OGH 13Os127/14x

OGH13Os127/14x22.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Jänner 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kaltenbrunner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Claus A***** wegen des Verbrechens der sexuellen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 23. September 2014, GZ 37 Hv 69/14z‑66, und über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00127.14X.0122.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Claus A***** des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 15, 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im Februar 2014 in Baden (außer den Fällen des § 201 StGB) Lisa H***** mit Gewalt, und zwar, indem er sie am Kopf packte, umklammerte und zu sich zog, zur Duldung des Betastens ihrer Brüste, sohin einer geschlechtlichen Handlung, zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wies das Erstgericht den Antrag auf ergänzende Vernehmung der Zeugin H***** zum Beweis dafür, „dass das was sich zwischen ihr und dem Angeklagten abgespielt habe, einvernehmlich passiert sei“ (ON 65 S 24), ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab. Der bloß auf das Vorliegen von SMS-Protokollen („über 300 Seiten“, die „erst nach der kontradiktorischen Vernehmung hervorgekommen“ seien), nicht aber auf deren Inhalt hinweisende Beweisantrag ließ nämlich nicht erkennen, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse, und war solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS-Justiz RS0118123, RS0118444). Hinzu kommt, dass die kontradiktorisch Vernommene (ON 31 S 33) bereits unmissverständlich erklärt hatte, von dem ihr zustehenden Entschlagungsrecht Gebrauch zu machen (ON 31 S 63). Es wäre daher Sache des Antragstellers gewesen, begründet darzutun, weshalb dennoch zu erwarten sei, dass sie sich zur Aussage bereit finden werde (RIS‑Justiz RS0117928). Dies wäre umso mehr geboten gewesen, als das Gesetz auch im Fall des Hervorkommens neuer Beweisergebnisse (nach Durchführung einer kontradiktorischen Vernehmung) keinen Entfall des Entschlagungsrechts vorsieht (RIS‑Justiz RS0118084). Mit dem Hinweis auf das Bestehen eines von der Zeugin nicht in Abrede gestellten Kontaktes per Handy (SMS) nach der in Rede stehenden Tat (ON 31 S 33) werden übrigens auch keine Umstände aufgezeigt, die eine Kontrollbeweisführung erforderlich gemacht hätten (vgl dazu US 13 f). Eine solche wurde demgemäß auch nicht beantragt.

Die von Lisa H***** in einer von der Beschwerde hervorgehobenen SMS‑Nachricht genannten Gründe, weshalb sie den Kontakt zum Angeklagten beenden wollte, stehen mit den Feststellungen im Einklang und bedurften schon deshalb keiner gesonderten Erörterung (Z 5 zweiter Fall). Im Übrigen hat sich der Schöffensenat mit der Glaubwürdigkeit der Zeugin auch unter Berücksichtigung des im Akt erliegenden SMS-Verkehrs zwischen dem Angeklagten und ihr auseinandergesetzt (US 13 f).

Weder mit dem Hinweis darauf, dass das Geschehen am Nachmittag in einem öffentlichen Park stattfand, noch mit dem Vorbringen, dass „in der Öffentlichkeit vorgenommene geschlechtliche Handlungen sogar unter den Straftatbestand des § 218 StGB“ fallen, zeigt die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) eine offenbar unzureichende Begründung der aus dem objektiven Geschehen abgeleiteten Feststellungen zur subjektiven Tatseite auf (RIS‑Justiz RS0116882). Vielmehr wird lediglich die tatrichterliche Beweiswürdigung in unzulässiger Weise nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft.

Soweit sich die Tatsachenrüge (Z 5a) gegen die Feststellungen zur subjektiven Tatseite wendet, indem sie aus der Aussage der Zeugin H***** günstigere Schlussfolgerungen für den Angeklagten zieht, ist sie nicht geeignet, erhebliche Bedenken im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes darzutun (vgl RIS-Justiz RS0099674).

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das

Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhaltes einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).

Diesen Anfechtungskriterien wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht gerecht, indem sie Feststellungen zum Nötigungsmittel vermisst, dabei aber die Urteilsannahmen übergeht, wonach Lisa H***** infolge der Krafteinwirkung, die dazu diente, die vom Angeklagten gewünschte Situation herzustellen,

Hämatome im Bereich der Oberschenkel erlitt (vgl US 6 f, 12, 14, 19, 21).

Nicht an den Feststellungen orientiert ist auch der strafbefreienden freiwilligen Rücktritt vom Versuch reklamierende Einwand der Rüge (Z 9 lit b) auf Basis der urteilskonträren Annahme, die Vollendung der Tat sei nicht aufgrund der Gegenwehr der Lisa H***** unterblieben (vgl US 9).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde gegen den Beschluss auf Absehen vom Widerruf einer bedingten Entlassung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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