer Emittentin, die seit deren Konkurs im Jahr 2010 wertlos sind. Von der beklagten Wirtschaftsauskunftei begehrt er ‑ ohne dass diese mit ihm oder der Emittentin in einem Vertragsverhältnis steht ‑ Schadenersatz. Er wirft der Beklagten vor, durch ihre unrichtigen positiven „Ratings“ der Emittentin in ihren „Business Reports“ den Erwerb der gegenständlichen Genussscheine durch den Kläger verursacht zu haben. Tatsächlich stellte sich im Verfahren heraus, dass der Kläger die Genussscheine nicht aufgrund von Ratings der Beklagten bezüglich der Emittentin oder der Genussscheine selbst, sondern aufgrund von Ratings der Beklagten bezüglich eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens erworben hat, das der gleichen Unternehmensgruppe wie die Emittentin angehörte, und die Unternehmensgruppe auf ihrer Website, ohne von der Beklagten dazu autorisiert zu sein, mit den guten Ratings warb.

Das Berufungsgericht bestätigte das klageabweisende Urteil mangels Kausalität der Beklagten für den vom Kläger erlittenen Schaden. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor. Jene Überlegungen des Revisionswerbers, die auf (behauptete) Widersprüche in der Rechtsprechung der Berufungsgerichte abstellen, sind nicht geeignet, um gegenüber dem Obersten Gerichtshof die Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzutun (vgl 9 ObA 69/10b).

Die vom Revisionswerber behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde vom Senat geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Schon gar nicht wird insoweit eine erhebliche Rechtsfrage des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt.

Der Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit kann für sich allein grundsätzlich nicht das Gewicht einer erheblichen Rechtsfrage des Verfahrensrechts haben, weil er zum Tatsachenbereich gehört (RIS‑Justiz RS0042762; 5 Ob 29/13w).

Im Übrigen hat das Berufungsgericht nicht das „einheitliche Vorbringen“ in der Berufungsschrift missachtet, sondern sich auf die Behandlung jenes Teils der Berufung beschränkt, der für seine rechtliche Beurteilung, nämlich zur Begründung der Klageabweisung mangels Kausalität des behaupteten rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten, relevant war.

Die vom Kläger geltend gemachte Befangenheit eines an der Berufungsentscheidung beteiligten fachmännischen Laienrichters wurde vom Obersten Gerichtshof bereits rechtskräftig verneint (9 Ob 47/14y) und kann somit keine Nichtigkeit ‑ und damit auch keine Zulässigkeit der vorliegenden außerordentlichen Revision ‑ mehr begründen (9 ObA 110/09f; vgl RIS‑Justiz RS0109254).

Der Umstand, dass noch weitere Gerichtsverfahren mit derselben Rechtsfrage anhängig sein sollen, bewirkt für sich allein ebenfalls noch nicht die Erheblichkeit des vorliegenden Rechtsmittels im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0042816; 9 ObA 49/14t).

Erste Voraussetzung jeden Schadenersatzanspruchs ist ein kausales Verhalten des Schädigers (§ 1295 ABGB; Karner in KBB 4 , § 1295 Rz 3 f mwN). „Ratings“ der Beklagten bezüglich der Emittentin waren aber nach den Verfahrensergebnissen nicht kausal für die ursprüngliche Anlageentscheidung des Klägers. Die vom Kläger relevierte Frage der Haftung der Beklagten bei unautorisierter Eigenwerbung mit fehlerhaften Ratings stellt sich daher mangels für die Kaufentscheidung des Klägers relevanter Informationen der Beklagten über die Emittentin im Anlassfall nicht. Die „Ratings“ der Beklagten betrafen nur einzelne Gesellschaften, nicht eine von diesen gebildete Unternehmensgruppe. Mit Überlegungen des Revisionswerbers zur wirtschaftlichen Verflechtung („wirtschaftlichen Einheit“) zwischen der Vertriebsgesellschaft und der Emittentin ist in Bezug auf die gegenüber der Beklagten erhobenen Ansprüche, denen unrichtige „Ratings“ der Beklagten bezüglich der Emittentin zugrunde liegen, nichts zu gewinnen. Die für die Anlageentscheidung des Klägers tatsächlich maßgeblichen „Ratings“ der Vertriebsgesellschaft nahmen nicht auf die Emittentin Bezug.

Mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO war daher die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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