European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00064.14F.0224.000
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die Klägerin war Mieterin der Top Nr 201 bis 203 eines im Eigentum der Beklagten stehenden Objekts. Sie brachte beim Erstgericht zwei Klagen gegen die Beklagte ein. Im Verfahren AZ 10 C 384/12w begehrte sie den Zuspruch von 175.000 EUR sA an vereinbarter Entschädigung anlässlich der Rückgabe der Mietobjekte für Aufwand durch Übersiedlung und Adaption. Im Verfahren AZ 10 C 382/12a begehrte sie den Zuspruch von 20.856,63 EUR sA mit dem Vorbringen, die Beklagte habe die Kaution in dieser Höhe zu Unrecht einbehalten.
In der Verhandlung vom 12. November 2012 zu AZ 10 C 384/12w verkündete das Erstgericht den Beschluss auf Verbindung der Verfahren AZ 10 C 384/12w und 10 C 382/12a zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung; führend sei das Verfahren AZ 10 C 384/12w (ON 13 AS 47).
Mit Urteil vom 6. Jänner 2014 sprach das Erstgericht aus, das Klagebegehren zu AZ 10 C 384/12v bestehe mit 175.000 EUR und das Klagebegehren zu AZ 10 C 382/12a mit 20.856,63 EUR zu Recht. Die Gegenforderung bestehe hingegen nicht zu Recht. Die Beklagte sei daher schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen 195.856,63 EUR sA zu zahlen sowie die Kosten des Verfahrens zu ersetzen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten. Das Urteil wird im vollem Umfang wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens angefochten; es wird an den Obersten Gerichtshof der Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahingehend gestellt, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Eine Entscheidung über die außerordentliche Revision der beklagten Partei im Verfahren AZ 10 C 382/12a des Erstgerichts kann aber derzeit noch nicht ergehen, weil nicht feststeht, ob der Oberste Gerichtshof funktionell zur Beurteilung der Zulässigkeit des in diesem Verfahren erhobenen Rechtsmittels zuständig ist.
1. Gemäß § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht für zulässig erklärt hat.
2. Die Verbindung mehrerer Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen das gemeinsame Urteil keinen Einfluss. Die Streitwerte sind nicht zusammenzurechnen. Die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision ist daher für jeden einzelnen Anspruch gesondert zu prüfen (RIS‑Justiz RS0037173 und RS0037252). Dabei ist es nicht maßgeblich, ob die in den verbundenen Streitsachen geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RIS‑Justiz RS0037252 [T11]).
3. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts die Revision für zulässig erachtet. Da sie aber offenbar davon ausging, dass die Streitwerte der beiden verbundenen Verfahren zusammenzurechnen seien, fehlt in ihrer Revision die ausdrückliche Erklärung, dass sie im Verfahren AZ 10 C 382/12a des Erstgerichts den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht stellt (§ 508 Abs 1 ZPO). Im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die Revision nicht zulässig ist, aber nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 508 ZPO).
4. Aus diesen Erwägungen sind die Akten bezüglich jenes Teiles der Revision, welcher das verbundene Verfahren (10 C 382/12a) betrifft und hinsichtlich dessen der Oberste Gerichtshof derzeit keine Entscheidungskompetenz hat, vorerst dem Erstgericht zur gesetzmäßigen Behandlung zurückzustellen. Sollte das Erstgericht der Meinung sein, einer unmittelbaren Vorlage des Akts an das Berufungsgericht hinsichtlich des verbundenen Verfahrens (10 C 382/12a) stehe das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde nicht, hätte es einen mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen. Erst nach einer Entscheidung des Berufungsgerichts über die Frage der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs betreffend das verbundene Verfahren wird das Erstgericht die Akten zur Entscheidung über die außerordentliche Revision, soweit sie sich gegen das Urteil im Verfahren AZ 10 C 384/12a richtet (und allenfalls ‑ wenn der diesbezügliche Unzulässigkeitsausspruch vom Berufungsgericht abgeändert werden sollte ‑ auch hinsichtlich des verbundenen Verfahrens 10 C 382/12a), dem Obersten Gerichtshof wieder vorzulegen haben (7 Ob 241/07b).
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