European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00014.15B.0218.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Neben ihrem Hauptbegehren auf Zahlung von 100.000 EUR sA an Schadenersatz, das die Klägerin zuletzt darauf gründet, dass der Beklagte als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten GmbH wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungs-beiträgen hafte, erhob die Klägerin nachträglich vier Eventualbegehren, ebenfalls gerichtet auf Zahlung von 100.000 EUR sA an Schadenersatz, wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen bezüglich der Dienstnehmer von vier weiteren Gesellschaften, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer ebenfalls der Beklagte war.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht ließ die Klageänderung zu.
Es beurteilte die von der Klägerin im Zuge des Verfahrens erhobenen weiteren Begehren zutreffend als Fall einer ‑ zulässigen ‑ Eventualklagenhäufung (6 Ob 543/91; 8 Ob 135/03s mwN; RIS‑Justiz RS0074353).
Die im außerordentlichen Revisionsrekurs vertretene Auffassung, es fehle Rechtsprechung dazu, ob ein auf einen anderen Klagegrund gestütztes, nachträglich erhobenes Eventualbegehren als zulässige Klageänderung qualifiziert werden könne, ist unzutreffend:
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach (7 Ob 41/07s; RIS‑Justiz RS0039393) darauf verwiesen, dass die nachträgliche Stellung eines Eventualbegehrens zwar grundsätzlich keine Klageänderung ist. Wird aber das Eventualbegehren ‑ wie hier alle vier Eventualbegehren ‑ auf einen anderen Klagegrund gestützt als das Hauptbegehren, liegt eine Klageänderung vor, die unter den Voraussetzungen des § 235 Abs 2 oder 3 ZPO zuzulassen ist.
Ob aber im Einzelfall aufgrund der besonderen Umstände eine Klageänderung im Interesse der erwünschten endgültigen und erschöpfenden Beendigung des Streits zuzulassen ist, bildet keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, es sei denn, es liege eine Fehlbeurteilung vor, die im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifen wäre (RIS‑Justiz RS0115548).
Die Entscheidung des Rekursgerichts bewegt sich im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach Klageänderungen tunlichst zuzulassen sind (RIS‑Justiz RS0039441).
Dass im Fall der gänzlichen Stattgebung des Hauptbegehrens über die Eventualbegehren keine Entscheidung ergeht, woraus der Revisionsrekurs ableitet, dass eine endgültige Streitbereinigung bezüglich der Eventualbegehren nicht stattfindet, trifft letztlich bei einer Eventualklagenhäufung immer zu. Dem daraus gezogenen Schluss, eine Klageänderung sei bei einem nachträglich erhobenen Eventualbegehren nicht zulässig, steht die bereits erwähnte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entgegen. Im Übrigen wird das Prozessgericht bei verfahrensökonomischer Vorgangsweise ohnedies zunächst nur über das Hauptbegehren verhandeln und Beweise aufnehmen. Im Fall der Stattgebung des Hauptbegehrens verursacht somit das Eventualbegehren keinen besonderen Verfahrensaufwand.
Auch dass die Klägerin nur Teilschadensbeträge einklagte, macht eine Klageänderung nicht per se unzulässig. Ob die Klägerin, wird ihrem Hauptbegehren oder einem ihrer Eventualbegehren stattgegeben, weitere Verfahren gegen den Beklagten einleitet, ist ungewiss. Den wesentlichen Umstand, der hier für die Zulässigkeit der Klageänderung spricht, hat aber bereits das Rekursgericht zutreffend hervorgehoben: Mit Ausnahme von Urkundenbeweisen und einer ‑ kurzen -Einvernahme des Beklagten fand bisher kein Beweisverfahren statt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)