OGH 1Ob238/14b

OGH1Ob238/14b22.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers J***** K*****, gegen den Antragsgegner J***** S***** D*****, vertreten durch MMag. Dr. Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 11. September 2014, GZ 4 R 294/14y‑8, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 6. August 2014, GZ 2 Fam 66/14h‑3, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00238.14B.0122.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Der Antragsteller begehrte, ihn von seiner Unterhaltspflicht gegenüber seinem volljährigen Sohn, dem Antragsgegner, zu entheben. Dazu machte er geltend, dieser sei mit der abgeschlossenen Berufsausbildung und der beabsichtigten Ableistung des Wehrdiensts nach Abschluss der HTL im Juni 2014 als selbsterhaltungsfähig anzusehen.

Das Erstgericht enthob den Antragsteller von seiner Unterhaltsverpflichtung. Der Antragsgegner habe sich zum Enthebungsantrag nicht geäußert, weswegen gemäß § 17 AußStrG davon ausgegangen werden könne, dass er keine Einwendungen gegen eine beabsichtigte Entscheidung auf der Grundlage der Behauptungen des Antragstellers habe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil ‑ „soweit ersichtlich ‑ Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendung des § 17 AußStrG im Unterhaltsverfahren volljähriger Unterhaltsberechtigter zu deren Lasten bisher nicht ergangen sei und dieser Rechtsfrage erhebliche Tragweite zukommt“.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsgegner erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

1. Die Säumnisvorschrift des § 17 AußStrG findet ganz allgemein im Bereich des Außerstreitgesetzes Anwendung (9 Ob 36/06v; 3 Ob 43/07f; vgl auch Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 17 Rz 31). Es ist daher ganz einheitliche Rechtsprechung, dass § 17 AußStrG auch im Verfahren über den Unterhalt anzuwenden ist (vgl 1 Ob 98/08f; 5 Ob 71/13x; 4 Ob 50/14b; 3 Ob 76/14v ua). Insoweit unterscheiden die Verfahrensvorschriften (§§ 101 ff AußStrG) auch nicht zwischen dem Unterhalt minderjähriger und volljähriger Kinder, sodass die Anwendbarkeit des § 17 AußStrG im Verfahren über den Unterhalt Volljähriger bereits der eindeutigen Rechtslage entspricht. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung stellen sich in diesem Zusammenhang daher nicht (vgl RIS‑Justiz RS0042656).

2. Der Revisionsrekurswerber bezweifelt die Anwendbarkeit des § 17 AußStrG im Verfahren über den Unterhalt auch gar nicht, sondern meint in seiner Mängelrüge, der Unterhaltstitel sei geschaffen worden, als er noch minderjährig gewesen sei, weswegen die in der Rechtsprechung für minderjährige Unterhaltsberechtigte entwickelten Grundsätze auch für den Volljährigen weiter wirken müssten und die Entscheidung nicht ohne weitere Erhebungen getroffen hätten werden dürfen.

3. Ungeachtet des Vorliegens der Anwendungsvoraussetzungen des § 17 AußStrG darf ein Tatsachenzugeständnis nach der Rechtsprechung dann nicht angenommen werden, wenn entweder das Kindeswohl eine amtswegige Aufklärung und Erhebung der Entscheidungsgrundlagen erfordert, der Akteninhalt gegen die Richtigkeit des Vorbringens des Antragstellers spricht oder aus besonderen Gründen anzunehmen ist, dass der Antragsgegner dem Antrag ungeachtet seines Schweigens entgegentrete (RIS‑Justiz RS0006941 [T7]; RS0006783 [T3]; Höllwerth aaO AußStrG § 17 Rz 85 ff). Unterbleiben ‑ entgegen § 16 Abs 1 AußStrG ‑ amtswegige Erhebungen, obwohl sie wegen des Vorliegens (einer) dieser Voraussetzungen durch das Erstgericht vorgenommen werden hätten müssen, begründet dies einen Mangel des Verfahrens erster Instanz (5 Ob 71/13x).

4. Das Rekursgericht hat begründet dargelegt, dass sich das Erstgericht zu Recht auf § 17 AußStrG stützte, und damit inhaltlich das Vorliegen einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz verneint. Ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens bildet grundsätzlich auch im Verfahren außer Streitsachen keinen Revisionsrekursgrund (RIS‑Justiz RS0050037 ua). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann selbst im Verfahren über den Unterhalt minderjähriger Kinder nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (vgl RIS‑Justiz RS0030748 [T4]). Solche besonderen Umstände spricht der Revisionsrekurswerber in seinem Rechtsmittel aber erst gar nicht an, weswegen die von ihm behauptete Weitergeltung von Grundsätzen des Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger auch nicht geprüft werden muss.

5. Maßgebliches Tatsachensubstrat im Antrag des Vaters war die von ihm unter Hinweis auf die abgeschlossene Berufsausbildung und den vom Sohn bekannt gegebene Einrücken (also nicht bloß unsubstanziiert) behauptete Selbsterhaltungsfähigkeit seines Sohnes. Dem Umstand, dass das Rekursgericht unzutreffend auf das Vorliegen eines Einberufungsbefehls statt des behaupteten Einrückens zum Bundesheer) reflektierte, kommt damit keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu (zum Erfordernis der Relevanz einer Aktenwidrigkeit [§ 66 Abs 1 Z 3 AußStrG] auch im Verfahren außer Streitsachen: RIS‑Justiz RS0007258 [T3], RS0043367 [T1]).

6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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